1352 - Die schwarzen Schiffe
den Erdboden. Im Tageslicht dauerte es nicht einmal zwanzig Minuten, dann hatten sie den Anfang der verbrannten Zone erreicht. Die schwarzen Schiffe standen noch immer dort, wo sie vor fünfzehn oder sechzehn Tagen gelandet waren. Narktor hatte sie Zigarrenschiffe genannt, aber von nahem erkannte Nerva-Than, wie sehr der Begriff in die Irre führte. In Wahrheit handelte es sich um einen konisch verjüngten Zylinder, der offenbar das Heck bildete und die Hälfte der Länge einnahm, ein Mittelschiff von ähnlicher Form, jedoch um einen Maßstab eins zu zwei verkleinert, und einen Bugteil, der nach vom in einer stumpfen Spitze endete.
Narktor lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Hypertrop-Zapfer. „Schau mal, dort hinten, etwas abseits ...
Sie haben die Anlage fast demontiert. Keine schlechte Leistung, wenn man bedenkt, daß der Zapfer ihnen vollkommen fremd sein muß."
„Du hast recht." Nerva-Than warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. Mit ihrer ingenieurtechnischen Ausbildung wußte sie natürlich bestens einzuschätzen, wovon sie sprach. Nicht umsonst hatte sie auf Archetz, der Hauptwelt aller planetengebundenen Springer, die Xenoform-Abteilung einer Reparaturwerft geleitet. „Was glaubt ihr, wie lange sie noch brauchen werden?" wollte Wido Helfrich wissen. Seine Stimme klang gedämpft, obwohl Rücksicht in so großer Entfernung vom Landeplatz der schwarzen Schiffe kaum nötig war. „Das siehst du doch", gab Narktor streitlustig zurück. „Maximal zwei bis drei Tage - die Schaltanlagen stehen noch zur Hälfte. Vielleicht will man zusätzlich das Fundament mitnehmen."
„Ganz sicher sogar", ergänzte Nerva-Than. „Wer eine fremde Technik begreifen möchte, gibt sich nicht mit halben Sachen zufrieden. Sie werden also auch das Fundament ausheben und in die Schiffe verladen. Ich denke, daß uns ungefähr drei Tage bleiben."
„Und bis dahin?"
„Ganz klar: Ich arbeite zwei Tage lang mit dem Gefangenen und versuche herauszuholen, was herauszuholen ist. Und in der Nacht zum dritten Tag steigt eure Aktion. Dann könnt ihr euch näher mit den schwarzen Schiffen beschäftigen, was immer auch dabei herauskommen mag."
„Das gefällt mir nicht", sagte Narktor. „Sie könnten praktisch jederzeit die Nase voll haben und abziehen."
„Ach was!" unterbrach Wido Helfrich. Er schaute Narktor an, als habe sich der stämmige Mann soeben unsterblich blamiert. „Natürlich lassen wir eine Wache zurück."
„... eine Wache mit Funkgerät..."
Narktor grinste. „Jemand, der zumindest etwas von technischen Vorgängen versteht, wenn's auch nicht viel ist. Mit einem Wort: Wido, du bleibst hier."
Nerva-Than schaute verwirrt von einem Mann zum anderen. Dann aber begriff sie, daß soeben ein subtiler Machtkampf stattgefunden hatte, und zwar mit Narktor als Sieger. „Wenn das jetzt alles war - nichts wie an die Arbeit!"
Wie abgesprochen, ließen sie Wido Helfrich am Landeplatz der Fremden zurück. Notfalls konnte der Terraner sie per Richtfunk von neuen Entwicklungen in Kenntnis setzen.
Auf dem Rückweg sprachen Nerva-Than und Narktor kaum ein Wort. Die Gedanken der Frau kreisten in erster Linie um ihren Gefangenen; war sie tatsächlich imstande, in so kurzer Zeit eine vernünftige Kommunikation mit ihm aufzubauen? Es ging ja nicht allein um das Sprachproblem. Man mußte den Fremden erst einmal zum Sprechen bringen, dann würde sie im Verein mit dem Kleinsttranslator des SERUNS schon weiterkommen.
Als sie anlangten, herrschte im Baumhaus brütende Hitze. Drei kleine, nur schwelende Brandherde verbreiteten zusätzlich zum Tageslicht düsteres Leuchten. Die meisten Kekkerek hatten deshalb den Innenraum verlassen und hielten sich irgendwo inmitten der Baumkrone auf. Nerva-Than konnte sie verstehen - doch die neue Konstruktion, die sie gemeinsam mit ihrem Schützling Kaekkata realisiert hatte, war kaum mehr feuergefährdet. „Nun zu dir", murmelte sie, den Blick fest auf den Gefangenen gerichtet. Sie durfte sich von seinem starren Blick und den kleinen, tief in den Höhlen liegenden Augen nicht irritieren lassen. „Hast du Durst?
Basiert dein Organismus überhaupt auf Wasser? Sprich mit mir, und um so eher kannst du deinen Durst löschen."
Stand es denn fest, daß der Fremde ihre Worte nicht verstehen konnte? Sie wußte ja nicht einmal, ob sein Gehör ihre Stimmbandfrequenz überhaupt aufnahm. Sie wußte nicht, ob es sich um ein männliches oder weibliches Wesen handelte, ob es vielleicht eingeschlechtlich war oder gar ein
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