13 - Wo kein Zeuge ist
schlecht?«
»Er ist einfach nur Hillier. Er führt Winston der Presse vor wie ein dressiertes Hündchen.«
Helen schaute zu ihm hoch. »Das macht dich wütend, richtig? Es sieht dir nicht ähnlich, deine Gelassenheit zu verlieren. Ist es wegen Barbara? Weil Winston an ihrer Stelle befördert worden ist?«
»Das war abscheulich von Hillier, aber ich hätte es wissen sollen«, antwortete Lynley. »Er träumt davon, sie loszuwerden.«
»Immer noch?«
»Immer schon. Ich weiß nie so recht, wie ich sie schützen soll, Helen. Selbst jetzt als Interim Superintendent finde ich kein Rezept. In solchen Dingen kann ich Webberly nicht das Wasser reichen.«
Sie löste sich aus seiner Umarmung, trat an den Küchenschrank, holte sich einen Becher heraus, den sie mit entrahmter Milch füllte und zum Erhitzen in die Mikrowelle stellte. Dann antwortete sie: »Malcolm Webberly hat den Vorteil, Sir Davids Schwager zu sein, Darling. Das wird eine Rolle gespielt haben, wenn sie Meinungsverschiedenheiten ausgetragen haben, nicht wahr?«
Lynleys Brummen klang weder zustimmend noch verneinend. Er schaute zu, während seine Frau die warme Milch aus der Mirkowelle nahm und einen Löffel Malzkaffee hineinrührte. Er leerte seine Tasse und spülte sie gerade unter fließendem Wasser aus, als es an der Hautür klingelte.
Helen wandte sich um und fragte mit einem Blick auf die Wanduhr: »Wer in aller Welt ...?«
»Das müsste Havers sein.«
»Also gehst du wirklich zur Arbeit? Um diese Zeit?«
»Wir fahren nach Bermondsey.« Er verließ die Küche, und sie folgte ihm, den Kaffeebecher in der Hand. »Zum Markt.«
»Sag mir, dass du dort nicht einkaufen willst«, beschwor sie ihn. »Schnäppchen sind Schnäppchen, und du weißt, dass ich persönlich nie eines ausschlage, aber vor Schnäppchenkäufen vor Sonnenaufgang sollte man sich doch gewiss hüten.«
Lynley lachte in sich hinein. »Bist du ganz sicher, dass du nicht mitkommen willst? Ein Porzellankunstwerk, kostbares Einzelstück, für fünfundzwanzig Pfund? Ein Peter Paul Rubens, verborgen unter zweihundert Jahren Patina und von einem sechsjährigen Nachwuchskünstler mit viktorianischen Kätzchen übermalt?« Er durchquerte die marmorgeflieste Halle, öffnete die Tür und fand Barbara Havers an das schmiedeeiserne Geländer gelehnt, eine Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, ihre stämmige Gestalt in eine dicke Steppjacke gehüllt.
»Wenn Sie ihm um diese Zeit immer noch nachwinken, haben die Flitterwochen offensichtlich zu lange gedauert«, sagte Havers zu Helen.
»Meine unruhigen Träume bringen mich dazu, ihm nachzuwinken«, erklärte Helen. »Das und generelle Zukunftsängste, will man meinem Mann glauben.«
»Immer noch keine Entscheidung wegen der Taufklamotten getroffen?«
Helen schaute Lynley an. »Hast du ihr das etwa erzählt, Tommy?«
»War es vertraulich?«
»Nein, nur albern. Die Situation, meine ich, nicht, dass du es Barbara erzählt hast.« Und an Havers gewandt, fügte sie hinzu: »Vielleicht bricht im Kinderzimmer ein kleines Feuer aus, das leider beide Taufgarnituren unwiederbringlich vernichten wird. Was meinen Sie?«
»Klingt wie die Patentlösung«, antwortete Havers. »Wozu einen Familienkompromiss herbeiführen, wenn Brandstiftung die Antwort sein kann?«
»Genau das haben wir uns auch gedacht.«
»Das wird ja immer besser«, bemerkte Lynley. Er legte seiner Frau den Arm um die Schultern und küsste sie auf die Schläfe. »Schließ hinter mir ab«, sagte er. »Und geh wieder ins Bett.«
Helen sagte zu ihrem leicht gewölbten Bauch: »Stör ja nicht wieder meine Träume, junger Mann. Hör auf deine Mami.« Und zu Barbara und Lynley: »Und ihr passt auf euch auf«, ehe sie die Tür schloss.
Lynley wartete, bis er die Riegel einrasten hörte. Neben ihm zündete Barbara Havers sich eine Zigarette an. Er warf ihr einen missbilligenden Blick zu. »Um halb fünf Uhr morgens? Das hätte ich selbst zu meinen schlimmsten Zeiten nicht fertig gebracht, Havers.«
»Sind Sie sich darüber im Klaren, dass es nichts Scheinheiligeres gibt als reformierte Raucher, Sir?«
»Ich kann das nicht glauben«, entgegnete er und ging voraus die Straße entlang zu der kleinen Gasse, wo seine Garage lag. »Es muss etwas Scheinheiligeres geben.«
»Nichts«, widersprach sie. »Es gibt wissenschaftliche Studien darüber. Selbst reformierte Maria Magdalenas, die jetzt als Nonnen leben, kommen nicht gegen Exraucher an.«
»Es muss an der Sorge um die Gesundheit unserer
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