1319 - Der Bote des schwarzen Tods
höher.
Sandro war nicht verrückt. Er dachte nur daran, dass man auf diese Art und Weise einen Menschen in den Wahnsinn treiben konnte. Was da aus der Erde stieg, das war einfach nur grauenvoll.
Er sah die dunklen Knochen eines gewaltigen Skeletts, von denen einige Erdklumpen abfielen und auf dem Boden liegen blieben.
Schaurig sah es aus, denn er bekam nicht nur die Schultern und Arme zu sehen, sondern auch einen Teil des Oberkörpers und vor allen Dingen den Kopf.
Das war kein Gesicht, das war eine Fratze. Ein unheimliches und grässliches Etwas, bestehend aus Knochen, die grünlich angestrichen zu sein schienen, und von dem Schädel strahlte sogar ein leichtes Leuchten ab.
Oder lag es an den Augen?
Das konnte sein, denn tief in den Höhlen irrlichterte eine gewisse Helligkeit. Erst jetzt fiel ihm auf, dass der Schädel dieses Wesens nicht völlig blank war. Auf ihm wuchsen dunkle, schmutzige Haare, die so dicht wie ein Pelz aussahen.
Und trotzdem war es ein Skelett. Ein großes Knochenmonster.
Ein Monster aus der Erde mit mörderischen Krallen, die durch die Luft schlugen.
Der Anblick trieb die Schmerzen aus seinem Kopf. Das Skelett war wichtiger. Er musste sich darauf konzentrieren, und ihm musste etwas einfallen, solange er noch die Chance hatte.
Die Klaue hielt ihn nicht mehr fest. Er wurde überhaupt nicht gehalten und besaß so eine gewisse Freiheit, die er auf jeden Fall nutzen wollte. Die Starre war plötzlich verschwunden, der Überlebenswille drang stärker in ihm hoch.
Er kämpfte noch gegen sich und seine Schwäche. Zu scheußlich war der verdammte Anblick, der ihn so chancenlos machte, und trotzdem brachte er es fertig, die Beine anzuziehen.
Dieser erste Erfolg beflügelte Sandro. Noch immer auf dem Boden liegend und das Gesicht durch Erde und Gras feucht geworden, drehte er sich zur Seite. Er war sich selbst gegenüber ehrlich genug. Ohne Hilfe würde er es kaum schaffen, auf die Beine zu kommen.
Der Grabstein, der in seiner Nähe stand, war nicht zu hoch.
Wenn er seinen Arm ausstreckte, konnte er ihn greifen, und so schlug er mit der Hand auf die obere Kante.
Genau den Halt benötigte er, um sich in die Höhe ziehen zu können.
Er schaffte es.
Sandro stand. Er stützte sich an dem Grabstein ab. Er merkte selbst, wie schwach seine Beine waren. Es würde ihm schwer fallen, die Füße zu bewegen, um zu flüchten. Es gab jedoch keine andere Möglichkeit. In einem Kampf wäre er hoffnungslos unterlegen, also musste er die allerletzte Chance nutzen.
Er lief weg.
Er taumelte dabei.
Es war schwer für ihn, sich auf diesem Gräberfeld zurechtzufinden. Es gab keine normalen Wege, denn überall hinderten ihn die Steine daran, normal voranzukommen.
Er war gezwungen, im Zickzack zu laufen und sich dabei immer wieder an den Rändern der Steine abzustützen. Er schaute nicht nach hinten und wollte das Monstrum nicht sehen. Die Erinnerung daran reichte ihm aus. Dass es die Erde hatte aufbrechen können, zeugte von seiner gewaltigen Kraft, die in ihm steckte, und bei seinem Erscheinen hatte Sandro auch die Grabsteine fallen sehen.
Das lag hinter ihm. Vor ihm war der Weg noch normal, auch wenn er aus einem Wirrwarr aus Steinen bestand und die Welt um ihn herum allmählich ein anderes Bild bekam.
Es begann zu dunkeln. Das große Tuch der Dämmerung schlich sich heran und sank allmählich immer tiefer.
Bei Sandro stieg die Panik. Jetzt waren die Grabsteine wie die Teile eines Labyrinths für ihn geworden. Er suchte verzweifelt nach einem Ausweg, und schaffte es in seiner Panik nicht, sich auf eine bestimmte Fluchtrichtung zu konzentrieren.
Weg, nur weg!
Der Schlag in den Bauch traf ihn hart. Nur war es keine Faust, die ihn gestoppt hatte. In seiner Unachtsamkeit war er gegen einen Grabstein gelaufen.
Er fiel nach vorn, und es gelang ihm im letzten Augenblick, sich zu fangen. Dann stemmte er sich ab. Er lief schwankend weiter und wusste trotzdem, dass er zu langsam war und es nicht schaffen konnte.
Die Angst war da. In diesem Zustand reagierte man nicht normal.
Das war auch bei ihm der Fall, und trotzdem drehte er sich noch einmal um, weil er schauen wollte, was sich hinter ihm befand.
Sandro hätte es nicht tun sollen!
Was er jetzt sah, das ließ ihn an seinem Verstand zweifeln. Das Skelett hatte jetzt vollständig den Erdboden verlassen und besaß tatsächlich die Gabe, sich in die Luft zu schwingen.
Der Leibwächter konnte nicht mehr laufen. Der Anblick war so fürchterlich, dass er
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