13 schlägt's auf Schreckenstein
–
Oliver Hassencamp — 13 schlägt’s auf Schreckenstein
„Wie war’s mit dir, Blondie? Du bist genau mein Typ. Komm, sei kein Spielverderber.“
„Der bin ich!“ Mit diesen Worten trat Stephan hinter dem Baum hervor. Die andern folgten und steuerten auf den Mann zu.
„Sie sind überhaupt nicht mein Typ!“ fuhr Stephan fort. Also machen Sie ganz schnell, dass Sie wegkommen!
Wenn Sie die Mädchen weiter belästigen, passiert was!“ Wie es dazu kam, wusste nachher niemand. Jedenfalls bildeten die Mädchen einen Sprechchor. „Fort mit dir, du Tattergreis! Fort mit dir, du Tattergreis...“
Ohne ein weiteres Wort stieß sich der Mann am Rand der Hafeneinfahrt ab und versteckte sich hinter dem Segel, bis der Wind die Jolle davontrug.
„Spitze!“ jubelten die Mädchen.
Ottokar klopfte Stephan auf die Schulter. „Jetzt weiß wenigstens schon einer, dass er hier nicht machen kann, was er will.“
Sophie trat zu ihnen. „Fängt ja toll an!“ sagte sie.
Während Stephan sich Beatrix zuwandte, kam er auf die Umleitung zu sprechen.
„Das hat mich Sonja schon gefragt. Von uns war’s niemand, Ehrenwort.“ Groß sah sie ihn an, und er wusste, dass sie weder flunkerte noch etwas verheimlichen wollte.
Voll Vorfreude auf das Kommende, trennten sich Mädchen und Ritter.
Abends in der Folterkammer rauchten nach dem Bericht der Delegation die Köpfe.
„Da mischt also noch ein Dritter mit. Der große Unbekannte“, dachte Dieter laut.
„Den müssen wir vergessen“, meinte Andi. „Uns ganz auf das konzentrieren, was wir machen.“
„Und? Was machen wir?“ Klaus grinste ihn an.
Dampfwalze, der mit tiefen Denkfalten auf der Streckbank lag, hob ein Bein. „Zweierlei“, sagte er. „Uns nicht erwischen lassen, uns aber auch sehen lassen, so, dass Kress nichts dagegen machen kann. Bei einer kulturellen Veranstaltung zum Beispiel...“
„Sonderklasse!“ lobte Mücke unter beifälligem Gemurmel aller.
„Peitsche und Zuckerbrot“, abstrahierte Stephan die Idee des Muskelprotzes.
„Das ist die Richtung!“ stellte Ottokar fest. „Einfälle kann man nicht erzwingen, gehn wir erst mal schlafen.“ Das war ganz im Sinne von Pummel und Eugen, die am nächsten Morgen ihre Gehstrafe hinter sich bringen wollten. Um sich von Kress nicht erwischen zu lassen — obwohl der von den Gehstrafen wusste — wählten sie den Uferweg. Während des Marsches durfte nach Schreckensteiner Regelkodex nicht gesprochen werden, und daran hielten sie sich eisern. Bis ihnen hinter einer Biegung höhere Gewalt entgegenkam, in Gestalt eines Anglers, der Kress hieß.
„Was tut ihr denn hier?“ fragte er. „Wollt ihr schon so früh zu euren Tanten?“ Die beiden schüttelten die Köpfe. „Strafmarsch!“ sagte Pummel knapp. Etwas Unverständliches murmelnd wandte sich der Bürgermeister ab, und genau da kam Eugen das, was man nicht erzwingen kann: der Einfall.
„Entschuldigen Sie bitte“, hielt er ihn auf. „Unseren Tanten gefällt’s hier prima. Nur eins vermissen sie ein bisschen: was Kulturelles. Wir hätten da was auf Lager. Ein Orgelkonzert in der Kirche. Wenn Sie nichts dagegen haben...“
Der alte Kress strahlte. Einschließlich Glatze. „Her damit!“ rief er. „Ich denk doch die ganze Zeit, irgendwas fehlt noch.“
– 29 –
Oliver Hassencamp — 13 schlägt’s auf Schreckenstein
„Gut, dann werden wir’s organisieren“, sagte Eugen, und im Geherschritt watschelten sie weiter. Pummel boxte seinen Freund vor Freude. Das Silentium aber brach er nicht. Erst im Durchgang zum Burghof riss er die Arme hoch und rief: „Eugen, du bist der Mann des Tages!“ Es sollte ein turbulenter Tag werden. Nicht nur weil Strehlau sich sträubte. „Ich und Orgelkonzert? Ich hab nichts Aufführungsreifes in den Fingern!“
Da hatte Pummel den Einfall. „Dann spiel mit Fräulein Böcklmeier vierhändig oder vierfüßig. Das Konzert muss steigen! Ganz egal wie!“
Die Französischstunde, die der Rex in der Klasse der Großen gab, verlief ungewöhnlich.
„Was heißt denn säubern?“ fragte Dieter gleich zu Beginn.
„Nettoyer“, antwortete der Rex.
Klaus schaltete sofort und sagte fließend. „Aujourd’hui il nous faut nettoyer la fôret!“
„So, ihr müsst heute den Wald sauber machen?“ fragte der Rex und erfuhr bis zum Ende der Stunde alle Pläne der Ritter in französischer Sprache. Auch mit möglichen Einschränkungen des Unterrichts zeigte er sich einverstanden. Auf französisch natürlich.
Weitere Kostenlose Bücher