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1311 - Die Teufelszunge

1311 - Die Teufelszunge

Titel: 1311 - Die Teufelszunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mal in seinen schrecklichsten Albträumen ausgemalt.
    Seine Frau war ein Skelett! Er wollte es nicht glauben. Es war der reine Wahnsinn. Ebenso erschreckt hätte es ihn, wenn seine verstorbene Mutter aus dem Grab gekrochen wäre, um mit ihm zu sprechen.
    Der Anblick war einfach fürchterlich. Diese Gebeine, diese grünlich schimmernden Knochen, als hätte man sie mit einer entsprechenden Flüssigkeit beschmiert. Das war nicht mehr Charlotte, das war einfach nur noch ein Monster auf dem Podest.
    Und jetzt konnte er nicht anders. Er musste einfach schreien.
    Angst vor der eigenen Ehefrau, deren Fleisch von den Knochen gefallen war, und die aussah, als hätte sie über Jahrzehnte im Grab gelegen.
    Er merkte, dass seine Beine schwach wurden. Die Schwäche in den Knien ließ ihn zittern. Auf der Stirn lag der kalte Schweiß ebenso wie überall am Körper. Dass sein Geschrei in ein Wimmern übergegangen war, bekam er erst mit, als die Nackte ihn ansprach.
    »Hast du sie gesehen?«
    Shols gab keine Antwort.
    »Du musst sie gesehen haben!«
    Die Trompete rutschte ihm aus der Hand. Neben seinem rechten Fuß blieb sie liegen. Er schaute nicht nach ihr. Sie war ihm plötzlich nicht mehr wichtig. Er sah nur Charlotte, auf die er mit schwankenden Schritten zuging. Viel Platz stand ihm nicht zur Verfügung.
    Er konnte auch nicht richtig gehen. Er stolperte, sank in die Knie und streckte die Arme vor. Mit beiden Händen umschlang er die Hüften seiner Frau.
    Hüften, keine Knochen…
    ***
    Der Schrei war bis in den letzten Winkel der Halle gehört worden.
    Man konnte ihn einfach nicht überhören, und das war auch bei Glenda Perkins und Bill Conolly der Fall.
    Dieser schrille Schrei riss sie aus ihrer Erstarrung. Sie hatten vieles mitansehen müssen, aber nicht alles verstanden. Doch es musste etwas geschehen sein, denn auch John Sinclair lag auf dem Podium ohne sich zu rühren.
    Allein das wäre für die beiden Anlass genug gewesen, sofort aufzuspringen und einzugreifen. Allein es blieb beim Wollen und nicht mal beim Versuch. Sie konnten es nicht. Es gab eine Kraft, die sie auf ihren Stühlen fest hielt. Sie schien von der Decke gekommen sein und gegen sie zu drücken.
    Glenda und Bill blickten sich an. Gequält, angestrengt. Jeder hatte den Willen, aus dieser verfluchten Lage herauszukommen. Es war so schwer, zu schwer. Selbst das Reden schafften sie nicht, auch wenn sie sich noch so anstrengten.
    Dennoch war ihr Wille nicht gebrochen. Diesmal war Glenda stärker. Sie flüsterte: »Wir müssen hier raus, verdammt! Wir müssen hier weg, Bill. Es ist die Hölle…«
    »Wir müssen zu John!«, keuchte der Reporter.
    »Ja, auch das!«
    »Ich stehe auf!«
    Glenda sagte nichts. Sie schaute nur zu, wie Bill Conolly versuchte, sich in die Höhe zu drücken. Er war so verdammt schwer, weil er es nicht schaffte, seine Bewegungen richtig zu koordienieren. Er stand fast normal, da gaben die Beine wieder nach, und er kippte zurück auf den Stuhl, gegen dessen Lehne er mit dem Rücken schlug.
    »Es geht nicht, Glenda!«
    Sie wartete einen Moment und sagte dann: »Ich werde es versuchen!«
    Bill wollte einen Einwand erheben. Das brachte er jedoch nicht fertig. Selbst die Stimme versagte ihm in diesem Augenblick. Er ärgerte sich über sich selbst. So schwach hatte er sich lange nicht mehr gefühlt.
    Glenda Perkins gab nicht auf. In bestimmten Situationen besaß sie einen Dickkopf, und das bewies sie auch jetzt. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gezeichnet, als sie es auf die gleiche Art und Weise versuchte wie Bill. Und sie hatte das richtige Quäntchen Glück. Sie hatte auch die Kraft, denn sie kam tatsächlich vom Stuhl hoch und blieb auch zitternd stehen.
    »Gut«, flüsterte der Reporter, »sehr gut.«
    Glenda grinste ihn nur scharf an.
    Bill begriff die Welt nicht mehr. Doch, er begriff die neue Lage.
    Nur war es für ihn schlecht vorstellbar, dass die Menschen ihr Verhalten so stark verändert hatten. Und das nur, weil ein Mann Trompete gespielt hatte.
    Die Teufelszunge hatte den Horror gebracht. Die Melodien waren die Transporteure der Veränderungen gewesen. Sie hatten ihre Körper übernommen, und nicht nur die von Glenda und Bill, sondern auch von den anderen Gästen, die unbeweglich auf ihren Plätzen saßen. Keiner unterhielt sich mit seinem Nachbarn. Die beklemmende Stille blieb weiterhin und wurde nur von den Atemzügen der Besucher unterbrochen.
    Einen hatte es besonders stark erwischt – John Sinclair. Er lag auf dem Podium

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