1299 - Im Garten der ESTARTU
Viren schiff. Der Planet Etustar, dieses Naturparadies, war etwas mehr als eine Astronomische Einheit von der grünen Sonne entfernt. Die Spektralanalyse zeigte eindeutig, dass der Energiehaushalt dieses Himmelskörpers künstlich gesteuert wurde. Das Virenschiff wies auch aus, dass dieses Ein-Planeten-System zwar von einem dichten Netz psionischer Felder umgeben war, dass es sich andererseits aber - trotz verschiedener hyperphysikalischer Phänomene - im Normalraum befand.
Obwohl die Sterne in der Überlappungszone der beiden Absantha-Galaxien – und speziell im Dunklen Himmel- besonders dicht standen, war die nächste Sonne über zwanzig Lichtjahre entfernt. Interstellare Materie gab es so gut wie keine. „... ein künstlich erschaffenes Vakuum-Loch", kommentierte Chip Tantal. Eine Viertelstunde nach dem Start des Beiboots versuchte Roi, mit der BOSCYK in Psikom-Kontakt zu treten. „ ...gelandet ... märchenhaften Paradies... wie verzaubert...", kamen die bruchstückhaften Worte. „Funkstille!" zeterte Srolg daraufhin, und der Rest war Schweigen. „Wir werden nicht dasitzen und Daumen drehen!" verkündete Chip. „Entern wir die SOMBATH und landen wir einfach mit ihr. EST ARTU wird es nicht wagen, ein Kriegerschiff abzuschießen."
„Gib Ruhe", bat Jenny. „Du weißt nicht, was du sagst, Chip."
„Wir können nicht einfach wie Barbaren in den Garten der ESTARTU einfallen", stimmte ihr Demeter zu. „ESTARTU ist gezwungen, sich an die Etikette zu halten. Die Superintelligenz kann nicht Wahllos Besucher zu sich kommen lassen. Wir müssen Verständnis dafür aufbringen."
Jenny stimmte ihr zu. „Ich bin müde", sagte sie. „Ich werde mich etwas hinlegen." Sie suchte die Kabine auf, die ihr auf der BOSCYK bereitgestellt worden war, und entkleidete sich. Sie betrat nur kurz die Hygienenische und suchte dann wie in Trance den Weg zum Bett. Kaum hatte sie sich darauf ausgestreckt, war sie auch schon eingeschlafen. Und sofort begann sie zu träumen. Sie träumte, dass sie mit Ron und den anderen auf Etustar gelandet war. Aber die anderen wussten nichts von ihrer Anwesenheit, denn sie war nur unsichtbare Beobachterin.
Sie schwebte über einem grünen Pflanzenteppich, der aus dieser Höhe wie bauschiges Moos aussah. Das Beiboot der SOMBA TH wirkte wie ein geschliffener Kiesel von etwas eigenwilliger Form. Ihm entstiegen vier insektenhafte Wesen. Man hätte sie für Ameisen halten können, wären sie nicht aufrecht gegangen. Jenny schwebte als Wolke über ihnen. Aber das befriedigte sie nicht, darum wechselte sie ihre Position. Jenny verließ die Wolke und schlüpfte in eine Pflanze. Sie zuckte erschrocken zusammen, als sie erkannte, dass diese Pflanze ein Bewusstsein hatte, oder, um genauer zu sein, einen Bewusstseinssplitter, der Teil eines großen Ganzen war. Jenny kam sich wie ein Parasit vor und wollte sich zurückziehen, aber die Pflanze ließ sie wissen, dass sie sie als Gast akzeptierte. „Ich bin EST ARTU", wisperte die Pflanze. Und wie ein tausendfaches Echoklanges von überall aus dem Garten: „Ich bin ESTARTU." ESTARTU war hier überall. ESTARTU war der Planet... Nein, das stimmte nicht. ESTARTU war nicht materiell. ESTARTU war reiner Geist, aber ein Geist mit der Kraft, sich jegliche Materie zu unterwerfen. Und ESTARTU wohnte in der organischen und toten Materie dieser Welt. In jedem Stein, in jedem Kristall, in jedem Wassertropfen, jedem Staubkorn. ESTARTU war der Wind, ESTARTU war das Feuer. ESTARTU beseelte Etustar bis ins heiße Zentrum und war auch im Magmakern des Planeten gegenwärtig.
ESTARTU war in jedem Tier und in jeder Pflanze, vom winzigsten Insekt bis hin zum Großwild, vom kümmerlichen Pilz bis zu den Urwaldriesen... die sich nun vor Jenny verneigten. Jenny lernte, dass es „tote Materie" im eigentlichen Sinn nicht gab. Ein Fels war nicht unlebendig, wenn man davon ausging, dass das Universum ein einziger großer Organismus war. Solche Theorien waren Jenny nicht fremd. Auch auf der Erde, schon vor dem Atomzeitalter, hatte es holistische Weltbilder gegeben. Lag es nicht nahe, den gesamten Kosmos als einen Organismus zu sehen, in dem jeder Baustein seine Bestimmung hatte und mit dem anderen harmonierte... Nur war man damals über die Theorie nicht hinausgekommen, weil es keine Beweise für ihre Untermauerung gab, bis man die sogenannten morphogenetischen Felder zu Hilfe nahm.
Diese Hypothese ging davon aus, dass die morphogenetischen Felder für die Form und die Organisation von
Weitere Kostenlose Bücher