1374 - Zombies im Mediapark
hatte nicht vergessen, wen sie anrufen wollte.
Es war zwar noch recht früh am Morgen, und Thomas Böhm schlief manchmal länger, weil es bei ihm oft spät bis in die Nacht wurde, doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Was hier vorlag, war schlicht und einfach ein Notfall.
Sie wollte am Telefon auch keine großen Erklärungen abgeben und ihn selbst schauen lassen.
Ihre Hand zitterte, deshalb nahm sie auch nicht das Handy, sondern verließ sich auf den normalen Apparat.
Es läutete durch. Einige Male. Bettina trat vor Nervosität von einem Fuß auf den anderen, flüsterte irgendetwas und war froh, als sie Thomas Böhms Stimme hörte.
»Ja, was ist denn?«
Verdammt!, dachte Bettina, der klingt verschlafen.
»Ich bin es.«
»Du, Bettina?«
»Ja, ja, ja…«
Er unterbrach sie. »Was ist denn mit deiner Stimme los? So kenne ich dich nicht. Die klingt wie…«
Bettina Fischer ließ den Mann nicht ausreden. »Bitte, Thomas, du musst kommen. Und zwar so schnell wie möglich. Sofort. Es ist etwas Grauenhaftes passiert.«
»Was denn?«
»Das zeige ich dir, wenn du hier bist. Ich werde dich vor der Tür meines Geschäfts erwarten.«
»Gut, ich komme so schnell wie möglich.«
»Danke«, flüsterte sie, ließ die Hand mit dem Hörer sinken und fing an zu weinen…
***
Thomas Böhm trank bereits den zweiten Likör. Er hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und schüttelte noch immer den Kopf. Er wusste Bescheid. Er hatte auch den Toten gesehen, über dem jetzt eine Plane lag. Sie stammte von den Beamten der Mordkommission, die den Tatort am Buchladen abgesperrt hatten.
Die Buchhändlerin und Thomas Böhm waren in das Hinterzimmer verbannt worden. Es war ein kleiner Raum, voll gestopft mit Büchern und Kartons. Einen winzigen Schreibtisch gab es, auf dem gerade noch ein PC seinen Platz gefunden hatte und noch eine Ecke frei war, auf der Bettina Fischer saß und ihren guten Bekannten anschaute, der sein Glas leer getrunken hatte und es jetzt zwischen seinen Händen drehte.
Er schaute dabei ins Leere und sah aus, als wäre ihm jegliche Lebensenergie entzogen worden. Böhm war Mitte 30, blond, sehr agil, immer in Action, und ein Mensch, der gern kommunizierte.
In diesem Fall allerdings hatte es ihm die Sprache verschlagen. Etwas, was Bettina bei ihm nicht kannte, aber akzeptieren musste, denn ein derartiger Anblick ließ keinen Menschen unberührt. Der war einfach zu schlimm, der war völlig absurd. Der passte in einen der Filme, die hin und wieder im Cinedom liefen, aber doch nicht in die Realität.
Mit leerem Blick schaute Thomas Böhm auf seine Knie. Er hob dabei einige Male die Schulter, suchte nach Worten und war schließlich so weit, eine Frage stellen zu können.
»Wer hat das getan?«, flüsterte er. »Wer tut so was?«
»Keine Ahnung. Ein Mensch?«
Böhm lachte kratzig. »Und wenn es ein Mensch gewesen ist, dann war er schlimmer als ein Tier.«
»Ja, das denke ich auch.«
Böhm hob den Kopf an. »Ob es Zeugen gibt?«
»Keine Ahnung. Eher nicht. Die Tat ist in der Nacht geschehen. Du weißt selbst, was hier los ist. Nämlich so gut wie nichts. Ich denke nicht, dass sich ein Zeuge findet, der sich bei der Polizei melden wird. So sehe ich das.«
»Kann sein, dass du Recht hast. Aber das aufzuklären ist nicht unsere Sache.«
Bettina Fischer gab darauf keine Antwort. Auch sie schaute ins Leere, doch ihre Gedanken drehten sich um die Zukunft und auch um ihre eigene Person.
»Ich habe Angst, Thomas.«
»Kann ich verstehen.«
Die Buchhändlerin präzisierte ihre Vorstellungen. »Ich habe Angst vor der nahen Zukunft und davor, dass ich hier arbeite. Überlege mal, diese Bestie, die in der vergangenen Nacht zugeschlagen hat, wird das vielleicht immer wieder tun. Wer sagt uns denn, dass es bei diesem einen Mord bleibt? Dass nicht noch mehr passieren wird, und morgen Früh wieder irgendwo ein Toter liegt?«
»Niemand«, erklärt Thomas Böhm tonlos und schaute auf seine Hände, die leicht zitterten.
»Eben.«
»Und was willst du tun, Bettina?«
Die Frau rutschte von der Schreibtischkante. Danach ging sie in ihrem kleinen Lagerraum auf und ab.
»Ich kann es dir nicht sagen, Thomas«, erklärte sie. »Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe schon daran gedacht, den Laden zu schließen, aber das kann es nicht sein. Ich will nicht kapitulieren, aber die Angst sitzt verdammt tief.«
»Das glaube ich dir.« Böhm hustete gegen sein Hand. »Hat man eigentlich herausgefunden, wer dieser Tote ist? Konnte man
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