1382 - Das Siegeszeugnis
an Hexton-Mer, den Verkünder. Meine Programmstellung verbietet den Aufenthalt mehrerer Personen im Bereich des Zeugnisses. Nur dir kann als Ausnahme von der Regel gestattet werden, Zerenghaa zu betreten. Dein Transportschiff hat sofort wieder zu starten."
Maynti Herkrol blieb stehen. Schnell schob sie den Stecker der kabelgebundenen Sprechverbindung in die Buchse an der Außenwand des Fahrzeugs.
Sofort vernahm sie Tostans Verwünschungen. Pittenburg sprach schnell und hektisch. Seine Worte waren kaum zu verstehen. „Das ist zwecklos!" rief sie in ihr Helmmikrophon. „Hört ihr mich?"
Tostan bat drinnen um Ruhe. Seine Stimme kam vernehmlicher durch. „Ja, wir hören dich. Was sagt die Logistik dazu?"
„Die Anweisung des Wächters ist endgültig. Er kann nicht anders handeln. Es ist schon ein Wunder, daß er die Landung duldete. Eine solche Programmfolge mußte jetzt einfach kommen. Steigt aus, und vergeßt den Plan."
„Und wenn nicht? Was wird er unternehmen?"
„Zumindest die Kommandostelle anrufen, die für ihn laut Notfallprogramm zuständig ist. Das dürfte die Haurizentrale auf Paghai sein. Unter Umständen greift der Robot auch zu Abwehrmaßnahmen, von deren Wirkung wir nichts wissen. Also steigt schleunigst aus. Wir müssen starten."
Die abhörsichere Kabelverbindung nach innen vermittelte kein Bild. Maynti konnte sich Tostans Gesichtsausdruck aber vorstellen. Sie vernahm nur seine Atemzüge. „Was ist?" drängte sie beunruhigt. „Du wirst doch wohl keine unangebrachte Heldentat vollbringen wollen?
Skipper, hier geht es um mehr! Du wirst das Expeditionskorps gefährden."
„Wenn ich je etwas gefährdet habe, dann immer nur mich selbst, Verehrteste. Dank für deine Hinweise. Pittenburg, aussteigen! Die beiden Syntroniker ebenfalls. Posy Poos bleibt hier. Kommt schon, Männer! Helme schließen.
Beehrt Maynti mit eurem Besuch."
„Willst du etwa allein gehen?" rief sie entsetzt. „Tostan, das ist..."
„Nur logisch", wurde sie unterbrochen. „Mir ist die Landung doch wohl gestattet worden, oder? Posy fällt nicht auf.
Ich deklariere ihn als Bestandteil meines Ich-Bewußtseins. Er ist ab sofort mein Verkündungs-Symbiont, ohne dessen psionische Impulsgebung ich die Lehre der Sechs Tage nicht lobpreisen kann. Das steht einem Inspekteur des Hexameron zu. Du sollst endlich verschwinden, Adam! Ihr startet sofort, wie vom Robot gewünscht."
Die Terranerin verzichtete auf weitere Vorhaltungen. Ratber Tostan hatte einen seiner Blitzentschlüsse gefaßt. „Den Funksprechverkehr vermeiden", wurde er nochmals hörbar. „Beeilt euch! Ich werde versuchen, meine Kommunikation mit dem Wächter per Richtstrahl an euch weiterzuleiten. Geht über dem Südpol auf Position. Ich muß euch jederzeit erreichen können."
Pittenburg und die beiden Spezialisten erschienen. Sie rannten zur großen Schiffsschleuse hinüber, fluteten sie mit der Internatmosphäre und öffneten ihre Druckhelme. „Wahnsinn, der totale Wahnsinn!" schimpfte Pittenburg. „Was will er allein ausrichten?"
„Was hättet ihr zusammen ausrichten können?" fragte Maynti spöttisch zurück. „Kannst du etwa die haurischen Symboliken auf unverständlichen Eingabetastaturen entziffern? Weißt du, wie ein Langzeit-Programm, das wahrscheinlich noch abruf- und veränderungskodiert ist, überlagert werden kann?"
„Wir starten", dröhnte Raco Regianos Stimme aus nicht sichtbaren Lautsprechern. „Beeilt euch! Der Skipper ist bereits mit dem TAAN-Igel draußen. Was soll die Diskussion? Wir brauchen euch hier."
Tostan hatte sich in schneller Fahrt vom Haurischiff entfernt. Nun hielt er an und schaute durch seine gewölbte Frontscheibe auf die weite Fläche des Raumhafens hinaus. Von seinem Standort aus war das Gelände besser zu identifizieren als von oben. Vor allem die an der südlichen Schmalseite des Hafens gelegene Robotstation war unübersehbar geworden.
Ein wahrer Wald von verschiedenartigsten Antennen bedeckte Kuppel und Seitenwände eines etwa dreihundert Meter hohen Turmes aus blaugrauem Metall. Der Wächter des Siegeszeugnisses war, demnach zu urteilen, durchaus in der Lage, Funknachrichten aller Art abzustrahlen und zu empfangen; so, wie es ihm seine Programmierung gebot. Wahrscheinlich hatte Tostan mit seinen Forderungen die eingegebenen Toleranzgrenzen erreicht oder sie bereits überfordert. Mehr zu dulden und zu genehmigen, war der Wächter schlechthin nicht mehr in der Lage. „Gibt es hier eigentlich nur die eine Funkstation?"
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