1301 - Kreuzzug des Bösen
Topf hoch.
Die Blätter waren mit einer grauen Staubschicht bedeckt, aber für mich waren die beiden Stühle wichtig.
Ich schaute in das Gesicht der Größeren. Deren Züge wirkten wie festgefroren. Der Blick war hart, und er zeigte keine Angst. Sie sah so aus, als wartete sie darauf, mir endlich die Waffe entreißen zu können.
»Ihr geht jetzt zu den beiden Stühlen und setzt euch«, befahl ich.
»Ist das klar?«
»Ja!«
»Gut, dann Sie zuerst.«
Ich hatte die Größere damit gemeint und befahl ihr noch, die Hände oben zu halten, was sie auch tat. Steif schritt sie auf das Ziel zu und setzte sich tatsächlich hin. Die Hände legte sie freiwillig auf ihre Oberschenkel.
Der Kleineren tippte ich gegen den Rücken. Sie verstand das Zeichen und setzte sich mit schlurfenden Schritten in Bewegung. Ihr Ziel war der zweite Stuhl, auf dem sie Platz nahm.
Ich war vorerst zufrieden und gönnte mir sogar einen Blick auf Godwin de Salier.
Äußere Verletzungen entdeckte ich nicht. Keine Beule am Kopf.
Keine aufgeplatzte Stelle an der Gesichtshaut, da war wirklich nichts zu erkennen. Die Frauen mussten es geschafft haben, ihn auf eine andere Art und Weise auszuschalten.
Vielleicht durch ein Betäubungsmittel. Durch irgendeinen Trank, den er sich bestellt hatte oder der ihm mit Gewalt eingeflößt worden war. Ich wusste es nicht, aber ich würde es herausfinden, das stand fest.
Auch die zweite Person hatte ihren Platz eingenommen. Wenn ich mir sie so anschaute, wirkten sie wie zwei brave Internatsschülerinnen, die darauf warteten, in den Unterricht gerufen zu werden.
Freiwillig würden sie nicht sprechen, und sie wirkten auch nicht ängstlich. Beinahe interessiert betrachteten sie mich und meine Waffe.
Ich zeigte ihnen ein Lächeln, das nicht eben nett wirkte. Danach stellte ich ihnen die ersten Fragen.
»Warum? Warum das alles? Was hattet ihr mit dem Mann vor? Was hat er euch getan?«
Die Größere spielte die Chefin, und sie gab auch die Antwort. »Er stand uns im Weg.«
»Wobei stand er euch im Weg?«
»Er gehört nicht hierher. Er steht nicht auf unserer Seite. Er ist ein Fremder, und Fremde haben hier in Coleda nichts zu suchen. Der Ort gehört uns und ihr.«
»Konstanza?«
Als sie den Namen hörten, schraken beide Frauen zusammen.
Wohl überrascht davon, dass ich ihn kannte, aber ich gab ihnen auch keine näheren Erklärungen, sondern sagte: »Mir ist nicht nur Konstanza ein Begriff, ich kenne auch eine gewisse Rosanna. Ich habe mit ihr gesprochen und einiges erfahren.«
»Wo?«
»In den Resten des alten Klosters. In der Ruine. Dort trafen wir aufeinander, und sie hat sich gewundert, wie sehr ich mich für sie interessiert habe.«
Jetzt übernahm die Kleinere das Wort. Sie wirkte weniger streng als ihre Freundin. »Wir haben Ihnen doch schon mal gesagt, dass Sie uns und die Wallfahrt vergessen sollen. Dieses hier ist eine Pilgerreise nur für Frauen. Wir sind auf dem Kreuzzug, verstehen Sie? Und wir werden uns von keinem stören lassen.«
Ich wusste das. Sie waren nicht allein gekommen. Überall im Ort mussten sich die Frauen befinden, die zu Konstanza wollten. Ich konnte mir denken, welchen Grund das hatte, aber ich hielt mich mit meiner Beurteilung zurück.
»Die Kreuzzüge sind vorbei!«
Die Größere bekam wieder den strengen Blick. »Nein, das sind sie nicht. Wir wissen es. Wir werden uns anschließen. Wir haben es erfahren. Es sind nicht nur Frauen aus dieser Umgebung. Wir kommen aus Ihrem Land, in das Sie sehr schnell wieder zurückfahren sollten. Die Ausrede, ein harmloser Tourist zu sein, haben wir Ihnen sowieso nicht abgenommen. Denn welcher Tourist fährt schon mit einer Waffe durch das Land? Sie sind mehr, das wissen wir. Und deshalb geben wir Ihnen noch eine Chance. Hauen Sie ab!«
Ich blieb gelassen. Ich fragte sie nur: »Wer hält denn hier die wichtigen Argumente in der Hand. Seid ihr das oder bin ich es?«
»Sie!«
»Na bitte!«
»Nur kümmern Sie uns nicht. Wir sind zu stark. Sie können uns töten, aber die Rache wird Sie ereilen, und Konstanza ist bekannt dafür, dass sie ihren Feinden einen besonderen Tod bereitet. Ihr werdet noch schreien und wehklagen, das kann ich versprechen.«
»Ihr…?«
»Ja, auch er.« Die Frau hob den Arm. Der gestreckte Zeigefinger wies auf Godwin de Salier.
»Was hat er euch getan?«
»Er ist unser Feind.«
»Warum?«
»Er steht auf der anderen Seite.«
»Aber er ist ein Templer«, sagte ich etwas leiser.
»Templerinnen sind wir auch.
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