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135 - In der Falle

135 - In der Falle

Titel: 135 - In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Frauenstimme.
    Jenny richtete sich auf. Alle Knochen taten ihr weh. Auf dem Podest stand die neue Königin neben von Leyden und Tilmo. Sie richtete einen Strahler auf den Kopf des Jungen.
    »Gib dich wieder in meine Hände, oder ich exerziere dir an dem Knaben hier vor, auf welche Weise ich deine Tochter töten werde!«
    Jenny ballte die Faust, biss hinein, weinte. »Matt, wo bleibst du…« Zwei, drei Minuten brauchte sie, um wieder Herr ihrer selbst zu werden. Dann hob sie Blick und Stimme. »Gib mir… gib mir eine Stunde Bedenkzeit…!«
    »Hörst du nicht, was ich sage?« Königin Rauna packte Tilmo am linken Ohr und riss daran. Der Junge brüllte vor Schmerzen. »Du kommst sofort, oder er stirbt!«
    »Ja, ja…« Tränen strömten über Jennys Gesicht. »Ich komme sofort…«
    Sie gab auf. Entweder kam Matt jetzt, oder er ließ es für immer bleiben. Sie wankte durch den dunklen Gang, stolperte die Wendeltreppe hinunter, erreichte den Ausgang.
    Am offenen Fenster, innen vor dem Gitter, saß ein Batera.
    Jenny stürzte zu ihm hin. Eine Nachricht! Ihre Finger zitterten, trotzdem gelang es ihr, das Leder zu lösen.
    Doch was war das? Sie blinzelte, versuchte durch den Tränenschleier hindurch zu erkennen, was da am anderen Bein des Batera befestigt war. Eine Spritze? Wieso eine Spritze…?
    Sie zog die Nase hoch, spuckte aus und wischte sich die Tränen aus den Augen, bis sie die Nachricht auf dem Leder entziffern konnte: Möglicherweise schaffen wir es nicht rechtzeitig, dann kommt alles auf Sie an, Lieutenant Jensen…
    ***
    Bloß jetzt nicht sterben…
    Irgendwann in den letzten Nachtstunden tauchte sie vom Grund des Flusses auf und kletterte in die Uferböschung. Sie war ein paar Kilometer weit getaucht, nachdem sie von der Brücke gesprungen war. In ihrer Echsengestalt verfügt sie über Kiemen, die ihr ein Leben unter Wasser ermöglichten.
    Sie blickte um sich.
    Keine Suchscheinwerfer in unmittelbarer Nähe, keine Rufe, keine Schritte zu hören. Am Nachthimmel kreisten Helikopter. Sirenen heulten irgendwo in der Stadt.
    Während sie sich die nassen und verkohlten Uniformreste vom Körper schälte, musste sie an den Leq denken. Vermutlich war er ausgelöscht.
    Ihre Gattung war stark und widerstandsfähig, aber Temperaturen jenseits der fünfhundert Grad in einem offenen Feuer konnten auch die neuen Trägerorganismen nicht über längere Zeit aushalten. Des Sauerstoffmangels wegen.
    Schade um Ora’leq’tarquan; wirklich schade. Er war ein viel versprechendes Individuum gewesen.
    Sie warf ein Knäuel nassen, verbrannten Stoffs in den Fluss, richtete sich auf und stieg die Böschung hinauf. Die Uferpromenade war menschenleer, die Straßen und Gassen hinter ihr wie ausgestorben. Immer bereit, in irgendeinen Hausgang, irgendeine Hofeinfahrt flüchten zu müssen, schlich Est’sil’aunaara durch die Straßen. Der Morgen graute. Seltsam: Noch immer waren keine Menschen zu sehen, nicht einmal Fahrzeuge fuhren vorbei.
    An einem Schaufenster blieb sie stehen. Monitore waren darin ausgestellt. Auf allen sah sie dasselbe Bild: Eine lebende Fackel rannte über eine Kreuzung auf eine Brücke und sprang über das Geländer. Ein Außenlautsprecher übertrug die Stimme des Kommentators: »… Lebensgefahr. Niemand weiß, wo die Außerirdischen sich momentan aufhalten, ob sie tot sind oder irgendwo Unterschlupf gefunden haben. NATO-Truppen haben die Stadt abgeriegelt und begannen nach Mitternacht, sie zu durchkämmen. Der Senat ordnete noch am Nachmittag eine nächtliche Ausgangssperre an. Ab zwanzig Uhr…«
    Est’sil’aunaara sah an sich hinunter: Brandwunden bedeckten ihren weiblichen Menschenkörper. Sie lief weiter.
    Die Sonne ging auf, Menschen zeigten sich wieder auf den Bürgersteigen, Autokolonnen rollten die Straße entlang.
    Niemand nahm Notiz von ihr. Also waren sie alle vom Virus infiziert. Wenigstens das…
    Wieder fand sie ein Schaufenster mit Monitoren, und wieder sah sie sich selbst brennen und in den Fluss springen. Was hatte der Sprecher gesagt? Niemand wusste, wo die Außerirdischen sich aufhielten? Das konnte doch nur heißen, dass Ora’leq’tarquan überlebt hatte…
    Sie erreichte die Fußgängerzone. Überall waren Menschen unterwegs, doch niemand störte sich an ihrer Nacktheit. Konnte die Beeinflussung denn so weit gehen? Mit einem derartigen Erfolg hatte sie nicht gerechnet.
    Ein Mann kam auf sie zu. Er telefonierte. »Für Sie, gnädige Frau«, sagte er und reichte ihr sein Mobiltelefon. Sie

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