1385 - Lockruf aus Atlantis
durch ihre Haare. Mit der rechten Hand gab sie Purdy und Bill ein Zeichen. »Keine Sorge«, sagte sie dann, »ich mache weiter.«
»Und wie?«, fragte Bill.
»Ich setze mich ein. Ich versuche, meine neuen Fähigkeiten zu wecken, um an Saladin heranzukommen. Das ist die einzige Chance, die wir wirklich haben.«
»Ist das nicht zu gefährlich?«, fragte Purdy.
»Ich hoffe nicht…«
Wieder konzentrierte sich Glenda nur auf den Schirm. Ihr Blick war nicht mal stechend. Die wichtigen Dinge spielten sich in ihrem Kopf ab, und das waren die Gedanken an den Hypnotiseur Saladin.
Sonst war es umgekehrt, dann meldete er sich bei ihr, und Glenda hatte sich immer vor einem derartigen Kontakt gefürchtet. Nun war sie über ihren eigenen Schatten gesprungen.
Es gab ihn noch, auch wenn Saladin sich lange Zeit nicht mehr gemeldet hatte. Er lauerte stets auf eine günstige Gelegenheit, um etwas in Bewegung zu setzen. Er war aktiv, das nahm sie an, nur nicht in ihrer Nähe.
Durch das verdammte Serum waren sie beide auf einer bestimmten Ebene miteinender verbunden, und Glenda ging davon aus, dass er ihren ›Ruf‹ hörte. Sie selbst besaß zudem die Fähigkeit, sich wegbeamen zu können. Dann veränderten sich die Dimensionen um sie herum. Alles, was sich in ihrer Nähe befand, zog sich zusammen.
Die Mauern, der Boden, die Decke – das rollte auf sie zu, aber es verschlang sie nicht, sondern transportierte sie in eine andere Ebene oder Dimension. Ideal wäre es gewesen, hätte sie es durch ihren eigenen Willen lenken können. So perfekt war sie leider nicht. Was genau passierte, blieb dem Zufall überlassen oder möglicherweise auch dem großen Lenker im Hintergrund.
Ihr Blick blieb nach wie vor auf dem Bildschirm gerichtet, ohne dass sie weiterhin das Bild dort bewusst wahrnahm.
Saladin!
Sie sprach den Namen nicht aus. Sie dachte ihn nur. Sie wollte den Hypnotiseur herbeizaubern, was bei ihren neu erworbenen Kräften nicht mal so unmöglich war.
Kam er? Meldete er sich?
Noch tat sich nichts. Noch lief auf dem Bildschirm immer derselbe Vorgang ab. Glenda blieb auch weiterhin auf ihrem Stuhl sitzen, aber sie merkte auch die Veränderung bei sich. Glenda war da, sie war vorhanden, und kam sich trotzdem vor, als wäre sie auf eine gewisse Art und Weise einfach verschwunden.
Sie fühlte sich so leicht, und sie merkte auch, dass sich die Konturen des Computers allmählich auflösten. Das musste an ihrem Blick und ihrer tiefen Konzentration liegen. Aber Glenda erlebte nicht den Druck, der kurz vor dem Wegbeamen bei ihr entstand. Sie war noch immer vorhanden.
Und doch erlebte sie einen Erfolg. Plötzlich wurde sie angesprochen. Weder von Purdy Prentiss noch von Bill Conolly. Die Stimme traf auch nicht auf ihre Ohren, sie war in ihrem Kopf zu hören, was sie nicht mal erschreckte, denn dieses Phänomen war ihr seit der Injektion des Serums bekannt.
» Ich wusste, dass es so kommen würde. Niemand kann sich meinem Lockruf widersetzen… «
Ja, er war es. Daran gab es keinen Zweifel. Saladin hatte sich bei ihr gemeldet…
***
Einen Leihwagen hatten Suko und ich nicht, was auch nicht weiter tragisch war, denn in Holyhead gab es keine zu großen Entfernungen. Zwar existierte ein sehr kompaktes Zentrum am Hafen und an der Anlegestelle der Fähre, aber mehr ins Ladensinnere hinein standen die Häuser der Bewohner auf recht großen Flächen verteilt.
Man gelangte über Straßen oder recht enge Gassen zu ihnen, die allesamt mit Kopfsteinpflaster bedeckt waren, das bei Feuchtigkeit und Nässe sehr rutschig werden konnte.
Wir gingen zu Fuß und hatten Elsa Harper zwischen uns genommen. Die Frau war sehr aufgeregt. Sie sprach immer wieder davon, dass sie ihren Mann gesehen hatte und dass sie es nicht begreifen konnte, wie er sich verhalten hatte.
»Er hätte doch zu mir kommen müssen, nach allem, was passiert ist. Er hätte froh sein müssen, wieder zu Hause zu sein. Was hätte er denn auf dem verdammten Kutter tun sollen?« Sie schaute mal Suko und mal mich an, weil sie eine Antwort erwartete.
Wir konnten ihr leider keine geben und trösteten sie damit, dass sich alles aufklären würde.
»Meinen Sie?«
»Ja«, sagte ich. »Es gibt für alles im Leben eine Erklärung, auch wenn sie manchmal unglaublich erscheint. Das haben wir in unserem Job schon öfter erlebt.«
»Kann ich mich denn darauf verlassen?«
»Das sollten Sie.«
Elsa Harper schaute mich an und schwieg.
Die Häuser um uns herum waren fast durch die Bank weg
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