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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte.
    „Chodih, hier liegt einer!“ rief er.
    Ich trat hinzu. Er bückte sich und befühlte den Mann.
    „Sere men (Bei meinem Haupte), er ist tot! Oh, Herr, was hat dein Hund getan!“
    „Seine Pflicht. Klage nicht über ihn, sondern lobe ihn. Dieser Mann hat wohl den Besitzer dieses Hauses überfallen wollen und nicht geahnt, daß heute Leute hier wohnen, die sich von keinem Dieb oder Mörder überfallen lassen.“
    „Aber wo ist der Hund?“ fragte er. Ich wies auf die Stelle, und er rief aus:
    „Oh, Chodih, es liegt einer unter ihm! Rufe den Hund weg!“
    „Ich werde mich wohl hüten; aber sage diesem Mann, daß er sich ja nicht rühren und ja kein Wort sprechen soll, sonst ist er verloren.“
    „Du kannst ihn doch nicht während der ganzen Nacht hier liegen lassen!“
    „Die Leiche werde ich dir übergeben; aber dieser Lebende bleibt mein.“
    „Warum soll er hier bleiben?“
    „Wenn noch jemand wagt, dieses Haus oder diesen Hof zu betreten, so wird er von dem Hund zerrissen. Dieser Mann bleibt als Geisel hier.“
    „Und ich verlange ihn!“ sagte der Nezanum barsch.
    „Und ich behalte ihn!“ lautete meine Antwort.
    „Ich bin Nezanum und gebiete es dir!“
    „Laß das Gebieten bleiben! Willst du die Leiche mitnehmen oder nicht?“
    „Ich nehme beide, den Toten und den Lebendigen!“
    „Ich will nicht grausam sein, sondern dir versprechen, daß dieser Mann nicht in dieser unbequemen Lage bleiben soll. Ich werde ihn mit herunter in die Stube nehmen. Aber jeder Angriff gegen uns würde seinen Tod zur Folge haben!“
    Er legte die Hand auf meinen Arm und sagte ernst:
    „Schon dieser eine hier, welchen der Hund erwürgt hat, fordert euren Tod. Oder kennen die Tschermaki die Blutrache nicht?“
    „Was redest du von Blutrache? Ein Hund hat einen Dieb erbissen. Das ist kein Fall, welcher die Blutrache herausfordert!“
    „Er fordert sie, denn Blut ist geflossen, und euer Tier hat es vergossen.“
    „Und wenn es so wäre, so geht es dich nichts an. Du hast selbst zu mir gesagt, daß diese Diebe Fremdlinge sind.“
    „Es geht mich sehr viel an, denn das Blut ist in meinem Dorf geflossen, und die Anverwandten des Toten werden die Rechenschaft auch von mir und von allen meinen Leuten fordern. Gib beide heraus!“
    „Nur den Toten!“
    „Schweig!“ rief er nun laut, während wir bisher ziemlich leise gesprochen hatten. „Ich befehle es dir abermals. Und wenn du nicht gehorchst, so werde ich mir Gehorsam zu verschaffen wissen!“
    „Wie wirst du das machen?“
    „Die Leiter liegt noch am Haus. Ich laß meine Leute heraufkommen; sie werden dich wohl zwingen!“
    „Du vergißt dabei die Hauptsache: – unten befinden sich vier Männer, die sich vor keinem Menschen fürchten, und hier oben bin ich mit meinem Hund.“
    „Auch ich bin oben!“
    „Du würdest sofort unten sein. Paß auf!“
    Ehe er es vermuten konnte, faßte ich ihn unter dem rechten Arm und beim linken Oberschenkel und hob ihn empor.
    „Chodih!“ brüllte er.
    Ich ließ ihn wieder nieder.
    „Was hätte mich gehindert, dich hinabzuwerfen? Nun geh und sag deinen Männern, was du gehört hast!“
    „Du gibst diesen Mann nicht heraus?“
    „Einstweilen noch nicht!“
    „So behalte auch den Toten. Du wirst ihn bezahlen müssen!“
    Er stieg nicht wieder in das Innere des Hauses, sondern gleich an der Leiter hinab, welche an der Außenseite desselben lehnte.
    „Und sage deinen Leuten“, rief ich ihm noch zu, „daß sie fortgehen und diese Leiter mitnehmen sollen. Ich wünsche, dieses Haus frei zu haben, und werde jedem, der vor demselben stehen bleibt, eine Kugel senden!“
    Er hatte die Erde erreicht und sprach leise mit den Männern. Ebenso leise wurde ihm geantwortet. Ich konnte kein Wort verstehen. Aber nach einiger Zeit wurde die Leiter weggenommen, und die Versammlung zerstreute sich.
    Erst jetzt rief ich dem Hund zu. Er ließ von dem Mann ab, trat aber nur einen Schritt von ihm weg.
    „Stehe auf!“ sagte ich zu dem Kurden.
    Dieser erhob sich schwerfällig und holte tief Atem. Er war sehr schmächtig von Gestalt, und seine Stimme hatte einen jugendlichen Klang, als er rief: „Chodeh!“ (O Gott!)
    Er sprach nur dies eine Wort aus, aber es klang aus demselben die ganze Fülle der ausgestandenen Todesangst.
    „Hast du Waffen bei dir?“
    „Ich habe nur diesen Dolch.“
    Ich trat zur Sicherheit einen Schritt zurück.
    „Lege ihn zu Boden und geh zwei Schritte von der Stelle weg!“
    Er tat es, und ich hob den Dolch auf

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