1397 - Der Sänger und die Mörder
schienen irgendein Zeichen abzuwarten ... „Ich mache uns einen Weg frei, Waqian", entschied Beodu resolut. Der Attavenno schubste die nächststehenden Benguel beiseite und versuchte ohne Erfolg, eine schmale Gasse offenzuhalten. Bald war er in der Menge verschwunden. „Beodu?"
„Alles klar, Waqian! Warum kommt ihr nicht?"
Rhodan packte erneut Wegbereiter an der Hüfte. Er schwebte aufwärts und entdeckte den Attavenno Sekunden später inmitten einer Traube von Benguel, die nicht beiseite wichen. Die Situation erschien ihm lächerlich; weshalb hatte nicht auch Beodu den Antigrav zu Hilfe genommen?
Die Antwort auf seine Frage fand er nicht mehr, denn in diesem Augenblick zuckte ein Lichtblitz auf.
*
Er spürte, daß Wegbereiter seinem Griff entglitt, und sah noch aus den Augenwinkeln den Sturz des kleinen Benguel. Was ist los, Perry? Eine Stimme oder ein Gedanke? Der Pikosyn, dachte Rhodan, es war vielleicht der Pikosyn, der in diesem Augenblick die Netzkombination in automatische Steuerung nahm.
Seine Augen sahen noch, doch die Reize drangen nicht mehr zum bewußten Teil der Denkprozesse durch. Rhodan, fiel in einen traumartigen Zustand. Ein Bild wollte sich manifestieren, es verschwamm vor seinem inneren Blick und verflüchtigte sich dann, als habe der unbekannte Sender es aufgegeben.
Ein Sender? Wer sendete? „Wir haben nur wenige Sekunden Zeit", sprach eine dünne Stimme. „Du willst etwas wissen ..."
„Wer bist du?"
„Ich bin eine Stimme ESTARTUS, so könnte man es sagen. Ich enthalte Informationen. Du vermutest recht, wenn du glaubst, daß ich aus dem vermeintlichen Tod der Benguel und Juatafu entstehe - doch den verlorenen Kindern geschieht nichts, was gegen ihre Natur wäre. Im Gegenteil, die Dualfusion versetzt sie lediglich zurück in den ursprünglichen Zustand der Primitivität. Die Benguel sind Halbintelligenzen, und die Roboter sind weiter nichts als Maschinen."
Die Traumstimme schwieg eine Sekunde lang, ihre Kraft schien zu versiegen. „War das alles?" wollte Rhodan hastig wissen. „Ich brauche mehr Informationen!"
„Die Zeit der Reife naht. Es gibt viele Stimmen wie die meine."
Zuletzt waren die Worte nur mehr ein Wispern, und obwohl Rhodan spürte, daß er noch einiges hätte erfahren sollen, wurde es still. Er gewann die Kontrolle über seinen Körper zurück. Die Sehkraft setzte wieder ein. Es war, als erwache er nach einer langen, ungesunden Nachtruhe - der Alptraum war gerade vorbei.
Zwei Meter weiter unten lagen die Benguel wie tot auf dem Boden. Die Juatafu zeigten ebenfalls keinerlei Regung. Rhodan wußte, daß beide Gruppen nach einer Weile wieder zu sich kommen mußten, doch dann würden beide nicht mehr dieselben sein. Ihnen würde der „Funke" fehlen, irgend etwas, das zu beschreiben er noch außerstande war. Bisher hatte noch jede Dualfusion die Benguel als tierartige Halbintelligenzen und die Juatafu als simple Dienstmaschinen zurückgelassen.
Rhodan faßte sich endgültig und sah nochmals nach unten. „Beodu!" rief er in plötzlicher Sorge. Er konnte den kleinen Gefährten nirgendwo entdecken. „Beodu!
Steckst du da unten?"
Gerade wollte er den Pikosyn seiner Netzmontur beauftragen, Ortungen anzustellen, da meldete sich der Attavenno doch noch. „Hier bin ich, Waqian", drang seine Stimme als schwaches Gezwitscher nach oben. Beodu wühlte sich unter einem Knäuel gestürzter Benguel hervor, setzte den Antigrav seines Anzugs in Betrieb und schwebte aufwärts. „Es ist schon wieder passiert ... Irgendwie spüre ich, daß ich dafür verantwortlich bin. Du weißt, es ist wie in dem Traum, den ich so oft gehabt habe. Nur die Anzahl der Benguel und Juatafu stimmt nicht. Statt einem von jeder Sorte sind es jetzt insgesamt hundert."
„Und das stört dich."
„Natürlich!" Beodus Antwort war ein empörter Aufschrei. „Möchtest du als Todesbringer herumlaufen?"
„Während du da unten gelegen hast, hatte ich ebenfalls einen Traum, eine Erleuchtung gewissermaßen.
Eine Stimme hat zu mir gesprochen. Sie hat mir bestätigt, was zu vermuten war, daß den Benguel und Juatafu nicht wirklich etwas geschieht. Sie werden nur in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt."
Ein Rufsignal von der CIMARRON unterbrach seine Ausführungen.
Am anderen Ende der Funkstrecke meldete sich Atlan, und Rhodan ahnte bereits, was der Arkonide wollte. In solchen Augenblicken hatte sein Instinkt ihn selten getrogen. Fünf Minuten später stand fest, daß sie ihre
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