1303 - Blut für das Disco-Trio
richtig. Michelle hielt sich noch auf ihm, und sie senkte den Kopf. Beißen, nichts anderes.
Johnny brüllte, und in sein Gebrüll hinein peitschte ein Schuss. Er hörte ihn kaum, doch er sah die Folgen, denn in seinem Sichtbereich zerplatzte Michelles Kopf.
Er bekam ein groteskes Aussehen. Das Kaliber des geweihten Silbers hatte furchtbar aufgeräumt. Die hinten eingeschlagene Kugel trieb etwas vorn aus dem Gesicht hervor. Es war ein Auge und ein Stück Nase, umgeben von einer gelblichen Masse.
Johnny lag schwer atmend auf dem Rücken. Er begriff im Moment nicht, was da vorgefallen war. Aber er sah Michelle fallen.
Seine Sicht wurde nicht mehr behindert, und so sah er seinen Vater auf dem Podium stehen, der in seiner rechten Hand die Beretta hielt, Johnny kurz zunickte und die Waffe jetzt schwenkte.
Sheena gab es noch.
Sie kniete auf den Brettern Die Ringe und Ketten schimmerten hell auf der dunklen Haut. Die großen dunklen Augen hielt sie offen. Staunen, Angst und Unglauben vereinigten sich in diesem Blick, der starr auf die Mündung der Beretta gerichtet war.
Für Bill Conolly war die Welt um ihn herum gestorben. Ihn interessierten auch nicht die Gäste in der Halle, er sah nur das Gesicht der letzten Blutsaugerin.
Die beiden Zähne schimmerten wie gelb angestrichene Dolchspitzen. Bill spürte wieder den Push in sich und flüsterte: »Du wirst keinem Menschen mehr das Blut aussaugen.«
Dann schoss er.
Auch diese Kugel erwischte den Kopf. Bill hatte sich mühsam von dem Gedanken befreien müssen, hier eine schöne junge Frau vor sich zu haben. Sie war eine Bestie, nicht mehr und nicht weniger.
Sie nahm den Einschlag der Kugel hin. Der Kopf zuckte wie unter einem Stromstoß.
Dann kippte die Gestalt zurück, während Johnny Conolly sich langsam aufrichtete.
Und noch etwas geschah.
Von zwei verschiedenen Seiten betraten zwei Männer die Bühne John Sinclair und Suko…
***
Was um uns herum passierte, interessierte uns nicht. Dafür hatten wir auch keinen Blick. Suko hatte Sheila ebenfalls auf die Bühne geholfen, und jetzt standen wir zusammen wie Künstler, die sich dem Publikum präsentierten.
Das war uns auch noch nicht widerfahren. Aber wir hatten es mal wieder gemeinsam geschafft, und nur das zählte. Das Grauen war gebannt, wir atmeten durch und fühlten uns wie ein echtes Team.
Bill musste sich Erleichterung verschaffen, denn er klatschte Suko und mich ab. Johnny stand zusammen mit seiner Mutter. Er war noch verdammt mitgenommen. Sheila sprach auf ihn ein. Johnny nickte einige Male, während unten im Saal der Bär tobte.
Ich wusste, dass in wenigen Minuten die uniformierten Kollegen in Massen die Halle stürmen würden, aber das war egal. Wir hatten es geschafft, und nur das zählte.
Mir fiel auf, dass Suko sich sehr für die Besucher interessierte und seine Blicke immer wieder über die Köpfe hinwegschweifen ließ.
»Suchst du jemand?«, rief ich.
»Ja. Sheila hat mir von einer sehr blonden Frau in Lederkleidung berichtet, die auch hier ist.«
»Justine Cavallo?«
»Wahrscheinlich.«
Mir ging ein Licht auf. Dann war sie es, die mal wieder hatte ihre Zeichen setzen wollen. Das war ihr nicht gelungen. So klammheimlich wie sie gekommen war, hatte sie sich bestimmt aus dem Staub gemacht. Bis zum nächsten Mal.
Ich hob die Schultern. »Lass es gut sein, Suko. Irgendwann kriegen wir sie.«
»Wenn du meinst«, sagte er nur und schlug mir auf die Schulter…
ENDE
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