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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Vater von mir!“
    „Ich werde es noch heute tun. Hast du Hunger?“
    „Sehr!“
    „Könntest du Brot, Licht und Feuerzeug verstecken?“
    „Ja. Ich grabe mit den Händen ein Loch in die Erde.“
    „Hier hast du meinen Dolch dazu. Es ist für alle Fälle gut, wenn du eine Waffe hast. Aber sie ist mir kostbar; laß sie nicht entdeckt werden!“
    Er griff hastig zu und drückte sie an die Lippen.
    „Herr, Allah mag dir das in deiner Todesstunde gedenken! Nun habe ich eine Waffe; nun werde ich frei sein, auch wenn ihr nicht kommen könnt!“
    „Wir werden kommen. Unternimm ja nichts Vorschnelles; das könnte dich und deinen Vater in große Gefahr versetzen.“
    „Ich werde eine ganze Woche warten. Seid ihr dann noch nicht gekommen, so handle ich selbst.“
    „Gut! Wenn es geht, werde ich dir noch diese Nacht Speise, Licht und Feuerzeug durch das Fenster bringen. Vielleicht können wir auch miteinander sprechen. Wenn es ohne Gefahr geschehen kann, sollst du die Stimme deines Vaters hören. Jetzt, lebe wohl; ich muß gehen!“
    „Herr, reiche mir deine Hand!“
    Ich hielt sie ihm entgegen. Er drückte sie mit beiden Händen, daß es mich schmerzte.
    „Allah segne diese Hand, solange sie sich bewegt, und wenn sie sich zum Todesschlaf gefaltet hat, so möge dein Geist sich im Paradies freuen der Stunde, in welcher du mein Engel wurdest! Jetzt gehe, damit dir nichts widerfahre!“
    Ich verschloß das Gefängnis und begab mich leise zum Agha zurück. Er schlief und schnarchte noch immer, und ich setzte mich nieder. So saß ich wohl eine ganze Stunde lang, bis ich Schritte vernahm, welche vor der Haustür halten blieben. Schnell zog ich die bisher offene Tür zu und rüttelte den Agha munter. Es war dies keine leichte Arbeit, besonders da sie schnell geschehen mußte. Ich stellte ihn aufrecht empor. Er starrte mich verwundert an.
    „Du, Emir? Wo sind wir?“
    „Im Gefängnis. Raffe dich zusammen!“
    Er schaute sich verdutzt um.
    „Im Gefängnis? Ah! Wie kommen wir hierher?“
    „Denke an den Juden und an die Arznei; denke auch an den Sergeant, den wir überraschen wollen!“
    „Den Serg – – – Maschallah, jetzt weiß ich es! Ich habe geschlafen. Wo ist er? Ist er noch nicht da?“
    „Sprich leiser! Hörst du? Sie stehen noch unter der Tür und reden miteinander. Reibe dir den Schlaf aus dem Gesicht!“
    Der gute Selim sah sehr jämmerlich aus; aber er hatte wenigstens die Besinnung wieder gefunden und vermochte ohne Schwanken aufrecht zu stehen. Und jetzt, als die Haustür verschlossen wurde, nahm er die Lampe in die Hand, stieß unsere Tür auf und trat in den Gang hinaus. Ich folgte ihm. Die Übeltäter blieben erschrocken stehen, während er auf sie zuschritt.
    „Wo kommt ihr her, ihr Hunde?“ fuhr er sie an.
    Seine Stimme klang wie Donner in dem langen, schmalen Raum.
    „Vom Kawedschi“, antwortete der Sergeant nach einigem Zögern.
    „Vom Kawedschi! Während ihr hier wachen sollt! Wer hat euch die Erlaubnis erteilt, fortzugehen?“
    „Niemand!“
    Die Leute zitterten vor Angst; sie dauerten mich. Ihre Nachlässigkeit war mir ja von so großem Vorteil gewesen. Trotz des kleinen Flämmchens sah ich, wie schrecklich der Agha seine Augen rollen ließ. Die Spitzen seines Bartes bebten, und seine Hand ballte sich vor Wut. Aber er mochte bemerken, daß er denn doch noch nicht ganz fest auf den Füßen stehe, und daher besann er sich eines Besseren.
    „Morgen erhaltet ihr eure Strafe!“
    Er setzte die Lampe auf eine der Treppenstufen und wandte sich zu mir:
    „Oder meinst du vielleicht, Emir, daß ich gleich jetzt das Urteil fälle? Willst du haben, daß ich den einen durch die andern auspeitschen lasse?“
    „Verschiebe ihre Züchtigung bis morgen, Selim Agha! Sie kann ihnen ja nicht entgehen.“
    „Ich tue deinen Willen. Komm!“
    Er öffnete die Tür und verschloß sie von draußen wieder.
    Wir gingen nach Hause, wo uns die ‚Myrte‘ erwartete.
    „Warest du so lange beim Mutesselim?“ fragte sie ihn argwöhnisch.
    „Mersinah“, antwortete er, „ich sage dir, daß wir eingeladen wurden, bis zum frühen Morgen zu bleiben; aber ich wußte dich allein zu Hause und habe darum die Gastfreundlichkeit des Kommandanten abgeschlagen. Ich will nicht haben, daß dir die Russen den Kopf abschneiden. Es gibt Krieg!“
    Sie schlug erschrocken die Hände zusammen.
    „Krieg? Zwischen wem denn?“
    „Zwischen den Türken, Russen, Persern, Arabern und Kurden. Die Russen stehen bereits mit

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