1352 - Die schwarzen Schiffe
ihr ihn gefangen und nicht getötet habt."
„Ja, ich mußte meinen ganzen Einfluß gebrauchen. Viel hätte nicht gefehlt, und uns wäre nichts geblieben als eine Leiche." Kaekkata verzog sein behaartes Rundgesicht zu einer Karikatur menschlichen Lächelns. Es war eine Geste, die er Nerva-Than abgeschaut hatte, denn eigentlich gab es dafür in der Physiognomie seiner Rasse keinen Platz. „Inzwischen glauben sie", fuhr er fort, „daß ich ihnen überlegen bin. Das ist dein Verdienst, Große Frau."
„Sag das nicht, mein Lieber. Wenn deine Leute glauben, du seist ihnen überlegen, dann mit Recht. Du weißt viel mehr als sie."
„Was ich von dir gelernt habe, Nerva-Than."
Eine Berührung an der Schulter ließ sie zusammenzucken. Narktor hatte sich von hinten genähert und drängte nun darauf, Näheres über die Umstände der Gefangennahme zu erfahren. „Kannst du mit diesem Kaekkata wirklich so gut reden, wie es sich anhört?" wollte er wissen. „Wenn ja, dann frage ihn doch mal, wie sich das Ganze zugetragen hat. Ich will vor allem wissen, ob wir im Wald mit Suchkommandos der Fremden rechnen müssen."
„Du hast recht." Nerva-Than wechselte mühelos in die obertonreiche Sprache der Affenartigen. Kaekkata erklärte sich bereit, die Sache von Beginn an zu schildern. „Nachdem wir einen Teil unserer abgesprochenen Vorbereitungen erledigt hatten, blieb etwas Zeit übrig.
Drei der Unseren hielten das fliegende Haus der Todesbringer unter Beobachtung, und vor zwei Tagen sahen sie, wie ein paar von ihnen einen Erkundungsgang entlang des Strandes unternahmen. Ich beschloß, den Todesbringern zu folgen. Sechs meiner Sippe begleiteten mich. Schon bald kamen die Todesbringer zu den Klippen ..." Dabei zeigte einer seiner langen, dichtbehaarten Greifarme in die entsprechende Richtung, „und trennten sich, um sie genauer zu untersuchen."
„Er soll zur Sache kommen!" flüsterte Narktor von hinten. „Sei still!" wies in Nerva-Than zurecht. „So ist nun einmal die Art der Kekkerek. Lange Reden - aber hinterher weiß man immer, was tatsächlich geschehen ist."
Kaekkata hörte dem für Kekkerek unverständlichen Disput geduldig zu. Als Narktor schwieg und Nerva-Than sich ihm wieder zugewandt hatte, fuhr er fort: „Wir sind den Todesbringern gefolgt, ohne daß sie uns sehen konnten. Einer der ihren wagte sich sehr nahe an den Klippenrand. Wir näherten uns unterhalb der Klippe; dort wachsen ein paar Bäume, nicht groß, aber genug zum Klettern. Als der Todesbringer nahe genug war, warf ich ein Seil und brachte ihn zu Fall. Er schrie - doch wir fingen seinen Körper auf, hielten seinen Mund zu und verbargen ihn im Blattwerk, wo es dicht genug war."
„Und die Gefährten des Todesbringers?" wollte Nerva-Than wissen. „Sie kamen herbeigerannt, aber sie fanden nichts." Kaekkata wirkte denkbar zufrieden. „Natürlich glauben sie, er sei unvorsichtig gewesen und ins Meer gestürzt."
„Das ist gut... Sehr gut. - Sie denken, der Fremde sei ertrunken", erklärte die Frau Narktor und Wido Helfrich. „Das bedeutet, wir haben keinerlei Suchkommando zu fürchten. Ein kluger Schachzug. Sagt selbst: Hättet ihr diesen >Affen< genügend Umsicht zugetraut?"
Keiner von beiden Männern gab Antwort, und so konnte sich Nerva-Than denken, daß sie beschämt waren. Das nächste Mal würden sie genauer nachdenken, bevor sie wie am Außenposten Kekkerek-Kolonien gedankenlos in Gefahr brachten. „Was fangen wir jetzt an?" erkundigte sich Wido Helfrich. „Nehmen wir unsere SERUNS und spionieren die schwarzen Schiffe aus? Oder verhören wir zunächst den Fremden?"
„Ein Verhör kostet viel Zeit", gab Narktor zu bedenken. „Die Translatoren unserer SERUNS sind nicht gerade Spitzenmodelle."
„Übertreibe nicht", bat sich Nerva-Than aus. Zwar reichte die Leistung der Translatoren nicht im entferntesten an stationäre Geräte heran - aber kleine Wunderwerke waren sie allemal. „Du vergißt, daß ich neben meiner ingenieurtechnischen und fremdpsychologischen Bildung auch Kenntnisse in Sprachwissenschaften besitze. Du wirst sehen: Gib mir einen oder zwei Tage Zeit, dann kannst du dich einwandfrei mit diesem Kerl unterhalten. Wenn es ein Kerl ist und keine Dame ..."
Narktor lachte sarkastisch. „Na, da habe ich aber andere Auffassungen von damenhaftem Benehmen."
„Andere Völker, andere Sitten", meinte Wido Helfrich, was ihm einen giftigen Seitenblick seines Gefährten eintrug. „Wie ist es nun?" fragte sie. „Bekomme ich die Zeit?"
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