13 - Der Gott der Finsternis
gebe einen Dreck darauf, wie du aussiehst! Jetzt komm endlich.«
Als die beiden fort waren, wandte sich Lucy zu Dem um, der das Gespräch einigermaßen geringschätzig verfolgt hatte. Obwohl seine Verwandlung noch nicht vollständig erfolgt war, hatte er sich während des Kontakts mit dem Spiegel offensichtlich bereits einiges von Tezcatlipocas Arroganz angeeignet. »Komm, Dem. Ich bringe dich nach Hause.«
»Mein Fahrrad.«
Beinahe hätte Lucy sich geweigert, das Vehikel mitzunehmen, doch dann erkannte sie, dass es besser war, wenn der Junge am Morgen aus eigener Kraft zurückkehren konnte. »In Ordnung. Hol es her. Ich warte auf dich.«
Als Dem davontrottete, seufzte Lucy. Sie war froh, dass sie in der vergangenen Nacht ein paar Dinge aus ihrer Wohnung geholt und sich in ein Motel in Sunnydale eingemietet hatte. Die Anforderungen an eine Hohepriesterin waren zeitraubend und ermüdend. Wenn Tezcatlipocas auserwählter Repräsentant nicht allzu viel seiner eigenen süßen Zeit darauf vergeudete, sein Fahrrad zu holen, dann blieb ihr vielleicht genug Zeit, ein Bad zu nehmen, ehe sie Giles aufsuchen würde.
Instinktiv wusste sie, dass weder Zwang noch eine List den Bibliothekar beeindrucken würde, der weitaus unbeugsamer war, als seine sanftmütige Erscheinung vermuten ließ. Andererseits sollte eine hübsche, charmante junge Frau im Stande sein, einen zufrieden stellenden Einfluss auf ihn auszuüben.
Manche Katzen spielten eben gern mit ihrer Beute, ehe sie sie töteten.
Tezcatlipoca zählte die Sekunden und beklagte die Jahre, in denen der Feind über den Lauf der Sonne bestimmt hatte, während er aus dem endlosen Nichts im Inneren seines Spiegels in die sich verändernde Welt hinausblickte.
Vierhundertneunundsiebzig verlorene Jahre.
Als seine Macht während Cortez’ Sieg über die Azteken nachgelassen hatte, hatte er sich in den Spiegel zurückgezogen und darauf gewartet, dass das Schicksal ihm ein neues Reich schenken würde, bevölkert von Menschen, die sich bereitwillig seinem Willen und seinen Launen unterwerfen würden.
Und so wie es einst war, so sollte es wieder werden. Einige wenige würden aufsteigen und reich belohnt werden. Die meisten würden ihr Leben geben, um seine Macht zu nähren. Das war die Art der Götter, eine Wahrheit, die die Sterblichen zu früheren Zeiten sehr wohl verstanden hatten.
Aber die Wartezeit war lang gewesen, und er war keine geduldige Gottheit. Gefangen in dem Glas, hatte er Lebenskraft gewonnen, als Diego de Garcia mit dem Gefäß in seinen Händen, das ihn gefangen hielt, gestorben war. Aber er hatte nicht fliehen können, solange er unter Tonnen von Erde und Felsgestein begraben war. Und obgleich er die Fähigkeit besaß, den menschlichen Geist mit Visionen realer oder möglicher Geschehnisse zu infiltrieren, war er nicht im Stande, für sich selbst eine so unterhaltsame Abwechslung zu schaffen. Die Zeit, die er einsam dahintreibend als körperloses Wesen, erfüllt von dem endlosen Nichts, verbracht hatte, hatte in ihm eine unersättliche Gier nach Blut und Rache geweckt.
Blut, um seine alte Kraft wieder zu erlangen.
Rache für die verlorenen Jahrhunderte.
Daran dachte er, als die letzten Lichtstrahlen auf dem Glas verblassten.
Tezcatlipoca sammelte die Fragmente seines Bewusstseins, verschmolz mit dem Rauch und erhob sich in die Nacht.
Dieses Mal fiel es ihm leicht, sich in den Jaguar zu verwandeln, nachdem seine Kraft durch das Herz des Menschen gestärkt worden war, der in der Morgendämmerung ihm zu Ehren sein Leben gelassen hatte.
Er streckte sich, fühlte die sehnige Muskulatur seines geschmeidigen Körpers und witterte das rottende Fleisch in seiner Nähe. Diese Katze war schnell, stark und wild, die Inkarnation, die er am meisten bevorzugte - von der menschlichen abgesehen, doch die Wiedererlangung seiner menschlichen Fleischwerdung erforderte mehr als die von ihm niedergestreckte Beute, die gerade ausreichte, die Bestie zu nähren. Wollte er seine menschliche Gestalt zurückerobern, so mussten viele rituelle Opferungen nach der Tradition der Alten stattfinden.
Und die Zeit dafür war fast gekommen. doch bis dahin hatte die Katze ihre eigenen Bedürfnisse.
Tezcatlipoca hielt die Nase in den Wind und witterte. Der Moschusduft der Menschen, die in dem Lager arbeiteten, schwebte in der abendlichen Brise und reizte seine räuberische Natur. Doch der Gott widerstand der Versuchung. Die Hohepriesterin hatte diese Menschen zu anderen Zwecken versklavt,
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