1385 - Lockruf aus Atlantis
aufgeregt. »Der ist doch zum Kutter gefahren und hat erzählt, dass niemand mehr von der Besatzung an Bord war.«
»Das stimmt auch, Elsa. Nur ist er nicht allein gefahren.«
»Wieso das?«
»Die beiden Männer da an dem Tisch…«
Mehr musste der Mann nicht sagen, denn wir waren bereits aufgestanden und näherten uns der Frau, die sich jetzt drehte und uns aus großen Augen anschaute.
»Ach, Sie waren das?«
»Ja«, erklärte ich lächelnd.
»Was können Sie mir denn sagen?«, flüsterte sie hektisch. »Da muss es doch eine Antwort geben.«
Natürlich hätten wir ihr einiges erklären können, das ließen wir jedoch besser bleiben. Die Wahrheit wäre einfach zu schlimm für sie gewesen. Außerdem wäre es für sie auch nicht zu begreifen gewesen. Deshalb stellte ich das Thema zurück und teilte ihr zunächst nur mit, mit wem sie es bei uns zu tun hatte.
»Aus London kommen Sie?«
»Ja.«
»Sie auch?«
Die Frage hatte Suko gegolten, der lächelnd nickte. Als Chinese schien er hier im tiefen Wales so etwas wie ein Exot zu sein.
Die Frau sah uns mit ihren roten, verweinten Augen an, während sie erklärte, dass sie Elsa Harper hieß.
»Und Ihr Mann gehörte zur Besatzung des Kutters«, sagte Suko.
»Ja. Clint war der zweite Mann nach dem Kapitän. Ein guter Seemann, kann ich Ihnen sagen.«
»Das glaube ich Ihnen, Mrs. Harper«, sagte Suko, bevor er fragte:
»Und Sie haben ihn wirklich gesehen?«
»Ja, nicht weit von meinem Haus entfernt.« Die Augen bekamen plötzlich einen schon wilden Glanz. »Das ist er wirklich gewesen. Ich bin doch nicht blind! Aber er kam nicht rein«, erzählte sie weiter und schüttelte den Kopf. »Genau das ist mir unbegreiflich. Ich weiß auch nicht, wie er vom Schiff gekommen ist. Vielleicht mit einem Boot. Aber hier im Ort hat niemand etwas gesehen, und auch seine Kollegen hat niemand gesehen. Ich weiß mir keinen Rat mehr. Deshalb wollte ich ja mit Gregor sprechen. Nur habe ich ihn nicht angetroffen.« Sie nickte dem Wirt zu. »Gib mir noch einen Gin, Terry.«
Der Mann mit der Schürze zuckte zusammen, als er plötzlich angesprochen wurde, so sehr war er in seinen eigenen Gedanken versunken gewesen. Aber Mrs. Harper bekam ihren Schnaps. Sie sah nicht, dass Suko und ich uns zunickten. Die Verständigung klappte bei uns auch ohne Worte.
Ich sprach Mrs. Harper an. »Ich weiß nicht, wann Mr. Ills zurückkehrt. Würden Sie mit uns vorlieb nehmen?«
»Ahm… Sie wollen mit zu mir kommen?«
»Ja.«
Zuerst musste sie ihr Glas leer trinken. Anschließend zeigte ich ihr meinen Ausweis, damit sie sah, dass wir wirklich von der Polizei waren. Nun hatte sie nichts mehr dagegen, dass wir sie begleiteten.
»Schreib den Gin an, Terry!«
»Geschenkt. Geht auf Kosten des Hauses. Wichtig ist, dass du deinen Mann zurückbekommst.«
»Klar, und die anderen Familien auch.« Ihre Stimme sackte ab.
»Aber viel Hoffnung habe ich nicht…«
***
Glenda Perkins war froh, als der Taxifahrer vor dem Haus hielt, in dem Purdy Prentiss wohnte. Sie hatte während der Fahrt den Eindruck gehabt, verfolgt zu werden. Es lag wohl an der allgemeinen Situation, dass sie sich so fühlte. Etwas hatte sich hinter ihrem und hinter den Rücken ihrer Freunde zusammengebraut, und das konnte, wenn es sich noch weiter verdichtete, gefährlich werden.
Der Fahrer nannte ihr die Summe. Glenda zahlte und bliebe dabei im Wagen sitzen. Erst danach stieg sie aus und schaute sich zunächst um. Nein, einen Verfolger sah sie wirklich nicht. Es hielt kein zweiter Wagen, und sie entdeckte auch keinen Menschen, der in ihrer Nähe umherlief.
Glenda trat in den Hauseingang, klingelte, meldete ihr Kommen, und wenig später schritt sie die Treppe hoch. Dabei musste sie an Purdy Prentiss denken. Auch die Staatsanwältin hatte ein hartes Schicksal hinter sich.
Zuerst war ihr das Schicksal sehr hold gewesen. Es hatte sie mit Eric La Salle zusammengeführt, einem Mann, der ebenfalls schon in Atlantis gelebt hatte und wiedergeboren war. Beide hatten sich an die gemeinsame atlantische Zeit erinnert und beide hatten sich als Wiedergeborene ineinander verliebt.
Dann war Eric La Salle ermordet worden. Bei einem Besuch in der Vergangenheit. Da hatte ihm auch seine Ausbildung als Kampfsportler nicht helfen können.
Aber Purdy hatte nicht aufgegeben. Sie arbeitete auch weiterhin in ihrem Beruf als Staatsanwältin. Sie mischte sich ein, wenn es sein musste. Sie ging ihren Weg mit sicheren Schritten weiter, und irgendwie gehörte sie
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