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137 - Fluch der Seelenwanderer

137 - Fluch der Seelenwanderer

Titel: 137 - Fluch der Seelenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Antrieb ging.
    Dicht an dicht - wie die Glieder einer Kette
- reihten sich kleine und kleinste Geschäfte und Häuser.
    Es roch nach Schweiß, Küchenabfällen,
verfaulendem Unrat und penetrant nach Fleisch, von dem man - großzügig
ausgedrückt - den Eindruck gewann, daß es nicht mehr ganz frisch war ...
    Der unappetitliche Geruch stammte von einem
Laden, der nur noch wenige Schritte entfernt lag.
    Dort hingen draußen vor dem Geschäft an einer
Schnur, die quer vor das Schaufenster gespannt war, mehrere größere, blutende
Fleischbrocken, gerupfte Hühner, zwei oder drei Hasen und sogar ein halbes
Schwein. Das frei in der Luft hängende Fleisch, das den Leuten zu Verkauf
angeboten wurde, bedeutete für die unzähligen Schmeißfliegen und Mücken, die
herumschwirrten, ein wahres Festmahl.
    Gerd Mahler rümpfte die Nase.
    Das hier war nichts für einen Europäer. Und
selbst viele Bewohner der Stadt, die vorüberkamen, schienen mit der Ware nicht
ganz einverstanden. Sie gönnten ihr keinen Blick.
    Der kaufmännische Angestellte aus Frankfurt
ging an dem ausgehängten Fleisch vorüber. Was er von weitem für einen Hasen
gehalten hatte, war in Wirklichkeit gar keiner. Jetzt, aus allernächster Nähe,
war zu erkennen, daß einer der drei abgehäuteten Tierkadaver von einem Hund
stammte.
    Mahler beeilte sich trotz des dichten
Passantenstroms, der ihn hemmte, so schnell wie möglich Weiterzukommen. Er
hielt die Luft an und schaute aus nach dem berühmten kleinen Lädchen, in denen
man besonders ausgefallene und interessante Dinge bekam, die oft von
einheimischen Handwerkern oder Künstlern unter den Augen des späteren Käufers
entstanden.
    Gerd Mahler wollte etwas ganz Persönliches,
und sah sich viele Geschäfte an.
    Schließlich entdeckte er einen winzigen,
handtuchschmalen Antiquitätenladen, hinter dessen einzigem Fenster, das vom
Boden bis knapp über seinen Kopf reichte, aufeinandergestapelt allerlei Krimskrams
lag, Kunst, Kitsch und Gerümpel, so daß er sich entschloß, einen Blick in den
Laden zu werfen.
    Es hingen alte chinesische Lampion Lampen an
der Decke, und die handgeflochtenen Trotteln berührten
beim Eintreten seinen Kopf. Er mußte sich ein wenig bücken, um nicht ständig
gegen etwas, was an der Decke hing, zu stoßen.
    Jeder Quadratzentimeter Raum war genutzt, um
die Ware überhaupt unterzubringen.
    Quietschend öffnete sich eine kleine Tür. Ein
vorgebeugter, alter Mann mit grauem, dünnem Bart und einer Glatze kam
freundlich nickend und lächelnd zwischen dem Durcheinander auf Gerd Mahler zu.
    »Sie wünschen bitte ?« fragte er in fast akzentfreiem Deutsch.
    Der Frankfurter grinste. »Woran haben Sie
erkannt, daß ich Deutscher bin ?« bemerkte er
verwundert.
    »Das Geheimnis ist schnell geklärt«, lautete
die Antwort. »Wenn man so alt ist wie ich und schon mit so vielen Menschen zu
tun hatte, wenn man selbst jahrelang in Deutschland gelebt hat - dann kann man
auf Anhieb einen Deutschen von einem Engländer, von einem Holländer oder von
einem Amerikaner unterscheiden, noch ehe der Betreffende auch nur ein einziges
Wort gesagt hat .«
    »Sie sagten eben, daß Sie selbst einige Zeit
in Deutschland waren. Erlauben Sie mir die Frage, wo das gewesen ist ?«
    »Aber natürlich, Sir«, sagte der Alte
fröhlich und mit breitem Lachen. »Es ist ja schließlich kein Geheimnis ...«
    Gerd Mahler glaubte plötzlich seinen Ohren
nicht trauen zu können. Was er da hörte, wurde ihm nicht in Hochdeutsch
vorgetragen, was an und für sich schon erstaunlich genug gewesen wäre - was er
da hörte, wurde ihm auf urgemütlich Bayrisch gesägt.
    »Jomei, da werden’s sicher staunen«, fuhr der
Chinese ungerührt in typischem Tonfall fort. »Fünfzehn Jahre meines Lebens hab’
i’ als Ober in einem China-Restaurant in Schwabing zugebracht. Da lernt man
Land und Leute kennen ... das Münchner Kindl und das Hofbräuhaus ...« Mit
diesen Worten klatschte er gekonnt und blitzschnell zweimal hintereinander mit
der flachen Hand auf die Oberschenkel und drehte sich einmal um seine eigene Achse.
»Hätte’ i’ jetzt a’ Lederhos’ an, Sie Preiß’, Sie - dann tät’ i’ ’an echten
Plattler hinleg’n wie Sie wahrscheinlich auf dem Münchner Oktoberfest noch
koanen g’seh’n ha’m !«
    Gerd Mahler mußte lauthals lachen.
    Die lustige Art des kleinen, kahlköpfigen
Mannes behagte ihm. Im Nu entspann sich ein lebhafter Dialog, in dem der
»bayerische« Chinese mehr als einmal bewies, daß er über eine gute

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