1392 - Der Verfolger
abgeschlossen war, und so konnte Suko völlig normal das Haus betreten und in die Stille hineingehen, die hier unten herrschte.
Überrascht war er von der Einrichtung. Er hatte sie sich als alt und muffig vorgestellt, aber das traf nicht zu. Man hatte sich hier für helle Farben entschieden und auch für helle Möbel. Wer als Kranker herkam, sollte durch die Umgebung nicht noch trübsinniger werden.
Suko stand in der Halle. Umgeschaut hatte er sich bereits. Nur gefiel ihm die Stille nicht, und er fand auch keine Spur von seinem Freund John Sinclair. Während der Fahrt hierher hatte er es noch mal mit einem Anruf versucht, aber nichts erreicht.
Suko sah eine Treppe, auch einen Lift, aber er hörte keine Stimmen.
Wie es aussah, würde er den Bau von unten bis oben durchsuchen müssen. Er ging davon aus, dass dieses Haus auch einen Keller hatte, in dem die Versorgungsanlagen untergebracht waren.
Er suchte den Zugang, aber er schaute auch immer wieder durch die Fenster nach draußen in den Park. Es war ein Tag, wie er in den November passte, recht trübe mit einer dicken Wolkendecke am Himmel. Hinzu kam die feuchte Luft, die sich wie ein dünner Schleier zwischen Himmel und Boden gelegt hatte.
Suko ging weiter, um nach einem Zugang zu suchen, der ihn in den Keller brachte.
Vergeblich zunächst. Es blieb in seiner Umgebung auch still, und deshalb konzentrierte sich Suko auf den Lift. Er wollte schauen, ob er bis in den Keller fuhr.
Vom Liftzugang aus war die Halle zu überblicken. Auch war es ihm möglich, durch ein Fenster in den Park zu schauen, und als hatte eine Fügung dafür gesorgt, dass er den Kopf nach links drehte, tat er dies auch und sah die beiden Menschen.
Sie bewegten sich durch den kleinen Park. Sie gingen nebeneinander her. Es waren eine Frau und ein Mann. Er sah beide nur von hinten, aber ihm fiel das braunrote Haar der Frau auf.
John hatte ihm Ellen Gabor beschrieben.
Sie hatte braunes Haar mit einem leichten Rottouch.
Suko befand sich in der Zwickmühle. Er wusste nicht, wie er sich am besten verhalten sollte. Auf der einen Seite wollte er John Sinclair finden, auf der anderen wunderte er sich, dass Ellen Gabor das Haus mit einer fremden Person verließ. John war sehr auf sie fixiert, das hätte er gar nicht zugelassen.
Plötzlich zog sich alles bei ihm zusammen. Wie es aussah, wollten die beiden das Gelände verlassen, und ein Gefühl in Suko sagte ihm, dass er das nicht zulassen durfte.
Er entschied, dass die beiden wichtig waren und ihm auch bestimmt sagen konnten, was mit John Sinclair war und wo sein Freund abgeblieben war.
So schnell wie möglich lief Suko auf den Ausgang zu…
***
»Nimm meine Hand, Tochter.« Der Stalker lachte. »Es tut gut, eine so nahe Verwandte zu haben.«
Ellen sagte nichts darauf. Sie reichte ihm die Hand, aber sie fühlte sich durch diesen Kontakt nicht wohler. Der Mann war ihr fremd, auch wenn er ihr Vater war. Nur würde sie ihn nie als solchen akzeptieren, aber das behielt sie für sich.
»Wie heißt du eigentlich?«
Der Stalker musste über die Frage lachen. »Das spielt keine Rolle, Tochter. Such dir einen Namen aus, der dir gefällt.«
»Ich weiß keinen, der zu dir passt.«
»Dann sag Dad.«
»Nein.«
Der Stalker kicherte. »War auch nur ein Vorschlag. Ich weiß, dass du dich erst an mich gewöhnen musst, aber die Zeit wird uns zusammenführen. Du wirst dich irgendwann freuen, einen Vater wie mich zu haben, da bin ich mir sicher. Ich bin davon überzeugt, dass ich dir sehr gut helfen kann.«
Sie hatte ihn gehört und auch verstanden, aber sie wusste nicht, was sie darüber denken sollte. Wenn es nach ihr ging, würde das nie eintreten, aber leider ging es nicht nach ihrem Willen, sonder nach dem des Mannes an ihrer Seite.
War er ein Mensch?
Sie wusste es nicht. Nein, er war beides – Mensch und Dämon.
Sein Leben lief in einem Wechselspiel ab, das erst aufhören würde, wenn er starb. Nur hatte er sich selbst ja als unsterblich bezeichnet.
Ellen schwieg, und auch ihr Begleiter sagte nichts mehr. Dafür lauschte sie dem Rascheln der Blätter, die durch ihre Gehbewegungen in die Höhe gewirbelt wurden. Wer sie beobachtet hätte, der hätte meinen können, das ein Paar einen spätherbstlichen Spaziergang unternahm.
»Wo werden wir denn hingehen?«, fragte sie schließlich.
»Lass dich überraschen.«
»Wohnst du in London?«
»Ich kann überall wohnen«, erklärte er mit einem leisen Lachen.
»Du darfst nie vergessen, wer ich bin.
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