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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Weinstudium war für mich vorteilhaft gewesen.
    „Komm, Emir, gib mir deinen Arm! Du weißt, ich liebe dich!“
    Es war weniger die Liebe als vielmehr die Schwächung seines ‚Systems‘, welche ihn bewog, diese Bitte auszusprechen; denn als ihm die frische Abendluft entgegenwehte, verriet er den sichtbarsten Eifer, in jene akrobatische Fatalität zu verfallen, in welcher man den Nadir mit dem Zenit zu verwechseln pflegt.
    „Nicht wahr, Mohammed war ein gescheiter Kerl, Emir?“ fragte er so laut, daß ein eben Vorübergehender stehenblieb, um uns etwas in Augenschein zu nehmen.
    „Warum?“
    „Weil er die Arzneien nicht verboten hat. Hätte er auch dies noch getan, so müßte man aus den Trauben Tinte machen. Weißt du, wo das Gefängnis liegt?“
    „Hinter deinem Haus.“
    „Ja; du hast immer recht, Emir. Aber wo liegt unser Haus?“
    Das war nun eine jener leichten Fragen, die sich doch sehr schwer beantworten lassen, wenn nicht die Antwort ebenso albern sein soll wie die Frage.
    „Grad vor dem Gefängnis, Agha.“
    Er blieb stehen oder versuchte vielmehr, still zu stehen, und sah mich überrascht an.
    „Emir, du bist just ein ebenso gescheiter Kerl wie der alte Mohammed; nicht? Aber ich sage dir, dieser Tabak ist mir so in das Gehirn gefahren, daß ich hier rechts das Gefängnis sehe und dort links ebenso. Welches ist das richtige?“
    „Keines von beiden. Da rechts steht eine Eiche, und das da oben links, das ist eine Wolke.“
    „Eine Wolke? Allah illa Allah! Erlaube, daß ich dich ein wenig fester halte!“
    Der wackere Agha führte mich und zeigte dabei jene merkwürdige Manie des unwillkürlichen Fortschrittes, welchen man in einigen Gegenden Deutschlands ‚eine Lerche schießen‘ nennt. So kamen wir allerdings ziemlich schnell weiter, und es gelang mir endlich, ihn vor das Gebäude zu bringen, welches ich für das Gefängnis hielt, obgleich ich es von seiner vorderen Seiten noch nicht gesehen hatte.
    „Ist dies das Zindan?“ (Gefangenhaus) fragte ich ihn.
    Er schob den Turban in das Genick und blickte sich nach allen Seiten um.
    „Hm! Es sieht ihm ähnlich. Emir, bemerkst du niemand in der Nähe, den man fragen kann? Ich habe dich so fest halten müssen, daß mir die Augen wirbeln, und das ist schlimm; denn diese Häuser sprangen an mir vorbei wie eine galoppierende Karawane.“
    „Ich sehe keinen Menschen. Aber es muß es sein!“
    „Wir wollen einmal probieren!“
    Er fuhr mit der Hand in seinen Gürtel und visitierte nach etwas, was er nicht finden konnte.
    „Was suchest du?“
    „Den Schlüssel zur Gefängnistür.“
    „Hast du ihn?“
    „Stets! Lange du doch einmal her und sieh, ob du ihn findest!“
    Ich suchte und fand den Schlüssel sofort. Man mußte ihn bei dem ersten Griff fühlen, denn er war so groß, daß man ihn mit einer Bärenkugel Nummer Null hätte laden können.
    „Hier ist er. Soll ich schließen?“
    „Ja, komm! Aber ich denke mir, daß du das Loch nicht finden wirst, denn dein System hat sehr gelitten.“
    Der Schlüssel paßte, und bald knarrte die Tür in ihren Angeln.
    „Gefunden!“ meinte er. „Diese Töne kenne ich sehr genau. Laß uns eintreten!“
    „Soll ich die Tür wieder zuschließen?“
    „Versteht sich! In einem Gefängnis muß man vorsichtig sein.“
    „Rufe den Schließer.“
    „Der Sergeant? Wozu?“
    „Er soll uns leuchten.“
    „Fällt mir gar nicht ein! Wir wollen doch den Schurken überraschen!“
    „Dann mußt du leiser sprechen!“
    Er wollte vorwärts, stolperte aber so, daß er gefallen wäre, wenn ich ihn nicht mit beiden Händen gehalten hätte.
    „Was war das? Emir, wir sind dennoch in ein fremdes Haus geraten!“
    „Wo ist der Raum, in dem sich der Sergeant befindet? Liegt er zu ebener Erde?“
    „Nein, sondern eine Treppe hoch.“
    „Und wo führt die Treppe hinauf, hinten oder vorn?“
    „Hm! Wo war es nur! Ich glaube, vorn. Man hat von der Tür aus noch sechs bis acht Schritte zu gehen.“
    „Rechts oder links?“
    „Ja, wie stehe ich denn? Hüben oder drüben? O Emir, deine Seele kann die Arznei nicht gut vertragen; denn du hast mich so schief gestellt, daß dieser Hausflur nicht geradeaus läuft, sondern von unten hinauf in die Höhe!“
    „So komm her! Hinter dir ist die Tür; hier ist rechts, und da ist links. An welcher Seite nun geht die Treppe empor?“
    „Hier links.“
    Wir schritten vorsichtig weiter, und mein tastender Fuß stieß wirklich bald an die unterste Stufe einer Treppe.
    „Da sind die

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