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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Herr, ich werde nicht leiden, daß du hier am Boden liegst, du, ein Emir aus dem Abendland, der alle Länder bereist, um Abenteuer zu erleben!“
    Aha, das waren die Folgen von der Aufschneiderei meines kleinen Hadschi Halef Omar. Das Mädchen hielt mich für einen abendländischen Harun al Raschid, welcher Jagd auf Abenteuer machte.
    „Du wirst es aus Vorsicht noch leiden müssen“, antwortete ich. „Komm, laß dich an meiner Seite nieder und erlaube, daß ich dir einige Fragen vorlege!“
    „Herr, deine Güte ist zu groß. Ich bin ein armes, geringes Mädchen, dessen Vater dich noch dazu tödlich beleidigt hat.“
    „Vielleicht verzeihe ich ihm um deinetwillen.“
    „Nicht um meinet-, sondern um meiner Mutter willen, Herr. Er ist nicht mein rechter Vater; der erste Mann meiner Mutter ist gestorben.“
    „Armes Kind! Und der zweite Mann deiner Mutter ist wohl streng und grausam mit dir?“
    Ihr Auge leuchtete auf.
    „Streng und grausam? Herr, das sollte er nicht wagen! Nein, aber er verachtet sein Weib und seine Töchter; er sieht und hört nicht, daß sie sich in seinem Haus befinden; er will nicht haben, daß wir ihn lieben, und darum – ist es keine Sünde, wenn ich dich zum Ruh 'i kulyan geleite.“
    „Wann wird dies geschehen?“
    „Grad um Mitternacht muß man auf dem Berg sein.“
    „Er befindet sich in einer Höhle?“
    „Ja. Allemal um Mitternacht am ersten Tag der zweiten Woche.“
    „Aber wie merkt man, daß er zugegen ist?“
    „An dem Lichte, welches man mitbringen muß. Man setzt ein Licht vor den Eingang der Höhle und zieht sich zurück. Brennt es fort, so ist der Geist nicht da; verlöscht es aber, so ist er zugegen. Dann tritt man wieder hinzu, geht drei Schritte weit in die Höhle hinein und sagt, was man will.“
    „In welcher Angelegenheit darf man mit dem Geist sprechen?“
    „In allen. Man kann ihn um etwas bitten; man kann einen anderen verklagen; man kann sich auch nach etwas erkundigen.“
    „Aber ich denke, der Geist spricht nicht! Wie erhält man seine Antwort?“
    „Wenn man den Wunsch gesagt hat, so geht man bis an das Bild zurück und wartet kurze Zeit. Beginnt das Licht wieder zu brennen, so ist die Bitte erfüllt, und nach kurzer Zeit oft schon in der ersten Nacht noch, erhält man auf irgendeine Weise die Nachricht, welche man erwartet hat.“
    „Was ist das für ein Bild, von dem du redest?“
    „Es ist ein hoher Pfahl, an welchem das Bild der heiligen Mutter Gottes befestigt ist.“
    Das überraschte mich, da ich wußte, daß die Chaldani lehren, die heilige Maria sei nicht die Mutter Gottes, sondern nur die Mutter des Menschen Jesu. Der geheimnisvolle Ruh 'i kulyan schien sonach ein guter Katholik zu sein.
    „Wie lange bereits steht dieses Bild?“ fragte ich.
    „Ich weiß es nicht; es steht schon länger, als ich lebe.“
    „Und hat noch kein Kurde oder Chaldani gesagt, daß es fort müsse?“
    „Nein, denn dann würde der Ruh 'i kulyan für immer verschwunden sein.“
    „Und dies wünscht niemand?“
    „Niemand, Herr. Der Geist tut Wohltat über Wohltat in der ganzen Gegend. Er beglückt die Armen und beratet die Reichen; er beschützt die Schwachen und bedroht die Mächtigen; der Gute hofft auf ihn, und der Böse zittert vor ihm. Wenn ich den Vater bitte, dich frei zu geben, so lacht er mich aus; wenn es ihm aber der Geist gebietet, so wird er gehorchen.“
    „Warst du auch einmal des Nachts oben bei der Höhle?“
    „Mehrere Male. Ich habe für meine Mutter und Schwester gebetet.“
    „Wurde deine Bitte erfüllt?“
    „Ja.“
    „Wer brachte dir die Erfüllung?“
    „Die ersten Male kam es des Nachts, und ich konnte nichts sehen; beim letzten Mal aber war es Marah Durimeh. Der Geist war ihr erschienen und hatte sie zu mir gesandt.“
    „So kennst du die Marah Durimeh?“
    „Ich kenne sie, seit ich lebe.“
    „Sie ist wohl oft bei euch?“
    „Ja, Herr. Und dann gehe ich mit ihr auf die Berge, um Kräuter zu sammeln, oder wir besuchen die Kranken, welche ihrer Hilfe bedürfen.“
    „Wo wohnt sie?“
    „Niemand weiß es. Vieleicht hat sie nirgends eine Wohnung, aber sie ist in jedem Haus willkommen, in das sie kommt.“
    „Woher stammt sie?“
    „Darüber wird sehr verschieden gesprochen. Die meisten erzählen, daß sie eine Fürstin aus dem alten Geschlecht der Könige von Lizan sei. Das war ein gar mächtiges Geschlecht, und ganz Tijari und Tkhoma war ihm Untertan. Sie aßen und tranken nur aus goldenen Gefäßen, und alles andere

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