Afrika, Meine Passion
Abschied von der Weißen Massai – und doch wieder Afrika
Zehn Jahre »Weiße Massai« sind genug – dachte ich. Meine letzte Lesung findet am 25. Oktober 2008 vor begeistertem Publikum in der kleinen Stadt Lauchhammer in Brandenburg statt. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge verlasse ich unter lang anhaltendem Applaus die Bühne, um mich an einem kleinen Tisch für die letzte Signierstunde einzufinden. Viele der etwa 300 Zuhörer und Zuhörerinnen wollen mich ein letztes Mal sehen und sich mit Händedruck verabschieden. Immer wieder vernehme ich: »Frau Hofmann, bitte, Sie müssen weiterschreiben. Ihr Leben ist so spannend. Lassen Sie uns doch bitte wissen, wie es Ihrer afrikanischen Familie geht, und erzählen Sie uns, wenn Ihre Tochter ihren Vater besucht. Ach, einfach alles interessiert uns, Sie schreiben so wunderbar.« So oder ähnlich höre ich es die folgende Stunde, bevor ich die letzte Signatur in eines meiner Bücher setzen darf.
Ich habe die Veranstaltungen sehr geliebt, aber zu diesem Zeitpunkt denke ich, dass es noch ein Leben ohne Afrika und ohne »Weiße Massai« geben muss.
Bereits zwei Wochen nach diesem Auftritt begebe ich mich mit einer lieben und interessanten Freundin auf eine vierwöchige Reise durch Indien, denn schon lange wollte ich die Kultur dieses Landes kennenlernen. Natürlich sind vier Wochen nicht viel, aber immerhin ein Anfang, und wir beschließen, hauptsächlich den Norden zu erkunden.
Unsere erste Station ist Delhi, eine riesige Stadt, in der man permanent von gigantischen Menschenmassen umgeben ist. Wir haben uns ein Auto mit Fahrer gemietet, und so kutschiert er uns geschickt zwischen den Rikschas und den Dreiradtaxis zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten. Alles ist interessant, aber schon bald merke ich, dass mir bei dieser Art zu reisen der Kontakt zu den Einheimischen fehlt.
Als wir bei einem Markt vorbeikommen, bitte ich den Fahrer anzuhalten, damit ich die Umgebung zu Fuß erkunden kann. Ich muss riechen, fühlen und schmecken, sonst bin ich in einem Land nicht angekommen. Der Fahrer ist nicht begeistert und meint: »Hier bin nicht einmal ich als Inder zu Fuß unterwegs.« Dennoch steigen wir aus, und augenblicklich fühle ich mich wohler, obwohl wir sofort von Hunderten von Augenpaaren fixiert werden.
Ein Mann hat große Fische unter einem kleinen Tisch auf dem Boden ausgebreitet und hockt barfuß auf der Verkaufsfläche, auf der er weitere kleine Meerestiere zum Verkauf anbietet. Seine nackten Zehen befinden sich sozusagen in engster Nachbarschaft mit Krabben, Muscheln und Fischchen. Keinen halben Meter daneben läuft die Menschenmenge vorbei. Weiter hinten kocht ein beleibter, mit einem weißen Umhang bekleideter Mann in mehreren Töpfen irgendetwas Essbares. Vor ihm sitzen einige Männer auf der Straße, und es sieht so aus, als warteten sie auf die Mahlzeit. Immer wieder quetschen sich Menschen mit beladenen Handkarren an uns vorbei. Ab und an streckt uns eine Bettlerin ihre leere Hand entgegen. Es riecht nach allem Möglichen, einerseits würzig nach gekochtem Essen, gleichzeitig stinkt es fürchterlich nach Abwasser. Und über allem schwebt der Geruch nach Fisch. Wir beobachten einen Fleischverkäufer, der seine zerlegten Tiere auf mehrere Haufen verteilt hat. Vorne auf einer Plastikkiste liegen drei blutverschmierte Tierköpfe mit blau angemalten Hörnern. Daneben sind die abgetrennten Füße aufgereiht, und dahinter auf weiteren roten Plastikkisten, die als Verkaufsstand dienen, ist das eigentliche Fleisch aufgestapelt. Es riecht nach Blut. Der Verkäufer hackt mit einem Beil die restlichen Stücke entzwei, während ihm sein etwa neunjähriger Sohn dabei hilft. Wir steigen über Abfall jeglicher Art, der überall auf dem Boden verstreut ist.
Auch wenn bei uns diese Form von Hygiene kaum vorstellbar ist – hier herrscht pures Leben. Mein Herz macht einen Sprung und ich fühle mich an »mein« Afrika erinnert. In Nairobi ging es ähnlich zu.
Auf unserer weiteren Reise besichtigen wir wunderschöne Paläste, Museen und eine Reihe anderer Sehenswürdigkeiten. Einmal geraten wir sogar in eine Hochzeitsgesellschaft, bei der ich mir vorkomme, als wäre ich in einem Märchen aus Tausend und einer Nacht gelandet. Vieles gefällt mir und manches finde ich interessant, aber ich betrachte das meiste mit dem distanzierten Blick einer durchreisenden Touristin.
Doch das ändert sich, als wir in Richtung Pushkar reisen. Diese kleine wunderschöne Stadt, in
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