1303 - Blut für das Disco-Trio
sollte. Die Person kam ihr wie ein Trugbild vor. So etwas hatte sie in dieser einsamen Gegend noch nicht erlebt. Okay, eine normale Frau hätte sie noch akzeptiert, diese aber war nicht normal, auch wenn sie aussah wie ein Mensch, denn ihre Kleidung passte nicht zur Witterung. Sie trug eine dünne schwarze Hose aus Leder. Als Oberteil eine schwarze Lederjacke mit einem tiefen Ausschnitt. Ein Teil davon wurde von einem Bustier oder einem Top verdeckt.
Beides konnte die Brüste nicht bändigen, die sich nach oben geschoben hatten und aussahen wie zwei helle Halbkugeln.
Anastasia begriff die Welt nicht mehr. So lief man nicht herum.
Nicht bei dieser Kälte und in dieser Gegend. Das war einfach verrückt. Da konnte man sich alles Mögliche abfrieren, aber das schien der Person mit den hellblonden Haaren nichts auszumachen. Sie stand vor Anastasia und lächelte sie kühl an, und es kam der jungen Frau so vor, als hätte man sie erwartet.
Sie kannte viele Frauen. Ungewöhnliche, toughe und verrückte Personen, aber so etwas wie diese war ihr noch nicht über den Weg gelaufen. Sie brauchte nicht mal etwas zu sagen. Sie war einfach nur da, stand vor ihr und schaute sie an.
Anastasia spürte auf ihrem Rücken ein Kribbeln. Sie hatte das Gefühl, vom Blick der anderen Person durchleuchtet zu werden.
Jetzt kam ihr auch in den Sinn, dass die Begegnung kein Zufall war.
Die Person hatte auf sie gewartet.
Es war noch nichts zwischen ihnen beiden gesprochen worden.
Seit dem Zusammentreffen war auch nicht viel Zeit verstrichen, und trotzdem war Anastasia schon so viel durch den Kopf geschossen. All diese hastigen Vermutungen endeten in einer Frage.
Was will sie von mir?
Die Blonde hatte bisher noch kein Wort gesagt. Bewegungslos stand sie auf dem Fleck und lächelte. Ansonsten bewegte sich nichts an ihr. Selbst die Augen blieben starr. Die Kälte und der Wind machten ihr trotz der dünnen Kleidung nichts aus. Das Wort frieren schien es für sie nicht zu geben.
Anastasia atmete tief ein. Sie konnte das Schweigen nicht länger aushalten. Irgendwas musste geschehen, und so nickte sie der anderen Person mit einer harten Bewegung zu.
»Was ist los? Was willst du? Wer bist du? Mach hier keinen Scheiß. Ich muss zurück in den Knast.«
»Das weiß ich.«
Anastasia schluckte. Sie wusste es. Wieso wusste sie es? Wenn das wirklich alles stimmte, dann hatte diese Person einzig und allein auf sie gewartet.
»Viele Fragen auf einmal…«
»Klar. So was kommt automatisch. Verdammt noch mal, was soll das alles hier?« Anastasia trat mit dem rechten Fuß auf. »Ich muss weiter. Sonst kriege ich Ärger.«
»Ist mir klar.«
»Dann… dann …«
Die Blonde ließ Anastasia nicht ausreden. »Du brauchst keine Furcht zu haben, meine Teure. Das ist alles kein Problem. Ich verspreche dir, dass du nicht mehr zurück in den Knast musst. Du kannst mich wirklich beim Wort nehmen.«
Anastasia sagte nichts. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte.
Es war alles so fremd für sie. Sie konnte auch nicht lachen, aber sie spürte ein Gefühl der Furcht, das allmählich in ihr hochstieg und sich wie ein Ring um ihr Herz legte. Noch etwas empfand sie als ungewöhnlich. Sie glaubte der fremden Person, aber Freude stieg trotzdem nicht in ihr auf. Dazu war die andere einfach zu unheimlich und irgendwie nicht zu packen. So einen Menschen hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Dass es sich dabei um eine Frau handelte, machte sie trotzdem nicht froher. Diese Blonde war nicht normal. Dafür hatte Anastasia einen sicheren Instinkt. Man konnte sie als gefährlich einstufen, auch wenn sie sichtbar keine Waffe bei sich trug.
Die Sängerin gab sich selbst einen innerlichen Ruck, um ein Hindernis zu überwinden. »Was willst du von mir?«, flüsterte sie, »weshalb bist du gekommen?«
»Ich will dich!«
Klare Worte, die Anastasia auch hörte, einordnete, aber irgendwie nicht begriff.
»Mich willst du?«
»Genau!«
»Aber was willst du von mir?«
Die Blonde kam einen Schritt näher. »Ich will das, was in dir fließt«, flüsterte sie und lächelte breit, ohne die Lippen auseinander zu ziehen. »Ich will dein Blut!«
Jetzt war es heraus. Anastasia hatte jedes Wort verstanden. Nur wusste sie nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie kam sich so bedrängt vor, eingeengt. Trotz der Kälte spürte sie die Hitze in ihrem Kopf. Es war einfach nicht zu fassen. Es war völlig verrückt. So etwas gehörte nicht ins normale Leben, auch wenn es sich noch so
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