1298 - Atlantis-Vampire
Luft, schaute dabei gegen die Decke, ohne etwas zu erkennen, denn alles um mich herum hatte sich verändert. Es waren einfach die Nachwirkungen des verdammten Würgegriffs, unter denen ich litt. Die Welt um mich herum war zwar gleich geblieben, aber trotzdem eine andere geworden. Ich hatte das Gefühl, ersticken zu müssen. Der Hals schmerzte. Mit beiden Händen fuhr ich an der Haut entlang nach unten, hörte meinen Atem pfeifen und freute mich darüber, dass die Schatten allmählich vor meinen Augen wichen und sich die Umgebung immer mehr hervorschälte.
Es gab wirklich nicht viel zu sehen, doch ich freute mich, dass ich es sehen konnte. Die nackte Killerin hatte es nicht geschafft, mich zu erwürgen. Das war ein erster Erfolg.
Ich richtete mich wieder auf. Es klappte gut, auch wenn mich dabei noch ein leichter Schwindel erwischte. In der sitzenden Haltung blieb ich. Den Blick hatte ich nach vorn gerichtet, und die Welt um mich herum schien vor meinen Augen zu tanzen. Aber sie beruhigte sich auch wieder.
Den Mann, der auf mich zukam, sah ich nicht mehr so stark schwankend, und als ich ihn erkannte, huschte ein Lächeln über meine Lippen.
Bruder Anselmo hatte mir beistehen wollen und hatte sich bewaffnet. Mit der rechten Hand umklammerte er den Stiel einer Axt, die er in der Zwischenzeit von irgendwoher geholt hatte. Er hielt die Waffe halb hoch und ließ sie wieder sinken, als er sah, dass er sie nicht mehr benötigte. Er sah mich auf dem Boden sitzen, schaute mich an, und sein Gesicht bestand aus einem einzigen Fragezeichen.
»Ich lebe noch…« Es waren nur drei Worte, die ich mühsam hervorbrachte. Kaum zu verstehen und mehr ein Krächzen.
»Ja, das sehe ich. Mein Gott, ich dachte für einen Moment, jetzt ist alles vorbei und…«
»Keine Sorge, so leicht bin ich nicht tot zu kriegen.« Ich hoffte, dass er mich verstand, denn nach wie vor schaffte ich nur ein Krächzen.
Auch Paolo Cotta traute sich näher. Auf dem Weg zu uns schlug er drei Mal ein Kreuzzeichen. Er schüttelte den Kopf wie jemand, der das Grauen noch immer nicht fassen konnte.
Zu dritt starrten wir auf den rötlichen Körper. Er war nach wie vor durch die Masse des Blutsees bedeckt, und dieses Zeug war allmählich eingetrocknet. Es hatte sich in jeder Pore festgesetzt, sodass es beinahe aussah wie Staub.
War sie tatsächlich erledigt? Ich beugte mich wieder hinab. Diesmal ging ich noch vorsichtiger zu Werk. Ein Überraschungsangriff hatte mir gereicht.
Eine Kugel war in den Körper gefahren, die zweite in den Kopf. Deutlich zeichnete sich das Einschussloch ab, das ich mit meiner Lampe anleuchtete, weil ich etwas Bestimmtes erfahren wollte. So gut wie möglich strahlte ich hinein und sah, was ich sehen wollte.
Es gab kein Blut. Die Frau war nur eine Hülle gewesen. Sie war auf der Jagd gewesen, um sich zu sättigen, aber das hatte nicht mehr gepasst.
Ich schaute mir auch den übrigen Kopf an. Dass die beiden Augen leer waren, lag auf der Hand, nur wunderte ich mich darüber, dass sie nicht das gleiche Schicksal ereilte wie jeden normalen Vampir, der von einer geweihten Silberkugel getroffen wurden.
Hier brachen keine Knochen. Die Haut verlor keine Farbe. Nichts fiel zusammen. Kein Verfaulen des Körpers, nichts wurde zu Staub und Asche.
Was hatte das geweihte Silber dann erreicht? Warum war sie nun endgültig gestorben?
Irgendwie schreckte ich noch davor zurück, sie anzufassen. Ich griff zu einer anderen Möglichkeit und stieß sie mit dem Lauf der Beretta an. Einige Male tickte ich die Mündung gegen die Hüfte und hörte dabei einen Laut, der mich durcheinander brachte. Allerdings nicht nur mich, sondern auch Bruder Anselmo, der mir zuschaute und seinen Kopf schüttelte.
»Was war das, John?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Kann ich nicht sagen.«
»Es hat sich hohl angehört - oder?« Im Klang seiner Stimme schwang die Verwunderung mit.
»So ähnlich.«
»Und? Haben Sie eine Erklärung?«
»Bis jetzt noch nicht.« Ich schlug wieder mit der Waffe gegen den Körper, und der Klang blieb der Gleiche.
»Haben Sie das schon mal erlebt?«
Ich hob die Schultern. »Eine direkte Antwort kann ich Ihnen nicht geben, Anselmo. Jedenfalls ist es keine normale Blutsaugerin gewesen. Die hätte bei einem Auftreffen der geweihten Silberkugel anders reagiert, das steht fest.«
»Sie wäre zerfallen, nicht?«
»Ja, wenn sie alt gewesen wäre. Das scheint hier der Fall zu sein. Uralt sogar. Möglicherweise älter als wir es uns vorstellen
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