1333 - Im Bann des Psichogons
die Stimme des Schiffes.
Reginald Bull sah auf die Projektionsfläche. Sie schwebte vor dem mit bunten Blüten durchsetzten Gestrüpp, das am Rand seiner Wohnplattform wuchs. Im Hintergrund war noch immer das Sternenmeer am Rand der Galaxis Absantha-Gom zu sehen. Der Vordergrund war sternarm. Einer der wenigen nahen Sterne war eine rote Sonne vorn Spektraltyp K4. Die rote Sonne besaß fünf Planeten - das sah man nicht, aber die Seele des Schiffes wußte davon. Der zweite, von der Sonne aus gerechnet, war Pinnafor, eine warme, aber düstere Welt.
„Eine Hypothese, wie?" sagte Bull. „Sicher bist du dir deiner Sache nicht?"
„Die Wahrscheinlichkeit, daß du freundlich aufgenommen wirst, beträgt achtundneunzig Prozent."
„Damit kann man etwas anfangen", erklärte Bull befriedigt. Er warf einen kurzen Blick auf die Kalenderuhr. „Achtzehnter September, einundzwanzig Uhr Terrania-Zeit. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren."
„Das Fahrzeug, in dem du landest, muß deinen Anspruch auf Hilf- und Wehrlosigkeit unterstreichen", erklärte die Stimme des Schiffes. „Ich veranlasse das Nötige."
*
Scheinbar teilnahmslos starrte Reginald Bull auf das Bild der Planetenoberfläche, das langsam vor seinem Blick vorbeizog. Große, freie Flächen mit regelmäßigen, viereckigen Mustern, die auf die Verwendung als Acker- und Weideland hindeuteten, wechselten mit ausgedehnten Wäldern. Nahe dem Zentrum der großen Flächen lag gewöhnlich eine Siedlung, zumeist als Runddorf ausgebildet. Die größeren Siedlungen zählten nach Bulls Schätzung achtzig bis einhundert Häuser. Es gab aber auch solche, die nur aus wenigen, dafür weitläufigeren Gebäuden bestanden.
So mochte die mitteleuropäische Landschaft um das Jahr 1000 alter Zeitrechnung ausgesehen haben, ging es Bull durch den Sinn. Nur nicht so düster. Das Strahlungsmaximum des K4-Sterns lag im kurzwelligen Infrarot. Pinnafor erhielt von seinem Muttergestirn viel Wärme, aber nur wenig Licht. Ein trübroter Schein mit gelegentlich eingemischten orangefarbenen Tönen lag über der Szene.
Pinnafor besaß sechs Hauptkontinente und eine Anzahl großer Meere. Reginald Bull hatte seine Aufmerksamkeit von Anfang an auf den größten der Kontinente konzentriert, der von etwa zehn Grad nördlicher Breite bis in die Polarzone hinauf reichte. Das Beiboot der EXPLORER schwebte in vierzig Kilometern Höhe, unsichtbar und unhörbar für die, die dort unten lebten. Das Bild wurde von einer Serie von Teleskopen erzeugt, so daß der Eindruck entstand, das Fahrzeug bewege sich in einer Höhe von eintausend Metern.
Kommunikationstechnisch war Pinnafor eine stumme Welt. Die Geheimnisse der elektromagnetischen Strahlung hatten die Nafor noch nicht entschlüsselt. Es gab auch kein Straßennetz. Von den Siedlungen aus führten schmale Pfade zu den Feldern und Weiden hinaus, aber sie endeten spätestens am Saum des Waldes. Das Bild rundete sich: Jede Siedlung stellte eine politische Einheit dar. Die Infrastruktur, Grundbedingung für das Entstehen größerer soziopolitischer Einheiten, fehlte völlig.
Reginald Bull hatte seine Wahl getroffen. Auf einer Fläche, die die Form eines unregelmäßigen Vierecks hatte und deren größte Dimension, annähernd von Ost nach West zielend, 60 Kilometer betrug, lag eine Siedlung, die aus zirka 120 Gebäuden bestand. Es war die größte, die man bisher gesehen hatte. In der Nähe dieser Siedlung würde das Boot zu Boden gehen. Bull betastete das Band, das er um die Stirn trug. Es verhüllte das verräterische rote Mal. Nicht daß er das Zeichen des Toshin vor den Nafor hätte verbergen wollen - er wollte nur den Zeitpunkt, da er sich als Geächteter präsentierte, selbst bestimmen.
Er sah sich um. Zu seiner Rechten saß Gutman Tierrez in seiner charakteristischen Haltung: ein wenig vornübergebeugt, den Kopf gesenkt, die Augen halb geschlossen.
Gutman Tierrez war ein kleiner, drahtiger Mann mit bronzefarbener Haut und kurzen, blauschwarzen Haaren. Gutman bildete sich viel darauf ein, einer der Letzten des großen mittelamerikanischen Volkes der Olmeken zu sein.
Auf seiner Linken hatte Bull Sajeed Arrhamaan. Sajeed war lang und dürr, seine Haut ebenfalls bronzefarben, jedoch mit einem Stich ins Olivgrüne. Sajeeds ganzer Stolz war ein dreieckiges Kinnbärtchen. Er hatte schwere, bläulich gefärbte Lider, die die Augen stets zu einem Drittel bedeckten. Infolgedessen sah er stets müde aus.
Ganz im Gegensatz Mana Io Ana, die die
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