1341 - Der Spion von Kumai
Panoramaschirm zeichnete sich eine schattenhafte Kontur ab. Sie war fast achthundert Meter lang und in langsamer Kreiselbewegung begriffen. „Eine UMBALI-Endstufe", staunte Bull. „Jetzt verstehe ich auch. Demnach ist gerade eine neue Ladung Paratau aus Pinwheel eingetroffen. Und wir kommen ihnen dabei in die Quere ... Eine ideale Gelegenheit zur Spionage!" Er rieb zufrieden seine Hände. „Zuerst muß alles klappen", wiegelte Lavoree ab. „Das wird es - und wenn nicht, seid immer noch ihr im Orbit."
„Ein neuer Anruf von Dri-Mei-H'ay!" Das war der Mentor der EX-PLORER. „Übernimm du, Stronker", erwiderte Bull. „Was bei den Verhandlungen herauskommt, ist mir egal.
Hauptsache, ich werde mit den beiden Kartanin-Espern hinuntergebracht." Und, Lavoree zugewandt: „Ich könnte jetzt Hilfe brauchen. Wie ist es mit dir?"
„Warum nicht?" antwortete die Frau zögernd. „Stronker kommt hoffentlich ohne mich klar."
„Keine Angst. Das regelt er spielend."
Gemeinsam suchten sie den Schleusenraum auf, worin Bull die beiden Esper untergebracht hatte.
Die „Seele" des Virensegments hatte ihnen gerade eine Schlaf/Dunkelheit-Phase geschaltet.
Trotzdem gewahrte Bull ziellose Bewegungen - die Kartanin litten Schmerzen.
Ein Lagerraum nebenan beherbergte ein simples Gestell. Darin lag die Maske aufgebahrt, in der er sich bei den Kartanin von Kumai einschleichen wollte. „Du mußt aufmerksam sein, Lavoree. Es bleiben nur fünf Minuten Zeit. Ich will in der Hälfte fertig sein. Zunächst ziehen wir den Füllkörper aus der Hülle."
Er schob die versiegelten Ränder des Mittelschlitzes beiseite. Darunter kam sein Körperabdruck zum Vorschein. Inzwischen war die halbelastische Masse grau angelaufen, aber Bull dachte sich nichts dabei. Er griff mit beiden Händen zu. Lavoree schob indessen den Maskenstoff beiseite. Nach kurzem Zerren und Rücken lag nur noch ein schlaffer Lappen im Gestell -den Abdruck hatte er achtlos beiseite gelegt. „Jetzt hinein mit mir ...", murmelte er. „Hoffentlich hat Irmina gute Arbeit geleistet."
„Ich glaube nicht, daß du dir darum Sorgen machen mußt", antwortete Lavoree.
Bull gab ihr im stillen recht. Etwas zuversichtlicher legte er seine Kombination ab. Nur mit leichter Unterwäsche bekleidet, schob er zunächst die Beine vor und ertastete einen möglichst korrekten Sitz. Alles lief ohne Komplikationen. Das Innenmaterial der Maske lag sanft haftend am Körper und würde weder erschlaffen noch Falten werfen.
Anschließend unterzog er sich mit Armen, Schultern und Rumpf der gleichen Prozedur. Eine Minute. „Du hast deine Geräte vergessen, Bully. Ich werde die Innentaschen nicht finden."
Fluchend zog er den rechten Arm zurück. Lavoree reichte ihm nacheinander den kleinen Paralysator, den er unter der linken Achselhöhle verstaute, dann den Psikom, der über dem Kehlkopf Platz fand, und zuletzt einen Vocoder, der seine Stimmlage verzefren würde.
Nahrungsbehältnisse waren bereits in den Fußsohlen eingebaut. Sie konnten ihn, falls notwendig, per Infusion mit allem Nötigen versorgen. „Das ist alles, Bully." Wortlos schloß er die Maske über seinem Kopf. Die Sauerstoffzufuhr war okay. „Kannst du mich hören?"
„Perfekt! Jetzt klingst du wie eine der Kartanin-Esper."
„Dann können wir die Maske schließen. Du mußt die Bioplaststreifen abziehen. Anschließend sorgst du dafür, daß beide Schlitzkanten aufeinanderliegen."
Die Frau folgte genau seiner Anweisung. Innerhalb weniger Augenblicke hatte sich der Riß geschlossen. Bull verfolgte auf einer spiegelnden Fläche, wie Pelz über die Narbe wuchs und sie schließlich spurlos verhüllte. „Steh auf, Bully!"
Mühsam erhob er sich. Er tat ein paar stelzende Schritte. Bis zur Übergabe mußte er gewohnt sein, die Maske zu bewegen. Ein großes Problem sah er nicht darin; waren doch auch die beiden Kartanin-Esper in ihrer Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt. „Also dann: auf in die Zentrale!" meinte er. Von der Maske verborgen, schaute er lange in Lavorees schwarze, mandelförmige Augen. Ein wenig erinnerte sie ihn an Irmina. Auch die langen schwarzen Haare waren ganz ähnlich ...
Mit einem Kopfschütteln verscheuchte er den Gedanken. „Du könntest mir Glück wünschen, Lavoree."
„Das werde ich, Bully.
3.
Eine knappe Stunde später befand er sich bereits an Bord der LOVELY &BLUE.
Stronker Keen hatte ungünstige Bedingungen akzeptieren müssen. Außer Bull war lediglich ein Besatzungsmitglied
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