1314 - Im Bann der schönen Nymphe
erfuhr nicht, was Jamilla damit gemeint hatte, denn mit einer heftigen Bewegung wurde sie vom Ende des Tunnels weggezogen. Sie konnte sich nicht wehren. Wütend und auch kreischend zerrte Jamilla sie hinter sich her. Das Ziel war der Rand der Lichtung. Dort blieben sie auch nicht stehen. Sehr bald waren sie in der Dichte des Waldes verschwunden.
Jenny wollte etwas sagen oder schreien und auf sich aufmerksam machen, aber Jamilla war schneller. Sie drückte ihr die Hand auf den Mund und schleuderte sie zu Boden. Sie selbst kniete sich neben das Mädchen.
»Kein Wort mehr, kein einziges! Hast du gehört?«
Jenny wusste, wann sie verloren hatte.
***
Geschafft!
Allerdings war auch ich geschafft, das merkte ich an meinem Zittern. Ich hatte den Ausstieg hinter mir gelassen und lag jetzt platt wie ein Fisch neben ihm auf einem weichen Boden. Allerdings auf dem Rücken, sodass ich in die Höhe schaute und einen Himmel über mir sah, der nicht zu der Welt gehörte, in der ich lebte.
Zwar sah ich eine gewisse Bläue, aber ich sah auch Wolken, die wie graue Streifen diese Unendlichkeit bedeckten und einer Sonne die Kraft nahmen. Während ich immer wieder tief Luft holte, klärte sich mein Blickfeld allmählich an den Rändern, und ich stellte fest, dass es nicht nur den Himmel gab, sondern noch eine Natur, die um mich herum ein Dach aus Ästen, Zweigen und Blättern bildete.
Es gab nur ein Ergebnis, zu dem ich kommen musste. Ich befand mich in einem Wald.
Um das genauer zu erkennen, setzte ich mich mit einem heftigen Ruck auf. Mit dem Atmen klappte es jetzt besser. Ich saugte die Luft tief ein und stellte fest, dass meine Lunge nicht mehr schmerzte.
Auch der Druck im Kopf ließ allmählich nach, sodass ich wieder zu mir selbst fand.
Dass dies keine normale Reise gewesen war, lag auf der Hand.
Ich war in eine Dimensionsschleuse geraten, die zwei verschiedene Welten miteinander verband.
Zum einen meine und zum anderen…?
Lange nachzudenken musste ich wirklich nicht. Eine Umgebung wie die kannte ich.
Aibon…
Die grüne Welt. Das Paradies der Druiden. Das Fegefeuer, wie immer man es nennen wollte. Dort war ich gelandet, und es beruhigte mich sogar.
Die Welt war nicht unbedingt mein Feind, obwohl es auch hier in Person des Guywano einen mächtigen Gegner gab. Nur lebte der im anderen Teil des angeblichen Paradieses, das mehr der Hölle glich und mit einer Welt der Elfen, Gnome, Nixen und Irrwischen nichts zu tun hatte. Hier befand ich mich in dem Reich, von dem unser größter Dichter Shakespeare wohl geträumt hat, als er seine wundersamen Komödien geschrieben und dabei die Welt der Menschen mit den Welten der Feen und Fabelwesen gemischt hatte.
Ich stand längst wieder und holte mein Kreuz hervor. In Aibon selbst war seine Kraft stark reduziert und möglicherweise auch gar nicht vorhanden.
Hier schon. Es gab mir den letzten Beweis, dass ich mich in Aibon befand, denn über das Silber legte sich ein grüner Schimmer, der mich auf diesen Ort hinwies.
Ich drehte wieder den Kopf und senkte ihn zugleich. Endlich kam ich dazu, mir den Ausgang dieses Dimensionskanals anzuschauen. Ich war in Wasser hineingestiegen und hätte eigentlich davon ausgehen müssen, durch das gleiche Element wieder nach außen zu treten. Das traf hier nicht zu. Zwar schimmerte die Oberfläche grün. Nur war es kein Wasser. Das sah ich auf den ersten Blick.
Ich wollte einen Test durchziehen. Nachdem ich mit einem Rundblick festgestellt hatte, dass mir keine unmittelbare Gefahr drohte, kniete ich mich nieder und untersuchte die Oberfläche genauer.
Das Antippen mit dem Zeigefinger bewies mir, dass sich eine zähe, beinahe schon geleeartige Masse gebildet hatte, in die ich beim besten Willen nicht eintauchen konnte.
Es passte mir nicht. Ich konnte mir sehr leicht vorstellen, dass der Rückweg versperrt war. So richtig allerdings nicht, denn ich sah das Ende des Dimensionsschachts.
Dort standen zwei Bekannte. Amelie Weber und Suko. Die Optik des Schachts war so angebracht, dass ich sie tatsächlich am Ufer stehen sah. Selbst in die Gesichter konnte ich schauen, aber ich sah auch die Verzweiflung darin. Zumindest bei Amelie war es deutlich zu erkennen.
Ich lächelte ihnen zu, obwohl sie mich sicherlich nicht sahen. Ich tat es auch meinetwegen, um mir Power zu geben.
»Keine Sorge, ich werde zurückkehren. Und das nicht allein, sondern mit Jenny.«
Das Versprechen hatte ich mir selbst gegeben. Jetzt hoffte ich natürlich, es auch einhalten
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