1319 - Der Bote des schwarzen Tods
Monstrum, das wir kannten, war nicht unbedingt größer als ein Mensch gewesen, obwohl es sicherlich auch die Kraft gehabt hätte, einem Mann das Genick zu brechen.
Der erste Schreck war bei mir schnell verschwunden. Ich dachte wieder mehr wie ein Ermittler. Deshalb tastete ich mit dem Strahl der Lampe die Umgebung ab. Es war eine gute Idee gewesen. Ich sah den Grund für die schiefen und fast zu Boden gekippten Grabsteine. Der Erdboden um sie herum war aufgewühlt, doch nicht durch irgendwelche Spatenstiche, sondern von der entgegengesetzten Seite.
Jemand hatte die Tiefe verlassen und sich sein Opfer geholt.
Hatte der Mörder sich auch wieder in das Erdreich unter den Grabsteinen zurückgezogen?
Darauf wies nichts hin. Es gab überhaupt keinen Hinweis auf den Mörder. McCormicks Flüsterstimme drang durch meine Gedanken.
Ich verstand nicht, was er sagte. Der Mann sprach mehr mit sich selbst, bis ich den Kopf drehte und ihn anschaute.
»Ich denke, dass es besser ist, wenn Sie sich jetzt zurückziehen, Mr. McCormick.«
»Und Sie wollen bleiben?«
»Ich muss.«
»Der Mörder – nicht?«
»Ja, den werde ich suchen.«
Er bewegte den Kopf. »Haben Sie schon eine Spur? Ist Ihnen was aufgefallen?«
»Ja und nein. Wenn Sie sich den Boden anschauen, kann ich mir vorstellen, dass er aus der Erde gekommen ist. Dort muss er sich versteckt gehalten haben.«
Er war begierig auf eine Antwort gewesen. Diejenige, die er bekommen hatte, gefiel ihm nicht. »Das kann doch nicht sein. Wieso sollte sich ein Skelett von dieser Größe…«
»Pst!« Ich legte einen Finger auf die Lippen, und Flavio begriff. Er verstummte sofort.
Beide lauschten wir und hörten in der ansonsten wie still stehenden Luft jetzt das Rauschen. Es klang noch recht leise, aber es war nicht zu überhören.
»Was ist das denn?«
Diesmal gab ich McCormick keine Antwort. Ich handelte und holte zunächst das Kreuz hervor, das ich mir in die Tasche steckte.
Bei der Berührung war mir aufgefallen, dass es sich erwärmt hatte.
Der Gegner kam. Ich blickte über die Grabsteine hinweg. Dort allerdings tat sich nichts, aber darüber geriet die Luft plötzlich in Bewegung, oder es bewegte sich etwas durch sie. So genau war es in diesem grauen Zwielicht nicht zu deuten.
Ich sah einen Schatten.
Er war dunkel.
Zugleich schimmerte er.
Alle Eindrücke erwischten mich praktisch im Sekundentakt. Und ich sah auch die hellen Punkte, um die herum sich eine grauenvolle Fratze aufbaute. Ein ekliger Schädel mit einer ebenso ekligen Knochengestalt, die verdammt größer war als das normale Skelett, das wir am Bus erlebt hatten. Fast hatte ich den Eindruck, den Schwarzen Tod zu sehen. Das traf nicht zu, aber die Ähnlichkeit war frappierend.
Es flog auf uns zu. Von der Höhe her konnte es mit den Baumwimpfeln mithalten. Hinter mir zog sich McCormick zurück. Was er dabei flüsterte, verstand ich nicht, denn das gewaltige Knochenmonster senkte sich mir entgegen.
Der Schwarze Tod besaß eine Sense. Dieser knöchernde Unhold hier war verdammt gefährlich, denn wie auch der Schwarze Tod wollte er meine Vernichtung…
***
Justine Cavallo!
Ein anderer Name kam Suko nicht in den Sinn. Es war schließlich Justine gewesen, die einen Hinweis gegeben hatte, auch weil sie nicht wollte, dass andere Kräfte Überhand nahmen.
Aber die Blonde war eine Vampirin. Sie lebte vom Blut der Menschen. Auch wenn sie sich auf deren Seite schlug, musste sie einfach ihrem Trieb nachkommen. In diesem Fall war es Luke gewesen, der sein Blut verloren hatte und wie tot auf dem Boden lag.
Irgendwo war er auch tot, aber er »lebte« auf eine bestimmte Art und Weise trotzdem weiter, denn er würde kein normales Begräbnis bekommen, sondern diesen verdammten und uralten Gesetzen folgen und sich als Vampir erheben, um ebenfalls auf Blutsuche zu gehen.
Damit das nicht passierte und zahlreiche unschuldige Menschen in Gefahr gerieten, musste Suko etwas unternehmen. Er besaß die Waffen, um den Wiedergänger endgültig zur Hölle zu schicken.
Aber er konnte sich zugleich vorstellen, dass sich die Cavallo irgendwo in der Nähe aufhielt. Sie wollte schließlich herausfinden, ob sie einen Erfolg erreichte.
Er hätte auf den werdenden Vampir schießen können. Das verkniff Suko sich. Es gab noch eine andere Möglichkeit. Deshalb holte er die Dämonenpeitsche hervor.
Er schlug den Kreis.
Aus der unteren Grifföffnung glitten die drei Schlangen hervor.
So sahen die Riemen tatsächlich aus, in denen
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