1362 - Die Rivalin
umgedreht. Ihre Begrüßung beeinträchtigte mich nicht. Ich erkundigte mich, ob sie etwas entdeckt hatte.
»Nein, die Straße ist leer. Mehr kann ich dir auch nicht sagen. Aber das heißt nichts. Ich traue ihr alles zu.«
»Klar, du kennst sie am besten.«
»Stimmt.«
Ich blieb noch an der Tür stehen. »Hast du eine Vorstellung davon, wie sie dich umbringen würde? Vielleicht durch einen Pfahl, den sie dir ins Herz rammt?«
»Sicherlich nicht. Wir haben oft darüber gesprochen, wie man uns vernichten kann. Und da hat sie immer auf eine Methode gesetzt. Keine geweihten Kugeln, sondern etwas ganz Archaisches. Sie hat stets von einem Schwert oder von einer ähnlichen Waffe gesprochen.« Justine grinste jetzt. »Jedenfalls von einem Ding, mit dem man jemand einen Kopf kürzer machen kann.«
»Wie sinnig.« Mein Mund verzog sich zu einem dünnen Lächeln.
»Nur habe ich bei ihr weder ein Schwert noch eine ähnliche Waffe gesehen.«
»Das muss nichts heißen.«
»Okay.«
Ich ließ sie allein und wandte mich der Treppe zu. Zwei Sekunden später wusste ich, dass Justine mir nicht folgen würde, und deshalb ging ich den Weg allein.
Es passierte nichts, und es hatte auch nicht den Anschein, als würde etwas passieren, trotzdem war ich auf der Hut und schritt die Treppe sehr leise hinab.
Ich ging in die Stille hinein, der ich allerdings nicht traute. Im Flur unten brannte nur schwaches Licht, trotzdem war genug zu erkennen.
Der Flur lag leer vor mir, so weit ich ihn einsehen konnte. Und doch traute ich dem Frieden nicht. Da meldete sich wieder meinem Bauchgefühl, und ich merkte auch, dass sich das Kreuz leicht erwärmt hatte. Das konnte auch daran liegen, dass ich Justine Cavallo vordem recht nahe gekommen war.
Mein rechter Arm hing am Körper herab. Die Beretta hielt ich ebenfalls fest. Es war so still, schlimm still. Dem Beweis hatte ich nicht bekommen, meinem Gefühl nach allerdings konnte sich Camilla im Haus aufhalten.
Noch drei Stufen…
Auch die ging ich. Noch aufmerksamer als zuvor. Ich dachte daran, dass es hier unten auch Verstecke gab. In den normalen Zimmern, dem Bad, in der Küche – und im Flur?
In den sprang ich von der letzten Stufe aus hinein, wäre beinahe gegen die Wand geprallt, riss meine Waffe hoch, drehte mich um die eigene Achse – und schaute in einen leeren Flur hinein. Weder links noch rechts passierte etwas.
Ich atmete auf.
Meine Spannung und Aufregung waren umsonst gewesen. Diesmal hatte mir das Bauchgefühl einen Streich gespielt, was ich allerdings nicht als besonders tragisch ansah.
Wohin zuerst?
Ich wollte die Räume hier unten durchsuchen und entschied mich für die Küche, weil sie der Eingangstür am nächsten lag. Danach würde ich auch die anderen Zimmer überprüfen.
Ich ging auf die Küche zu. Nicht entspannt, aber entspannter. Die Tür war nicht geschlossen. In ihrer Nähe merkte ich auch den Windzug, der durch das zerstörte Fenster wehte.
Moment mal.
Das Rollo hing davor!
Ich blieb auf der Stelle stehen, drehte aber den Kopf so weit nach links, um das Fenster sehen zu können. Es war offen. Das Rollo hing schief nach unten. So hatte es Jane bestimmt nicht hinterlassen.
Dann ging alles blitzschnell.
Vor mir tauchte eine schattenhafte Gestalt auf. Ich hörte einen Schrei und sah etwas blinken.
Im Bruchteil einer Sekunde schoss mir durch den Kopf, was Justine gesagt hatte.
Ein Schwert, um den Kopf abzuschlagen!
Diese Warnung sorgte bei mir für einen gewaltigen Satz nach hinten. Ich prallte mit dem Rücken gegen die Flurwand und stieß mir auch den Kopf, was mich für einen Moment irritierte.
Camilla stürmte aus der Küche. Mit einem Schwert war sie nicht bewaffnet, doch die Machete war eine ebenso gefährliche Waffe. Mit beiden Händen hielt sie sie fest und hatte sie in die Höhe gerissen.
Sie schlug so schnell zu, dass ich nicht dazu kam, meine Beretta einzusetzen. Ob die Klinge direkt auf mich gezielt war, bekam ich nicht mit. Ich war in Richtung Tür gehechtet und hatte damit genau das Richtige getan.
Das Blatt der Machete fand kein Ziel. Es sei denn, man sah die Wand als ein solches an.
Camilla wollte nicht mich, sondern Justine. Sie blieb nicht in meiner Nähe, sondern huschte nach links und rannte mit schnellen Sprüngen der Treppe entgegen.
Ich rappelte mich wieder auf, doch sie war bereits verschwunden, und ich hörte nur ihre gellende Stimme.
»Justine – endlich…!«
***
Mir war bei meiner Aktion so gut wie nichts passiert, an den
Weitere Kostenlose Bücher