13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
brachte auch ein Bündel Kienspäne herbei, um die Hütte zu erleuchten; denn es begann bereits stark zu dunkeln. Eben hatte sie den ersten brennenden Span in eine Mauerlücke gesteckt, als von draußen Schritte erschollen. Zum Glück war ich noch nicht entfesselt worden. Aber was war das. Diese hastigen Lungentöne gehörten sicher einem Hund, der mit aller Gewalt an der Leine vorwärts strebte – jetzt ein kurzer scharfer Laut – o, diesen kannte ich, den ich hatte ihn oft genug gehört.
„Dojan!“ rief ich im frohesten Ton.
Ein lautes Bellen und ein menschlicher Ruf waren zu vernehmen; dann sauste der Hund durch dein Eingang, riß die brave ‚Petersilie‘ über den Haufen und stürzte sich, vor Freunde heulend, über mich her. Und gleich im nächsten Augenblick erschien der drohende Lauf einer Büchse in der Tür, und eine Stimme fragte:
„Sihdi, bist du drin?“
„Ja Halef!“
„Ist Gefahr?“
„Nein. Du kannst ohne Sorge eintreten!“
Nun schob der kleine Hadschi erst die Büchse, dann seinen zwölfhaarigen Schnurrbart und endlich sich selbst herein.
„Hamdullillah, Sihdi, daß ich dich habe! Wie kommst du an diesen fremden – – – Maschallah, du bist gefangen, du bist gefesselt! Von diesem Weib? Von diesem Drachen, fahre zur Dschehennah, du Ausbund aller Häßlichkeit!“
Er riß in höchstem Grimm seinen Dolch heraus.
„Halt, Halef!“ gebot ich. „Ich bin zwar gefangen, aber diese Frau ist meine Freundin. Sie hätte mich gerettet, auch wenn du nicht gekommen wärst.“
„Dich? Errettet, Sihdi?“
„Ja, wir hatten den Plan bereits besprochen.“
„Und ich wollte sie erstechen!“ – Er wandte sich mit strahlendem Gesicht zu ihr: „Preis sei Allah, der dich erschaffen hat, du schönste der Frauen in Kurdistan! Dein Haar ist wie Silber, deine Haut wie die Verschämtheit der Morgenröte, und dein Auge glänzt wie ein Stern des Himmels. Wisse, du Holde: ich bin Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah! Du hast meinen Freund und Gebieter mit der Güte deines Herzens erquickt, und darum – – –“
„Halt ein!“ unterbrach ich den Fluß seiner Rede. „Diese Frau versteht kein Wort Arabisch, sondern nur Kurdisch.“
Jetzt suchte er seinen ganzen kurdischen Wortvorrat zusammen, um ihr verständlich zu machen, daß er sie für die schönste und würdigste aller Frauen halte und daß sie sich für alle Tage ihres Lebens auf seine Freundschaft verlassen könne. Ich aber half ihm und ihr aus der Verlegenheit, indem ich ihr erklärte:
„Madana, du sprachst heut von meinem Diener, der dem Vater der Kranken in Amadijah von mir erzählt hatte. Dieser hier ist es! Er hat meine Spur gefunden und bis hierher verfolgt, um mich zu retten!“
„O Herr, was wirst du nun tun? Wirst du fliehen?“
„Sei unbesorgt! Ich werde nichts tun, ohne zuvor mit dir gesprochen zu haben. Setz dich ruhig nieder!“
Unterdessen hatte Halef meine Bande zerschnitten und neben mir Platz genommen. Ich befand mich jetzt in Sicherheit, denn mit ihm und dem Hund fürchtete ich keinen Nasarah.
„Sihdi, erzähle“, bat er.
Ich berichtete ihm auf das ausführlichste, was mir widerfahren war, und es versteht sich ganz von selbst, daß ich von ihm häufig durch die lebendigsten Ausrufungen unterbrochen wurde. Endlich sagte er:
„Sihdi, wäre ich ein Pascha, so würde ich Madana belohnen und Ingdscha heiraten. Da ich aber kein Pascha bin und schon meine Hanneh habe, so rate ich dir: Nimm du die ‚Perle‘ zur Frau! Sie ist groß und stark – wie du selbst!“
„Ich werde es mir überlegen“, erwiderte ich lachend. „Nun aber vor allen Dingen, sage mir, wie es in Lizan steht und wie du auf meine Spur gekommen bist.“
„Oh Sihdi, das hat eine große Verwirrung gegeben. Es geschah, was du gesagt hattest: die Nasarah zogen sich über den Fluß zurück und warteten auf deine Rückkehr. Aber du kamst nicht – – –“
„Kam nicht der Haddedihn?“
„Er kam, und als er über die Brücke reiten wollte, wäre er beinahe erschossen worden; doch ich erkannte ihn noch zur rechten Zeit. Er erzählte, daß man unterwegs auf euch geschossen hätte. Sein Pferd war gestreift worden und mit ihm durchgegangen. Es dauerte längere Zeit, bis er es zu zügeln vermochte; dann ritt er zurück und fand mein Pferd, das du geritten hattest, tot am Boden liegen; du aber warst verschwunden.“
„Holte er nicht schnell bei den Kurden Hilfe?“
„O nein, Sihdi. Er glaubte,
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