1315 - Das Lied von Blut und Tod
sich schon mal darauf vorbereiten kann?«
Sie hatte mit einer negativen und schnellen Antwort gerechnet.
Das passierte nicht, denn der Anrufer dachte nach.
»Okay, sagen Sie ihm, dass ich ihn holen werde. Mike wird kommen und ihn holen. Er wird ihn zerbeißen, hören Sie. Und dann werde ich sein Bullenblut trinken.«
»Ha? Was soll das denn?«
»Sagen Sie ihm, dass der Vampir angerufen hat und er von nun an keine ruhige Minute mehr haben wird.«
»Okay, Mike, sage ich ihm. Aber…«
»Kein Aber mehr. Ich werde ihn finden, das verspreche ich. Wenn nicht heute, dann morgen…«
Es war vorbei. Der Anrufer legte auf und ließ eine nachdenkliche Glenda Perkins zurück. Die Müdigkeit des langen Arbeitstages war vergessen. In den letzten Sekunden hatte sie einen regelrechten Adrenalinstoß bekommen, und sie merkte auch, dass ihre Hände etwas feucht waren. Was hatte dieser Typ gewollt? Wer war Mike?
Glenda wusste es nicht. Man hatte sie nicht eingeweiht. Es konnte sein, dass dieser Name mit dem Fall in Verbindung stand, dessentwegen John und Suko unterwegs waren. Sollte das wirklich so gewesen sein, hatten sie es nicht geschafft, den Fall zu lösen. Es blieb demnach noch ein Problem offen.
Glenda überlegte, was sie unternehmen sollte. Auf die leichte Schulter wollte sie den Anrufer nicht nehmen. Das tat keiner, der nur Spaß machen wollte. Wenn sie ihrem Gefühl nachging, glaubte sie schon, dass mehr dahintersteckte, denn die Stimme hatte nicht nur ernst geklungen, sondern auch hasserfüllt.
Genau diese Tatsache sorgte dafür, dass Glenda sich entschloss, den Geisterjäger anzurufen. Sie versuchte es in seiner Wohnung, wo nicht abgehoben wurde.
»Typisch«, murmelte sie vor sich hin. »Wenn man den Herrn mal braucht, ist er nicht zu fassen.« Leicht wütend schüttelte sie den Kopf und versuchte es mit einer anderen Nummer.
Sie rief John über dessen Handy an.
Da meldete er sich.
»Endlich«, sagte sie nur, »erreicht man dich. Wo, zum Teufel, steckst du denn?«
***
»Bestimmt nicht beim Teufel, Glenda. Es sei denn, du bezeichnest Suko, der neben mir im Wagen sitzt, als einen solchen.«
»Auf den Gedanken käme ich nie. Das wäre eher dein Part.«
»Du bist ja nett wie immer.«
»Das ist nun mal so, wenn man nach einem harten Arbeitstag noch durch einen Telefonanruf gestört wird.«
»Hat der was mit mir zu tun?«
»Und ob.« Sie legte eine kurze Pause ein und fragte dann:
»Kennst du einen Mike?«
Ich war schon leicht überrascht. »Hieß so der Anrufer?«
»Ja.«
»Und weiter?«
»Er suchte dich. Er war scharf darauf, dein Bullenblut zu trinken und was sonst noch…«
Ich unterbrach Glenda, auch wenn es nicht höflich war. »Jetzt ist mir alles klar. Ich weiß, von welch einem Mike du gesprochen hast.«
»Super, John. Dann sag mir nur, ob er ein Spinner ist oder nicht.«
»Eher nicht.«
»Dachte ich mir.«
»Und was hat er sonst noch gesagt?«
»Ich habe das Gespräch aufgenommen und kann es abspielen. Soll ich das tun?«
»Bitte.«
»Moment noch.« Glenda musste einiges richten. Dann aber konnte ich hören, was der Anrufer alles gesagt hatte. Suko hatte sich zu mir gebeugt. So konnte er mithören, was uns Mike zu sagen hatte.
Einen Freund hatten wir in dieser Person nicht eben gefunden.
Dieser Mike hatte nach seiner Befreiung schnell reagiert. Aber wir gehörten auch zu den Menschen, die verdammt oft Drohungen erhielten und damit leben konnten.
»Was ist denn deine Meinung, John?« hörte ich Glenda fragen.
»Kennst du den Typ?«
»Ja.«
»Woher?«
»Das spielt jetzt keine Rolle. Ich kenne nur seinen Vornamen und muss versuchen, mehr über ihn herauszubekommen. Suko und ich wissen, wie er aussieht. Deshalb werden wir auch nicht nach Hause fahren, sondern zum Yard kommen.«
»Aha, ihr wollt mich besuchen.«
»Das auch, wenn du noch da bist. Aber zuvor werden wir den Kollegen von der Fahndung auf den Geist gehen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass ein Typ wie dieser Mike schon irgendwie aufgefallen ist.«
»So sehe ich das auch. Kann ich noch was für euch tun?«
»Du kannst Feierabend machen, ein Bad nehmen, dich ins Bett legen und dann…«
Zisch!, tönte es an mein Ohr. Es war Glendas Antwort auf meinen Vorschlag. Dann legte sie auf.
Suko runzelte die Stirn. »Immer musst du sie ärgern.«
Ich steckte das Handy wieder weg. »Du weißt doch, Alter, was sich liebt, das neckt sich.«
»Aha. Wenn das so ist…« Mehr sagte er nicht, denn für uns ging es wieder zurück
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