1374 - Zombies im Mediapark
denn er kannte sich im Turm am besten aus. Stefan Goethel und ich traten hinter ihm in den Gang hinein, und es hätte der Führung des Verlegers nicht bedurft, denn die Geräusche waren für alle zu hören, und sie erwischten unsere Ohren von der linken Seite her.
Es waren keine Schreie. Aber Laute, die aus einem Mittelding zwischen Reden und Schreien bestanden. Ich rannte los, bevor noch jemand etwas sagen konnte.
Hier oben war alles hell. Das Licht strahlte ebenfalls, und ich entdeckte verschiedene Türen, was mich etwas verunsicherte.
Das merkte der Verleger. »Wenn Böhm sich einen Raum für ein Event aussuchen will, dann kommt nur eine Möglichkeit in Frage.«
Er eilte an mir vorbei und blieb vor einer weiteren Tür stehen. »Hier müsste es sein.«
Ich neigte mein Ohr dagegen. Wir alle hofften, dass sie nicht abgeschlossen war.
Wieder war ich es, der den ersten Versuch unternahm.
Ja, die Klinke ließ sich bewegen. Abgeschlossen war also nicht.
Nur stürmten wir nicht wie die Irren in den Raum hinein, sondern nahmen uns Zeit. Wie besprochen blieb der Verleger zurück. Der Hauptkommissar und ich betraten mit gezogenen Waffen den uns unbekannten Bereich und waren so leise wie möglich.
Was wir hörten, war erschreckend.
Und am Schlimmsten kam uns das Wimmern der Frau vor…
***
Totenhände – dich fassen Totenhände an!
Bettina Fischer begriff es nicht. Sie wollte es irgendwie auch nicht richtig glauben, aber sie musste einsehen, dass es so war, den von der Stirn herab über die Wangen hinweg und dann bis zum Kinn kratzten die langen Nägel dieser Hände.
Die Frau wusste nicht, ob sie noch etwas empfand. Sie hatte irgendwie abgeschaltet und sich völlig versteift. Wie festgenagelt stand sie auf dem Fleck und hörte aus dem Hintergrund das Flüstern des Enkels.
»Ja, Großvater, ja, ja, du kannst mit ihr machen, was du willst. Sie gehört dir…«
Bettina wimmerte. Die Kraft war nicht mehr da. Die Knie gaben nach, und so sackte sie nach unten.
Das wollte der Zombie nicht. Er brauchte sie in Augenhöhe, und so griff er erneut zu.
Die Hände drückten gegen Bettinas Brüste, was sie kaum spürte, denn ihr Kopf war gefüllt mit anderen Gedanken, die sich darum drehten, dass sie ihr Leben rettete.
Er zog sie hoch…
Sein Maul stand offen. Atmen konnte er nicht, aber der Frau wehte aus dem Loch ein widerlicher Gestank entgegen, den sie noch nie in ihrem Leben gerochen hatte.
So stanken vielleicht alte Lumpen oder Fleisch, das vor sich hin verweste.
Aufgerissene Lippen näherten sich ihrem Mund. Sie ekelte sich wahnsinnig vor einer Berührung, vor einem Kuss.
Thomas Böhm wartete im Hintergrund. Er hatte nur Augen für die beiden. Er kicherte und rieb sich die Hände, während der Wind weiterhin in den Raum wehte und mit seinen Haaren spielte.
»Der Kuss!«, schrie er. »Der Kuss eines lebenden Toten. Es ist herrlich. Es ist nicht zu fassen…«
Er fühlte sich in seinem Element. So wie er sahen Sieger aus. Er wollte es genau sehen, deshalb schlich er näher und schlug dabei einen kleinen Bogen nach rechts.
Die hart gesprochenen Worte einer ihm bekannten Stimme trafen ihn wie ein akustischer Peitschenschlag.
»Keinen Schritt weiter!«
***
Diesmal waren wir wirklich im richtigen Augenblick erschienen. Ein perfektes Timing, denn Bettina Fischer war noch nichts passiert.
Körperlich zumindest.
Thomas Böhm hatte mich gehört. Er verharrte mitten in der Bewegung, drehte seinen Kopf nach rechts, sah mich und auch den Hauptkommissar und stieß plötzlich einen Laut aus, der mich an das Heulen eines Wolfes erinnerte. Es war für ihn gleichzeitig so etwas wie das Signal für einen Angriff, denn aus dem Stand rannte er auf mich zu. Es interessiert ihn auch nicht, dass ich eine Waffe in der Hand hielt. Er wollte mich niedermachen. Aus dem Weg räumen, und er rannte genau in meinen Schlag hinein. Ich hätte ihn auch mit einer Kugel stoppen können, so aber räumte ich ihn mit einem Schwinger aus dem Weg.
»Kümmern Sie sich um ihn!«, schrie ich Stefan Goethel zu, denn der Zombie war für mich wichtiger.
Er hatte sich von unserer Aktion nicht ablenken lassen und hielt die Frau noch immer fest. Sie strampelte und bäumte sich auf, aber sie wurde ihn nicht mehr los.
Bis ich kam.
Es knackte in seinem Kopf, als ich ihm mit voller Wucht die Beretta gegen den Schädel drosch.
Plötzlich sah es für den »Opa« anders aus. Der wirbelte um seine eigene Achse. Dabei verfingen sich noch die Beine, und ein
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