131 - Pakt mit Luzifer
Beine anziehen auf der schmalen Pritsche
war nicht schwer, schwerer wurde es, sie so weit nach oben zu bringen, daß er
damit seine Armfesseln erreichte. Auch das klappte. Alles andere war nur noch ein
Kinderspiel. Nach einer Vorarbeit von gut drei Stunden war er jetzt innerhalb
einer Minute völlig frei.
Er nahm sich nicht die Zeit, sich erst lange
Arme und Beine zu massieren, um das träge fließende Blut wieder in Bewegung zu
bringen.
Petra Gerlach und die kleine Gaby gingen vor.
Er befreite sie. Das Kind weinte leise, aber sonst war es ganz vernünftig, wenn
man die Umstände und die nervliche Belastung berücksichtigte, denen es
ausgesetzt war.
Larry hatte das Gefühl auf Eiern zu stehen.
Seine Glieder fühlten sich bleiern an. Er achtete nicht darauf.
Zum ersten Mal seit seiner Gefangennahme
hatte er Gelegenheit, einen Blick aus dem Fenster zu werfen.
Der Nebel wogte, und Larry konnte die andere
Seite des Mains nicht erkennen.
»Können Sie schwimmen ?« fragte er die Verkäuferin.
»Ja.«
»Wenn es nötig werden sollte, springen Sie
ins Wasser! Wie sieht es mit der Kleinen aus ?«
»Auch sie kann. Nicht sehr gut, aber in einem
solchen Fall, wenn es um Leben und Tod geht...«
Sie fuhr nicht fort. Beide hörten das knatternde
Geräusch und die plötzliche Unruhe im Schiff.
Larry untersuchte seine Taschen. Sie hatten
ihm alles abgenommen, außer einem kleinen Kruzifix, das flach und golden in
seiner Hand schimmerte. Also doch ... Seine Vermutung stimmte.
Er wandte sich der kleinen Gaby zu.
»Du willst doch haben, daß wir alle gesund
hier herauskommen, nicht wahr? «
»Ja.«
»Gibst du mir deine Kette? Du hast sie mal
bekommen als einen Talisman. Jetzt brauchen wir diesen Talisman. Ich verspreche
dir, behutsam damit umzugehen, wenn trotzdem etwas mit ihm geschieht, dann
besorge ich dir garantiert einen neuen .«
Rufe erfolgten von draußen, aufgeregte
Stimmen. Die Tür wurde aufgerissen. Eine Gestalt stürzte in die Kabine.
Mark Horway!
Als er seine drei Gefangenen befreit in der
Mitte der Kabine stehen sah, fielen ihm die Mundwinkel herunter. Zum Reden kam
er nicht mehr.
X-RAY-3 warf sich auf ihn. Seine Rechte saß
millimetergenau und riß den Kopf des Eindringlings nach hinten. Hart schlug
Horway auf die Planken.
Nur einmal noch drehte Larry sich um. »Sie
sind nur Helfer. Aber wir wissen nicht, ob wir es nur mit Ihnen zu tun haben.
Wenn auch der kommt, der sich in Ihrer Wohnung aufhielt, Frau Gerlach, dann
nutzt auch eine gute Kampfausbildung nichts mehr. Gaby, gib mir deine Kette !«
Petra Gerlach löste den Verschluß. Ein
Kruzifix und Weihwasser in einem Anhängerchen.
Daß die Widersacher dies nicht angefaßt
hatten, bestärkte X-RAY-3 in seiner Annahme, daß ein ganz bestimmter seine
schmutzigen Hände hier in einem Spiel mit unschuldigen Menschenleben hatte.
Er jagte die Treppe hinauf. Auf Deck ging
alles drunter und drüber.
Ein weiterer Mann sprang gerade auf Deck,
eine Frau von verführerischer Schönheit kam von links, dunkelhaarig, langes,
schwarzes Haar, eine weitere schwebte - nein, sprang direkt vom Himmel. Blond,
schlank, in einem hauteng sitzenden Lacklederanzug mit raffiniertem Ausschnitt,
daß X-RAY-3 sich fragte, ob er träumte oder wachte.
Morna Ulbrandson!
Doch es blieb keine Zeit zum Fragen. Handeln
hieß die Parole.
Morna warf sich der elegant gekleideten
Eileen Morano entgegen, ehe die es schaffte, in einem gewagten Sprung die Yacht
zu verlassen.
Larry riß Poul Sanders zu Boden. Es klappte
plötzlich wie am Schnürchen.
Aber wie aus dem Boden gewachsen, stand
plötzlich eine weitere Gestalt, die weder aus einer Kabine noch aus einem
Versteck an Deck gekrochen kam. Sie kam aus dem Nichts.
Luzifer.
In wallendem schwarzem Umhang, mit wildem
rotem Gesicht. Er starrte auf das Geschehen. Ein langer Stab schoß wie ein
Speer nach vorn und hätte Larry mitten ins Gesicht getroffen.
X-RAY-3 bückte sich.
Er begriff: das hier war kein Mummenschanz.
Der Herr der Hölle stand im wogenden Nebel vor ihm und wollte sich dafür
rächen, daß der geschickt eingefädelte Plan im letzten Moment doch noch in die
Brüche ging.
Larry reagierte schneller. Der Stab fuhr über
ihn hinweg. X-RAY-3 riß kurz entschlossen das kleine Behältnis an dem
goldfarbenen Kettchen auf. Nur ein paar Tropfen Weihwasser .
Es war, als ob ätzende Säure ins Gesicht des
Widersachers gesprengt würde.
Er schrie und riß die Arme empor. Er empfand
Schmerzen, wie sie keine menschliche Sprache
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