13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
entschädigen.“
„Warum habt ihr die Leiter hereingenommen?“
„Sie gehört herein, da keine Treppe vorhanden ist.“
„Habt ihr geschlafen?“
Ich bejahte, und er fragte weiter:
„Habt ihr Geräusch gehört?“
„Wir hörten draußen vor dem Haus Leute gehen, aber das können wir ihnen nicht verbieten. Doch wir hörten auch Leute in den Hof steigen, und das war uns nicht lieb. Der Hof ist unser. Wären unsere Pferde noch draußen gewesen, so hätten wir auf die Eindringlinge geschossen, da wir sie für Diebe hätten halten müssen.“
„Pferde können nicht über die Mauer fortgeschafft werden, und du hast ja wohl auch den Hund im Hof, den ich heute bei dir gesehen habe.“
Das war eine Wendung, auf die ich nicht einging.
„Das wissen auch wir, daß man die Pferde nicht über die Mauer bringt; aber man konnte sie hier durch den Flur führen.“
„Man kann ja nicht herein!“
„Laß deine Gedanken etwas weiter reichen, Nezanum! Wenn man auf das Dach und von da hier herunter steigt, so kann man die Hof- und auch die Vordertür öffnen und alle Pferde entführen, zumal wenn man die Stubentür hier mit dem Riegel verschließt. Wir hätten dann drin gesteckt, ohne uns wehren zu können.“
„Wer sollte auf das Dach steigen?“
„Oh, es hatte sich ja bereits ein Mann da oben versteckt und die Leiter mit emporgezogen. Das erweckte natürlich unsern Verdacht, und so haben wir die Pferde zu uns hereingenommen. Und wenn auch nun hundert auf das Dach steigen wollten, sie würden wohl hinauf, aber nicht in das Innere des Hauses kommen, und am Morgen würden ihre Leichen auf dem Dach liegen.“
„Würdet ihr sie töten?“
„Nein, wir würden ruhig schlafen; denn wir wissen, daß wir uns auf meinen Hund, der oben ist, verlassen können.“
„Aber ein Hund gehört doch nicht auf das Dach!“
„Ein Hund gehört überall dahin, wo es gilt, wachsam zu sein, und ich will dir sagen, daß die Hunde der Tschermaki des Nachts sehr gern auf den Dächern spazieren gehen. Aber du wolltest uns ja warnen! Wovor? Du hast uns die Gefahr noch nicht genannt.“
„Es wurde vorhin einem Bewohner des Dorfes seine Leiter gestohlen, und als er sie suchte, fand er sie an eurem Haus lehnen. Es standen einige fremde Leute dabei, die aber schnell entflohen. Da dachten wir, daß es Diebe seien, die in euer Haus eindringen wollten, und daher bin ich gekommen, um es euch zu sagen.“
„Ich danke dir! Aber du kannst ruhig sein und wieder gehen, und auch wir werden uns wieder niederlegen; denn der Hund wird keinen Dieb in das Haus kommen lassen.“
„Aber wenn er einen Menschen tötet!“
„Einen einzelnen tötet er nicht; er hält ihn am Boden fest, bis ich komme. Aber wenn ein zweiter so unvorsichtig wäre, nachzusteigen, so wird er den ersten allerdings töten, um den zweiten packen zu können.“
„Chodih, so ist bereits ein Unglück geschehen!“
„Inwiefern denn?“
„Es ist bereits ein zweiter emporgestiegen!“
„Weißt du das gewiß?“
„Ganz gewiß.“
„Oh, Nezanum, so bist du also dabei gewesen, als diese Diebe uns überfallen wollten! Was muß ich von dir und von eurer Gastfreundschaft denken!“
„Ich war nicht dabei, sondern man hat es mir gesagt.“
„So ist jener dabei gewesen, welcher es dir sagte!“
„Nein, er hat es auch nur erst vernommen.“
„Das bleibt sich gleich. Wer es zuerst gesagt hat, ist doch bei den Dieben gewesen. Aber was gehen mich diese an! Ich habe keinem Menschen erlaubt, auf mein Dach zu steigen, und wer es dennoch tut, der mag auch zusehen, wie er ohne mich wieder herunterkommt. Gute Nacht, Nezanum!“
„So willst du nicht nachsehen?“
„Ich habe keine Lust dazu!“
„Laß wenigstens mich hinauf!“
„Ich erlaube es dir, denn du bist kein Dieb und kommst erst zu mir, um mich darum zu fragen. Aber hüte dich vor dem Hund! Wenn er dich bemerkt, wird er dich fassen und vorher den andern totbeißen, falls schon einer oben ist.“
„Ich habe Waffen!“ meinte er.
„Er ist schneller als du, und töten darfst du ihn ja nicht; denn du müßtest ein reicher Mann sein, um ihn mir bezahlen zu können!“
„Chodih, gehe mit hinauf! Ich bin der Nezanum, und meine Pflicht gebietet mir, nachzusehen.“
„Wenn du deines Amtes zu walten hast, so werde ich dir diesen Gefallen erweisen. Komm herauf!“
Ich stieg voran, und er folgte. Droben angekommen, sah er sich um und bemerkte den Toten. Unten standen noch ebenso viele Leute, als ich vorhin gesehen
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