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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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der meinige; droben erscholl ein Schrei, und unten wurde ein zweiter ausgestoßen. Dieser letztere Schrei kam zwischen den Hypotenusen und Katheten des Engländers hervor, welchem die Kugel des heimtückischen Schützen das Messer samt dem Bissen vor dem Mund aus der Hand gerissen hatte.
    „Zounds!“ rief er. „Wer war der Halunke, he?“
    Das alles war so ungemein schnell geschehen, daß niemand den Schuß auf dem Dach hatte aufblitzen sehen. Einer der nahe lagernden Nestorianer, welcher vielleicht den Rang eines Unteranführers bekleidete, trat herbei.
    „Warum schießt du, Chodih?“ fragte er.
    „Weil ich mich verteidigen muß.“
    „Wer greift dich an? Ich sehe ja keinen Feind.“
    „Aber ich habe ihn gesehen“, antwortete ich. „Er lag dort oben auf dem Dach und schoß nach mir.“
    „Du irrst, Chodih!“
    „Ich irre nicht. Es wird der Bruder des Melek sein, und weil er sich nicht warnen läßt, so habe ich ihn bestraft.“
    „Du hast ihn erschossen?“ fragte der Mann erschrocken.
    „Nein. Ich zielte auf seinen rechten Ellbogen und bin sicher, ihn dort getroffen zu haben.“
    „Herr, das ist schlimm für dich! Ich werde sofort nachsehen.“
    Die sämtlichen Nestorianer hatten sich von ihren Plätzen erhoben und zu den Waffen gegriffen. Ganz dasselbe taten wir auch. Nur allein der Englishman saß noch am Boden. Sein Mund klappte in allen möglichen geometrischen Figuren auf und zu, und seine Nase war von einer so außerordentlichen Bestürzung ergriffen, daß sie matt und hoffnungslos hernieder hing.
    „Seid ihr perplex, Sir?“ fragte ich ihn.
    Er holte tief Atem, nahm sein Gewehr und stand langsam auf.
    „Master, bald hätte mich der Schlag gerührt!“ gestand er aufrichtig.
    „Eines Schusses wegen? Pah!“
    „Oh, nicht dieses Schusses wegen!“
    „Weshalb sonst?“
    „Des Hiebes wegen, den ich erhalten habe. Mein Messer ist in alle Welt gefahren, und dieses Stück Fleisch vom Schaf flog mir in das Gesicht mit einer Gewalt, als hätte ich von dem Obersteuermann eines Orlogschiffes eine riesige Ohrfeige erhalten. Da, seht meine Wange, und hier liegt das Fleisch im Gras!“
    „Sihdi, kommt es zum Kampf?“ fragte Halef, indem er seine Pistolen im Gürtel lockerte.
    „Ich glaube nicht.“
    „Und wenn auch; wir fürchten uns nicht!“
    Der kleine, wackere Mann warf einen verächtlichen Blick auf die Chaldäer, welche allerdings noch keine feindseligen Bemerkungen machten, sondern ruhig abwarteten, was der Unteranführer für eine Botschaft bringen werde.
    Er kam sehr bald zurück, und zwar in Begleitung des Melek, welcher mit drohender Miene zu unserm Feuer trat.
    „Wer hat hier geschossen?“ erkundigte er sich.
    „Ich“, antwortete ich. „Weil auf mich geschossen wurde.“
    „Es ist nicht wahr! Nur dein Hund sollte erschossen werden.“
    „Wer hat dies befohlen? Etwa du selbst?“
    „Nein. Ich wußte nichts davon. Aber, Chodih, nun seid ihr alle verloren. Du hast eines Hundes wegen auf meinen Bruder geschossen!“
    „Ich habe das Recht, einen jeden niederzuschießen, der meinen Hund töten will, und von diesem Recht werde ich auch ferner Gebrauch machen; das merke dir. Wie aber will dein Bruder beweisen, daß er nicht mich, sondern meinen Hund töten wollte?“
    „Er sagt es.“
    „So ist er ein sehr schlechter Schütze, denn er hat nicht den Hund, sondern diesen Emir aus Inglistan getroffen.“
    „Er hat wirklich nur den Hund gemeint. Es gibt keinen Menschen, der des Abends seiner Kugel sicher ist.“
    „Das ist keine Entschuldigung für eine so heimtückische Tat. Die Kugel ist vier Schritte entfernt an dem Tier vorübergegangen; eine Handbreit höher, so wäre dieser Emir eine Leiche gewesen. Übrigens gibt es Leute, welche auch des Nachts sicher schießen; das werde ich dir beweisen. Ich habe nach dem rechten Ellbogen deines Bruders gezielt, und sicher habe ich ihm denselben zerschmettert, obgleich ich weniger Zeit zum Zielen hatte, als er selbst.“
    Er nickte grimmig.
    „Du hast ihm den Arm genommen; du wirst's mit deinem Leben bezahlen!“
    „Höre, Melek, und sei froh, daß ich nicht nach seinem Kopf zielte, welcher viel leichter als der Arm zu treffen war! Ich sehne mich nicht nach Menschenblut, denn ich bin ein Christ; aber wer es wagt, mich oder die Meinen anzugreifen, der wird uns und unsere Waffen kennenlernen.“
    „Wir fürchten sie nicht, denn wir sind euch überlegen.“
    „So lange mein Wort uns bindet; sonst aber nicht.“
    „Ihr werdet uns sofort eure

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