137 - Fluch der Seelenwanderer
erwischt. Bei Iwans Vampirkillerkraut muß man schließlich mit allem
rechnen ...«
Er wollte diesen Worten ganz offensichtlich
noch etwas hinzufügen. Aber dazu kam er nicht mehr. Er sackte plötzlich ein,
als ob ihm jemand die Beine unter dem Körper wegreißen würde.
Iwan Kunaritschew fing ihn gerade noch auf.
»So kann’s einem ergehen, der sich die
Wirkung meiner Zigaretten allzu illustriert vorstellt«, knurrte er. Er wußte
nur zu gut, daß Larrys Zusammenbruch damit nicht das Geringste zu tun hatte.
»Er hat seit achtundvierzig Stunden kein Auge geschlossen. Einmal ist’s eben
aus, dann haut’s auch den stärksten Krieger um. Ich fürchte, er hat sich doch
zuviel zugemutet, als er sich entschloß, die Nacht nicht im Hospital zu
verbringen ...«
So fuhr er ihn in das Hospital zurück, aus
dem er sich letzte Nacht entlassen ließ.
Larry wurde sofort untersucht. »
Er war hochgradig erschöpft und brauchte
nichts weiter als Ruhe. Die junge Krankenschwester, die in der letzten Nacht
ihren Dienst begonnen hatte, als Larry Brent zum ersten Mal eingeliefert worden
war, stand an der Tür zum Krankenzimmer und nickte Iwan Kunaritschew lächelnd
zu. »Ich werde mich um ihn kümmern. Sie brauchen sich um Ihren Freund keine
Sorgen zu machen .«
*
Iwan Kunaritschew alias X-RAY-7 ging langsam
den langen Korridor entlang.
Sie hatten es wieder mal geschafft. Durch
Wang und das Böse, das er bewirkt hatte, bestand keine Gefahr mehr. Die Mädchen
im »Black Cat Club« konnten aufatmen.
Die merkwürdigen, tennisballgroßen, blutroten
Flecke auf den Körpern der Toten fanden sicher ihre Erklärung darin, daß die
ahnungslosen Opfer mit einem Messer aus einer anderen Dimension zu Tode
gekommen waren. Ein magischer Dolch, den Wangs Geist benutzte. Ein Dolch, der
in seiner ganzen Größe erhalten geblieben war.
Das mußte man noch näher ergründen. Ebenso
ergründen mußte man die Herkunft der Figur, die im Lauf von drei Jahrhunderten
durch die Hände vieler Menschen gegangen war. Den letzten Überlegungen zufolge,
die sie angestellt hatten, war der letzte Besitzer ein gewisser Henry Quain
gewesen, der als Spion in Indien bei einem Überfall durch Geheimdienstagenten
ums Leben gekommen war. Einige Menschen schienen sehr genau über die
Bronzefigur unterrichtet gewesen zu sein. Die Worte Gerd Mahlers, der seine
Begegnung mit dem alten Bettler in einer engen Gasse in Hongkong geschildert
hatte, stimmten Iwan nachdenklich.
Nun war von dieser geheimnisvollen Figur nichts
mehr übrig geblieben als ein zusammengeschmolzener, unförmiger Klumpen.
Das Material, das Lanora, die geheimnisvolle
indische Künstlerin, aus einem anderen Jahrhundert, benützt hatte, existierte
damit noch immer. Und damit auch das Risiko, daß Wangs Geist noch mal
zurückkehren konnte. Angekündigt hatte er es ja.
Aber bei der PSA liefen bereits die
Nachforschungen, die Lanora betrafen, auf Hochtouren.
Iwan blickte mit Zuversicht in die Zukunft.
Er war überzeugt davon, daß man bald Näheres über Lanora wissen würde und Wangs
Drohung verwehen würde wie ein Nebelstreif im Wind.
Der Russe fühlte sich müde und abgeschlagen.
Auch er merkte, daß ihm die Knie weich waren. Noch eine Viertelstunde bis zum
Hotel. Er sog tief den Rauch in die Lunge und atmete dann aus.
Der Rauch stieg zum Türpfosten hoch, den Iwan
passierte. Der Zigarettenrauch hüllte ein Spinnennetz ein, das eine fette
Spinne gerade im Bauen begriffen war.
Als der Qualm sie traf, hielt das Tier wie
vor Schreck erstarrt inne. Dann zog es in seltsam verkrümmter Weise seine Beine
zusammen und ließ sich blitzschnell an einem Faden herab und auf die andere
Seite der Wand pendeln, wo es die Flucht ergriff.
Die Spinne nahm Reißaus vor dem
ungeheuerlichen Duft, den Iwan Kunaritschews »Vampirkillerkraut« erzeugte ...
ENDE
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