1365 - Belials Lügenwelt
begriff. Ich sah ihn knapp lächeln, dann kam er auf mich zu. Es war eine kurze Strecke. Bereits nach dem dritten Schritt hätten wir uns anfassen können müssen.
Das Phänomen war wirklich einzigartig. Unsere Hände trafen sich nicht. Wir griffen praktisch durch uns hindurch, und jeder von uns zischte einen leisen Fluch.
In der nächsten Sekunde schritten wir aneinander vorbei oder durch uns hindurch. Was nun genau stimmte, konnten wir auch nicht sagen. Jedenfalls hatten wir es nicht geschafft, uns gegenseitig zu berühren, und das nervte schon.
Ich trat wieder zurück und drehte mich. Dabei schaute ich auf Sukos Rücken. Mein Freund war stehen geblieben. Er atmete zunächst tief durch. Ich sah auch, dass er den Kopf schüttelte. Mit dieser Lage fertig zu werden, war alles andere als einfach.
Es gab einen Grund, weshalb er mich nicht mehr anschaute. Über uns am Himmel entdeckten wir eine ganz besondere Abbildung. Ob sie nun zwischen den Killerengeln zu sehen war oder darüber stand, konnten wir nicht so schnell erkennen. Letztendlich war es auch nicht wichtig. Es kam nur auf den an, der sich dort zeigte.
Und das war Belial, der Engel der Lügen!
Ja, man musste bei ihm einfach von einem mächtigen Geschöpf sprechen. Er besaß normalerweise von der Größe her das Gesicht eines Menschen. Nur diesmal nicht. Da zeigte er sich so immens groß, dass wir es nicht übersehen konnten.
Es war einfach abstoßend und widerlich.
Düster. Nichts Positives. Alt und grau. Kalte Augen, in denen es keinen menschlichen Ausdruck gab. Farblos, verschlagen. Sie verhießen nichts Gutes. Ein breiter Mund, dessen Winkel nach unten gezogen waren, sodass er leicht traurig wirkte, als hätte er mit aller Welt Probleme. Er und die Augen passten zusammen. Ebenso wie das lange Haar, das von der Grundfarbe her grau war, aber innerhalb dieser Flut verschiedene Farbnuancen zeigte. Vom hellen Grau bis hin zu einem glänzenden Schwarz. Scharfe Falten hatten sich in die Haut eingegraben, als wären sie mit dem Messer gezogen worden.
So grau wie sein Gesicht und der Körper waren auch die Flügel auf seinem Rücken. Ob er sie überhaupt nötig hatte, wusste ich nicht. Wer von Engeln spricht, bringt sie unwillkürlich in einen Zusammenhang mit den bekannten Flügeln. Das war nicht immer der Fall. Ich kannte Engelwesen, die auch ohne Flügel auskamen, und hatte manchmal das Gefühl, dass die Schwingen nur in der Fantasie der Menschen entstanden waren, damit die Engel sich von ihnen abhoben. Und sie wiederum hatten sich daran gehalten und zeigten sich eben mit Flügeln.
Dass mich meine Gedanken ablenkten, dafür konnte ich nichts. Ich nahm es hin, und es war letztendlich auch egal.
Belial blieb unerreichbar für uns. Er sprach uns auch nicht an. Er lauerte nur, er wollte beobachten, und ich ging zudem davon aus, dass er uns vor einem Angriff keine Warnung schicken würde.
»Wir sollten versuchen, ihn zu provozieren!«, schlug Suko vor.
»Ehe seine Killerengel angreifen.«
»Wie hast du dir das genau gedacht?«
»Indem wir ihn zu einer Lüge verleiten.«
»Aha.«
Mein Freund stutzte. »Keine gute Idee?«
»Im Prinzip ist sie schon gut, Suko. Nur frage ich mich, wie ich das anstellen soll. Er wird nicht von sich aus lügen. Es wird für uns nicht einfach sein, ihn zu locken. Es gibt keinen Grund für ihn, zu lügen.«
»Wie sollte der denn aussehen?«
»Bedingt durch eine dritte Person.«
»Wie damals bei unserer ersten Begegnung?«
»So ähnlich. Da haben wir ihn über eine dritte Person hin provoziert. Das war der junge Billy Wilson. Hier gibt es nur ihn und uns. Dabei habe ich meine Probleme, ihn auf den Weg zu schicken, wobei er davon überzeugt ist, die Wahrheit gesagt zu haben.«
»Wenn man es so sieht, stimmt es.«
»Gut. Wie lautet dein erster Vorschlag?«
Suko hatte sich wieder zu mir umgedreht. In seinem Gesicht zeigte sich so gut wie kein Ausdruck. Er hielt nur die Stirn in Falten gelegt und hob dann die Schultern.
»So perfekt bin ich leider nicht. Ich habe keinen Vorschlag und stehe auf dem Trockenen.«
Es war schwer, etwas zu tun. Auch ich grübelte, aber irgendwie mussten wir Belial locken. Wir benötigten nur das richtige Mittel, und da fiel mir der Schwarze Tod ein.
Als ich Suko dies sagte, bekam er große Augen. »Warum gerade er?«
»Weil er und Belial sich verbündet haben. Der Lügenengel hilft ihm. Er steht voll auf seiner Seite. Ich denke daran, dass wir es mit seinen eigenen Waffen versuchen.«
»Mit
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