138 - Nostradamus - Gericht im Jenseits
sehen. Beide waren ihm nicht unbekannt. Das eine
oder andere Mal hatte er bei bestimmten Fällen schon mit Männern und Frauen der
PSA zu tun gehabt. »Hoher Besuch wirft seine Schatten voraus«, sagte er in
Abwandlung eines bekannten Sprichworts. »Wenn Sie mir jetzt noch plausibel
machen wollen, daß Sie sich rein zufällig hier aufhalten ...«
Er unterbrach sich. Mornas Nicken war
Antwort genug. Sie erzählte ihm, wie alles passiert war.
»Viel zu untersuchen gibt’s ja nicht«,
meinte Captain Shelly, als seine Männer bereits mit der üblichen Routinearbeit
begonnen hatten. »Es ist ja kaum etwas übrig .«
Iwan Kunaritschew widersprach dem. »Aber
das, was übrig ist, spricht Bände, Captain. Ich glaube, da werden nicht nur Sie
sich die Zähne ausbeißen.«
Der mysteriöse Vorfall zog die Menschen,
die damit konfrontiert worden waren, in seinen Bann.
Shelly sagte:
»Weder ein Messer noch eine Gewehrkugel
kann so etwas bewirken. Bleibt nur noch Gift. Aber das es ein Toxin gibt, das
einen Menschen von einer Sekunde zur anderen pulverisiert, hab’ ich noch nicht
gehört. Hier werden unsere Giftspezialisten das letzte Wort haben.«
»Oder auch nicht. Das Ganze war ein
Überfall. Dem Mann wurde irgend etwas von irgend jemand weggenommen.«
Für Iwan Kunaritschew gab es in dieser
Beziehung keine Zweifel mehr.
Der Captain mußte ihm zustimmen.
»Die Täter aber haben es auf Geld nicht
abgesehen. Siebenhundert Dollar, die Monsieur Laplace bei sich trug, stecken in
der Brieftasche oder liegen aufgeweicht auf der Straße. Wir haben festgestellt,
daß ihm die Brieftasche jedoch mit Gewalt aus dem Jackett gerissen wurde.
Was haben der - oder diejenigen, denen
Laplace hier in der Straße begegnet ist, also von ihm gewollt? Was haben sie
bei ihm gesucht? Es muß doch etwas sehr Wichtiges gewesen sein - wichtiger, als
Gut und Geld .«
Iwan alias X-RAY-7 nickte.
»Wir kommen uns schon näher, Captain.
Diese mysteriöse Sache ergibt nur dann einen Sinn, wenn wir herausfinden, wer
oder was dahintersteckt.
Sicher hilft es uns schon weiter, wenn wir
erfahren, wann Monsieur Laplace hier eintraf und was ihn nach Amerika geführt
hat. Vielleicht ist dies ein Teil des Rätsels seines Lebens und Sterbens ...«
Als X-RAY-7 diese Worte sagte, konnte er
nicht ahnen, daß er damit den Nagel auf den Kopf traf. In der gleichen Stunde
noch - bevor automatisch ein Routinebericht des Mordkommissariats zur PSA
weitergeleitet wurde - machte Iwan Kunaritschew über den Miniatursender seines
PSA-Rings eine entsprechende Meldung.
Der Funkspruch wurde sofort von den rund
um die Uhr tätigen elektronischen Aufnahmebändern konserviert und zur
Begutachtung und Archivierung den beiden Hauptcomputern der PSA zugespielt.
>Big Wilma< und >The clever
Sophie< - wie die beiden Computer scherzhaft im Jargon der PSA-Leute genannt
wurden - begannen mit ihrer Arbeit.
*
Das große Landhaus - weiß, mit rotem
Ziegeldach - stand unter einem wolkenlosen, blaßblauen Himmel und wirkte
inmitten der gelben Getreidefelder wie ein Gemälde Van Goghs. Es hatte seinen
Platz in der Provence, war großzügig und luxuriös eingerichtet, und einige
Millionen Francs wert. Rund fünf Kilometer vom Stadtrand von St. Remy entfernt,
wurde es von Madame Kuruque bewohnt.
Ein schmaler, asphaltierter Weg führte zu
dem schmiedeeisernen Tor, das eine Höhe von über drei Metern hatte. Hinter den
Gitterstäben lagen der Hof und die Nebengebäude. Pinien und Kastanien säumten
die Mauern, die mit frischer Farbe versehen waren. Der ganze Innenhof war mit
Kies aufgeschüttet, und mitten drin befand sich ein guterhaltener
Sandsteinbrunnen. An einem Seil hing ein Eimer.
Ein Teil des umfangreichen Landhauses lag
hinter hohen Heckenbüschen. Dort begann ein schattiger Park von mehreren
tausend Quadratmetern Größe. Es gab Bänke zum Ausruhen, kleine Tümpel, in denen
Madame Goldfische hielt, ein eigener, gepflegter Tennisplatz und einen Swimmingpool
unter freiem Himmel.
Gegenüber dem Wohnhaus lag ein
Säuleneingang, der einen kleinen Palmhain umschloß und direkt in ein
Nebengebäude mündete, wo Madame Gäste unterzubringen pflegte und in dem sommers
wie winters ihre Angestellten lebten.
Madame Estrejle Kuruque beschäftigte eine
Hausangestellte und einen Gärtner, der hier auf diesem großen Gelände viel zu
tun hatte.
Am späten Nachmittag näherte sich ein
silbermetallicfarbener Citroen der Auffahrt des Landhauses.
In dem Wagen saß ein einzelner Mann,
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