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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dunkles Gesicht war ernst. »Schule ist sehr wichtig«, sagte er zu seiner Tochter, obwohl er Barbara ansah. »Hadiyyah, bitte geh zurück an den Frühstückstisch.«
    »Aber kann Barbara nicht rein ...«
    »Hadiyyah.« Die Stimme klang scharf. »Habe ich dir nicht gerade etwas gesagt? Und hat Barbara dir nicht selbst erklärt, dass sie zur Arbeit muss? Hörst du anderen überhaupt zu, oder hast du nur Wünsche und überhörst alles, was der Erfüllung dieser Wünsche entgegensteht?«
    Das schien ein bisschen zu hart, selbst für Azhars Verhältnisse. Hadiyyahs Gesicht, das geleuchtet hatte, veränderte sich augenblicklich. Ihre Augen weiteten sich, aber nicht vor Überraschung. Barbara konnte sehen, dass sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Mit einem unterdrückten Schluchzen wich Hadiyyah zurück und lief Richtung Küche davon.
    Azhar und Barbara blieben allein zurück, Auge in Auge. Er sah aus wie der desinteressierte Zeuge eines Autounfalls, während sie die warnenden Anzeichen von Hitzebildung in ihrem Bauch spürte. Das war der Moment, da sie hätte sagen sollen: »Na ja. Okay. Das war's dann wohl. Vielleicht sehe ich euch zwei später. Danke«, und ihrer Wege ziehen, denn sie wusste, dass sie im Begriff war, die Fassung zu verlieren und sich in anderer Leute Angelegenheiten einzumischen. Doch stattdessen hatte sie den Blickkontakt mit ihrem Nachbarn gehalten und tatenlos zugelassen, dass die Hitze aus ihrem Bauch bis in die Brust aufstieg und sich dort zu einem brennenden Knoten verdichtete. Als sie dort angekommen war, sagte sie: »Das war ein bisschen übertrieben, meinen Sie nicht? Sie ist noch ein Kind. Wann wollen Sie damit aufhören?«
    »Hadiyyah weiß, was sie tun soll«, antwortete Azhar. »Und sie weiß auch, dass es Konsequenzen hat, wenn sie trotzig ihrem eigenen Kopf folgt.«
    »Okay. Alles klar. Ich hab's kapiert. Ich meißle es in Stein oder tätowier es mir auf die Stirn, was immer Sie wollen. Aber was ist mit dem Grundsatz, dass die Strafe dem Vergehen angemessen sein sollte? Und wo wir gerade dabei sind, wie wär's, wenn Sie sie in Zukunft nicht mehr vor mir demütigen?«
    »Sie ist nicht ...«
    »Das ist sie wohl!«, fauchte Barbara. »Sie haben ihr Gesicht ja nicht gesehen. Und jetzt sag ich Ihnen noch was: Das Leben ist schwer genug, vor allem für kleine Mädchen. Das Letzte, was sie brauchen, sind Eltern, die es ihnen noch schwerer machen.«
    »Sie muss ...«
    »Sie wollen sie auf den Boden der Tatsachen holen? Wollen ihr den Kopf waschen? Ihr klar machen, dass sie für niemanden die Nummer eins ist und das auch nie sein wird? Lassen Sie sie einfach raus in die Welt, Azhar, dann wird sie's schon kapieren. Aber sie muss es, verdammt noch mal, nicht von ihrem Vater hören.«
    Barbara konnte sehen, dass sie damit zu weit gegangen war. Azhars Gesicht, das bisher Zurückhaltung ausstrahlte, wurde nun vollkommen verschlossen. »Sie haben keine Kinder«, erwiderte er. »Wenn Sie eines Tages noch das Glück haben sollten, Mutter zu werden, Barbara, werden Sie anders darüber denken, wann und wie Ihr Kind diszipliniert werden sollte.«
    Es war das Wort Glück und alles, was es implizierte, das es Barbara erlaubte, ihren Nachbarn in einem völlig neuen Licht zu sehen. Er kämpft mit miesen Tricks, dachte sie. Aber das konnte sie auch.
    »Kein Wunder, dass sie Sie verlassen hat, Azhar. Wie lange hat sie gebraucht, um Sie zu durchschauen? Zu lange, nehme ich an. Und das ist keine große Überraschung. Schließlich ist sie eine englische Frau, und wir englischen Frauen können allerhand aushalten.«
    Und mit diesen Worten hatte sie sich abgewandt, hatte ihn stehen lassen und den kurzen Triumph des Feiglings genossen, das letzte Wort gehabt zu haben. Aber es war diese schlichte Tatsache, dass sie das letzte Wort gehabt hatte, die dazu führte, dass Barbara auf dem ganzen Weg in die Londoner Innenstadt wütende Wortgefechte mit einem Azhar austrug, der gar nicht da war. Als sie in eine Parklücke unter dem Gebäude von New Scotland Yard fuhr, war sie daher immer noch außer sich und kaum in der geeigneten Gemütsverfassung für einen produktiven Arbeitstag. Außerdem war ihr schwindelig vom Nikotin.
    Sie ging auf die Damentoilette, um sich Wasser ins Gesicht zu spritzen. Sie betrachtete sich im Spiegel und hasste sich dafür, dass sie sich vorbeugte, um Anzeichen dessen zu erkennen, was, wie ihr jetzt klar wurde, Taymullah Azhar in all den Monaten ihrer Nachbarschaft gesehen hatte:

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