1365 - Belials Lügenwelt
begleiten…«
***
Purdy Prentiss reagierte nicht sofort. Sie stand nur da und dachte nach. Den Namen hatte sie irgendwann mal gehört. Darunter vorstellen konnte sie sich nichts, allerdings hatte der Name bei ihr wohl keinen sehr positiven Klang hinterlassen. Darüber konnte auch das Lächeln der Person nicht hinwegtäuschen.
Ihr gefiel die gesamte Frau nicht. Sie war so anders. Zwar perfekt hübsch und glatt, doch hinter der Fassade lauerte etwas anderes, das das glatte Gegenteil darstellte.
Auch die dünne Lederkleidung mit dem weiten Ausschnitt gefiel ihr nicht. Es wirkte zwar nicht billig, aber irgendwie provozierend und nur auf Effekte bedacht.
»Ja, ja, das sehe ich.« Über die Antwort ärgerte sich Purdy selbst.
Etwas Besseres war ihr nicht eingefallen.
»Vielleicht kann sie uns helfen.«
Purdy hatte den Weg noch nicht freigegeben. Sie war nicht besonders sensitiv, doch in diesem Fall spürte sie schon den Strom an negativer Energie, der von Justine Cavallo ausging. Deshalb schüttelte sie auch den Kopf und fragte: »Wer ist sie genau?«
Jane stieß die blonde Bestie an. »Willst du dich outen?«
»Soll ich denn?«
»Es wäre besser.«
»Okay, Purdy, dann schau mal genau zu. Sieh auf meinen Mund, das ist wichtig.«
Sie wollte es nicht tun, doch die Worte waren irgendwie wie ein Zwang gewesen, und so sah sie, dass die Blonde die Lippen zurückschob und ihre obere Zahnreihe freigelegt.
Zuerst war nichts Besonderes zu sehen. Bis die Oberlippe noch weiter hinaufgeschoben wurde, damit alle Zähne freilagen.
Auch die beiden längeren, die wie kurze, weißgelbe Dolche wirkten und feucht schimmerten.
Der Staatsanwältin stockte das Blut in den Adern. Ein Kommentar wurde ihr von einer unsichtbaren Kraft von den Lippen gerissen. Sie hatte das Gefühl zu fallen und musste sich am Türrahmen festhalten.
Eine Frau, die zugleich ein Vampir war. So musste es sein, denn Purdy ging nicht davon aus, dass Jane Collins eine Besucherin mitgebracht hatte, die sich mit einem Vampirgebiss verkleidete.
Der leichte Schwindel ging vorbei, und ihr blasses Gesicht erhielt auch wieder etwas Farbe.
»Wenn du Jane rufst, musst du auch mit mir rechnen«, erklärte Justine im Brustton der Überzeugung. »Das ist nun mal so. Es haben sich grundlegend neue Verhältnisse ergeben.«
»Stimmt das, Jane?«
»Hin und wieder«, gab die Detektivin zu.
Justine stellte eine andere Frage. »He, willst du uns nicht endlich reinlassen? Du hast doch Probleme und kannst sie allein nicht lösen. Was ist also?«
»Ich habe Besuch«, flüsterte Purdy.
»Oh, sind Sinclair und Suko…«
»Nein, es handelt sich nicht um sie. Der Junge heißt Bruce Everett. Er ist erst zwölf Jahre, und ich bitte euch, darauf Rücksicht zu nehmen.«
»Machen wir«, sagte Jane.
Justine aber lachte. »Warum sollten wir? Jungen in dem Alter mögen Vampire. Und ich mag ihr Blut…«
Jane schlug ihr gegen die Kehle. »Hör auf, verdammt, sonst…«
Justine fauchte sie an. Sie hatte ihren Mund jetzt so weit wie möglich aufgerissen. »Was ist sonst, he? Los, sag es! Willst du mir drohen? Du weißt, dass ich das hasse. Man kann mir nicht drohen, und du schon gar nicht. Ohne mich würdest nicht mehr leben. Dann hätte meine Schwester Camilla dein Blut getrunken. Erst als ich sie tötete, warst du sicher. Ich hoffe, du vergisst das nicht.«
Purdy Prentiss hätte die Tür am liebsten wieder zugeschlagen. Zugleich wusste sie, dass sie damit nicht weiterkam. So gab sie schweren Herzens den Weg frei.
Jane betrat die Wohnung hinter der Cavallo. Mit einer entschuldigenden Geste hob sie die Schultern an. Purdy verstand das Zeichen und murmelte: »Keine Sorge, es ist schon okay.«
Justine Cavallo war nicht in eines der Zimmer gegangen. Sie wartete im Flur, schaute sich um und verhielt sich wie jeder andere Besucher auch, der zum ersten Mal eine fremde Wohnung betrat.
»Nett hier.«
»Danke«, erklärte Purdy steif.
»Und wo ist jetzt der große Maler?«
»Ich gehe vor«, sagte Purdy.
Als sie die beiden Besucherinnen passiert hatte, schloss sie für einen Moment die Augen und sandte ein Stoßgebet gen Himmel. Sie hoffte, dass alles glatt gehen und diese Cavallo nicht von einem Blutrausch befallen wurde.
Bruce Everett saß noch auf seinem Platz. Er hatte sich ein Glas Saft eingeschenkt, trank und verdrehte die Augen, als die drei Frauen das Zimmer betraten.
Purdy hatte sich zu einem Lächeln entschlossen und hoffte nur, dass es nicht zu krampfhaft
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