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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Ruf des Marktes besudelt, indem er hier geklautes Silber verhökerte. Und obendrein nicht einfach irgendwelches geklautes Silber, sondern Gegenstände, die persönliche und unzweifelhaft identifizierbare Gravierungen trugen, und der Junge war auch noch zu blöd gewesen, das zu bemerken.
    Was danach aus Kimmo geworden war, wusste Reg Lewis nicht, und es interessierte ihn auch nicht besonders. Das einzig Gute, was man der kleinen Schwuchtel nachsagen konnte, war, dass er die Grabinskis nicht mit reingerissen hatte. Und waren die beiden nicht blind wie Fledermäuse im Sonnenlicht? Jeder, der seinen Verstand beisammen hatte, konnte sehen, dass dieser Junge nichts Gutes im Schilde führte, gleich als er seine Visage zum ersten Mal auf dem Markt gezeigt hatte. Reg hatte die Grabinskis vor ihm gewarnt, aber hörten die vielleicht auf jemanden, der nur ihr Bestes im Sinn hatte? Natürlich nicht. Aber wer hatte am Ende Recht behalten, he? Und wer hatte nie die Worte »Du hattest Recht, Reg, und wir entschuldigen uns für unsere Gehässigkeit« gehört, he?
    Reg Lewis hatte dem nichts weiter hinzuzufügen. Kimmo war an jenem Tag mit der Polizei verschwunden. Vielleicht hatten sie ihn ein Weilchen in die Besserungsanstalt gesteckt. Vielleicht hatten sie ihn auf der Polizeiwache auch einfach das Fürchten gelehrt. Alles, was Reg wusste, war, dass der Junge keine gestohlenen Silbergegenstände mehr zum Bermondsey Market gebracht hatte, und das war Reg recht so. Und wer mehr wissen wollte, brauchte sich nur an die Cops drüben an der Borough High Street zu wenden.
    Reg Lewis schien noch auf der Zunge zu liegen: Wieder ein Stück Scheiße weniger auf der Welt, und falls er von Kimmo Thornes Ermordung gehört oder gelesen hatte, erwähnte er sie jedenfalls mit keinem Wort. Aber es war unmissverständlich, dass der Junge in Regs Augen nicht gerade förderlich für den Ruf des Marktes gewesen war. Und alles Weitere, wie er bereits gesagt hatte, mussten sie auf der örtlichen Polizeiwache in Erfahrung bringen.
    Sie waren im Begriff, das zu tun, überquerten den Markt auf dem Rückweg zu Lynleys Wagen, als sein Handy klingelte.
    Die Nachricht war knapp und unmissverständlich: Er werde unverzüglich in der Shand Street gebraucht, wo ein Tunnel unter der Eisenbahn die schmale Straße mit der Crucifix Lane verband. Sie hatten eine weitere Leiche.
    Lynley schaltete das Telefon aus und sah Havers an. »Crucifix Lane«, sagte er. »Wissen Sie, wo das ist?«
    Ein Marktverkäufer an einem nahen Stand beantwortete die Frage: Immer die Tower Bridge Road entlang. Keine halbe Meile von hier.
    Ein Eisenbahnviadukt, das den Schienenstrang zur London Bridge Station trug, bildete die nördliche Begrenzung der Crucifix Lane. Er war aus Backsteinen gemauert, die eine so dicke, hundert Jahre alte Schicht aus Ruß und Dreck trugen, dass man über ihre ursprüngliche Farbe nur noch spekulieren konnte. Erkennbar war lediglich eine trostlose Mauer, die aus Variationen kohleartiger Ablagerungen zu bestehen schien.
    Unter den Bogen, die diese Konstruktion trugen, hatten sich die unterschiedlichsten Betriebe angesiedelt: Mietgaragen, Lagerhäuser, Weinhandlungen, Autowerkstätten. Doch einer der Bogen bildete einen Tunnel, durch den eine einspurige Straße führte, die Shand Street. Der nördliche Teil dieser Straße beherbergte mehrere kleine Läden, die zu dieser frühen Tageszeit noch geschlossen waren, der südliche, längere Teil verlief in einer sanften Kurve und tauchte schließlich in die Dunkelheit unter dem Eisenbahnviadukt ein. Dieser Tunnel war gut fünfzig Meter lang, ein Ort tiefer Schatten, dessen gewölbte Decke mit geriffelten Stahlplatten verkleidet war, von denen Wasser tropfte, unhörbar wegen des ständigen Rumpelns der Pendlerzüge nach und von London. Auch an den Wänden rann Wasser herab, tröpfelte aus den in knapp drei Meter Höhe verlaufenden rostigen Eisendränagen und sammelte sich am Boden in öligen Pfützen. Uringeruch schwängerte die Luft im Tunnel, zerbrochene Lampen gaben ihm eine unheimliche Atmosphäre.
    Als Lynley und Havers eintrafen, fanden sie den Zugang zum Tunnel an beiden Seiten versperrt. Am Ende der Crucifix Lane stand ein Constable mit einem Klemmbrett in der Hand und verweigerte allen Passanten den Zugang. Er hatte jedoch alle Hände voll zu tun mit den ersten Vertretern der Nachrichtenmedien, diesen ewig hungrigen Journalisten, die den Polizeifunk abhörten in der Hoffnung, als Erste die Story zu bekommen. Fünf

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