1372 - Im Strudel des Bösen
Realität nagte an ihm, und die Gedankenwelt drehte sich wieder um seine Person.
Der Vorgang vorhin hatte ihn abgelenkt. Das war nun vorbei. Bill wusste, um was es ging.
Die Angst stieg in ihm hoch. Wieder wurden die Arme angehoben, und wieder wiesen die Spitzen der goldenen Klingen auf den kreisförmigen Altar.
Ein ungewöhnlicher Geruch hatte sich ausgebreitet. Bill kannte ihn bisher nicht. Es roch leicht säuerlich, und ihm kam in den Sinn, dass es sich um Schweiß handeln konnte.
Die Vermummten hatten sich angestrengt. Sie mussten in Form kommen, sich bereitmachen, und Bill hörte plötzlich die Stimme des Anführers, Sir Richard.
»Es ist schade, Bill, dass wir Sie nicht in unserem Kreis aufnehmen können. Sie hätten sehr gut zu uns gepasst. Sie wären genau der Mann gewesen, der unsere Thesen und Anschauungen perfekt hätte transportieren können. Die Chance war vorhanden, aber ich merkte sehr schnell bei Ihrem Besuch, dass ich Sie nicht habe überzeugen können. Sie standen zu sehr auf der anderen oder auf ihrer Seite, und das ist für Sie leider tragisch. Sie haben zu viel gesehen. Sie stehen nicht auf unserer Seite, und die Zeit ist für uns noch nicht reif. Wir brauchen noch etwas davon, bevor wir ans Licht der Öffentlichkeit treten. Da hätte uns ein Besuch wie der Ihre nichts ausgemacht…«
Bill wunderte sich selbst, dass er in die Worte des Gelehrten hineinlachen konnte. Sir Richard war so überrascht, dass er nicht mehr weitersprach.
»Was Sie suchen, werden Sie nie finden«, sagte Bill. »Sie können sich nicht auf Baphomets Bibel verlassen. Sie ist verschollen, und auch die Templer werden sie nicht herbeischaffen können. Nicht alle haben zu Baphomet gehalten, und die diejenigen, die in der heutigen Zeit noch zu ihm hielten, haben ihren Anführer van Akkeren verloren. Baphomets große Zeit ist erst mal vorbei.«
»Er hat das Erbe hinterlassen, Bill! Seine Bibel. Und sie ist etwas ganz Besonderes. Wenn wir sie in den Händen halten, werden wir die Welt nach seinen Gesetzen regieren und nicht nach dem, was uns die Feinde sagen.«
»Ist das die Religion der katholischen und protestantischen Kirche?«
»Nicht sie allein. Auch die anderen. All die Gruppen und Abspaltungen sowie der Islam und der Buddhismus stehen nicht auf unserer Linie.«
»Warum dieser Hass?«, flüsterte Bill. »Was steckt so tief in Ihren Köpfen?«
»Es ist die Vergangenheit gewesen. Die Kluft zwischen der Wissenschaft und der Religion. Berühmte Forscher wurden verfolgt und auch ermordet. Denken Sie nur an Kopernikus. Physiker, Mathematiker und Astronomen mussten sich heimlich treffen, um ihre Gedanken auszutauschen. Sie alle gehörten damals zu den Feinden der Kirche, die nur ihre Wahrheit verteidigen wollte und alle anderen brutal verfolgte. Das zwang unsere Vorgänger direkt dazu, einen geheimen Bund zu gründen, eben die Illuminati, deren Ideen sich in ganz Europa verbreiteten und immer mehr Zulauf bekamen. Auch ein Mann wie Galileo Galilei gehörte zu dem illustren Zirkel. Seine Thesen konnten von Rom nicht akzeptiert werden. Sie hätten die Grundfesten des Glaubens erschüttert. Religion und Wissenschaft, das passte nicht zusammen. So war das Weltbild der Kirche nicht gebaut. Also schwor Galilei unter der Androhung stärkste Folter ab. Das war genau der Zeitpunkt der Veränderung. Die Illuminati mussten in den Untergrund, und die Bruderschaft wurde von nun an zu einem Sammelbecken all der Enttäuschten und Mystiker, die sich antichristlich gaben und Rache an der Kirche nehmen wollten. Von nun an waren sie Todfeinde, und das ist bis heute so geblieben.«
»Ich verstehe«, flüsterte Bill, dessen Kehle rau geworden war. »Sie wollen Rache, Sie wollen Macht…«
»Nein!«, rief Sir Richard. »An Rache in diesem Sinne haben wir nicht gedacht. Wir wollen etwas richtig stellen, und wir sind für unsere Ziele einfach da. Wir wollen, dass die Menschen mit offenen Augen durch ihr Leben gehen und die wahren Größen erkennen.«
»Die Sie vorgeben.«
»Genau.«
»Das ist vermessen!«, hielt Bill dem Sprecher entgegen. »Verdammt vermessen, Sir Richard.«
»Nein, es ist die Wahrheit. An ihr und nur an ihr sind wir interessiert. Aber auch jetzt gibt es immer wieder Menschen, die sich uns in den Weg stellen, was wir nicht akzeptieren können. Wir wollen nicht, dass es wieder so weit kommt, wie es damals leider gekommen ist.«
»Denken Sie daran, dass sich die Zeiten geändert haben.«
»Ja, aber nicht die Menschen. Im
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