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14 - Der große Krieg

14 - Der große Krieg

Titel: 14 - Der große Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Janz
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»Christmas Truce«, als 1914 anlässlich des Weihnachtsfests für ein paar Tage zwischen deutschen und britischen Truppen die Waffen ruhten.
    Die ganz überwiegende Mehrheit der Soldaten kämpfte also trotz aller Schrecken und Härten des Krieges weiter. Dies lässt sich nur erklären, wenn man ein ganzes Bündel von Faktoren berücksichtigt. 52 Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass die Soldaten nicht pausenlos in der vordersten Linie standen und der Krieg für sie nicht nur aus Kampfeinsätzen bestand. Die Einheiten rotierten. Nicht an allen Fronten wurde pausenlos gekämpft. Es gab Abschnitte, an denen es über lange Zeiten hinweg relativ ruhig blieb, wie in Lothringen oder im Elsass. Auf den direkten Fronteinsatz folgten Phasen der relativen Ruhe oder Erholung in den hinteren Linien, ruhigen Frontabschnitten oder der Etappe. Auch wurde der Einsatz in den meisten Armeen hin und wieder von Heimaturlaub unterbrochen. All dies erklärt freilich nur, warum die meisten Soldaten überhaupt so lange kämpfen konnten. Es erklärt nicht, warum sie es auch taten.
    Ideologische Motive spielten für die meisten von ihnen keine Rolle. Nur wenige Soldaten kämpften für die westliche »Zivilisation« oder die deutsche »Kultur«, für die Demokratie, das Völkerrecht oder den ewigen Frieden. Auch nationalistische Feindbilder und Kriegsziele waren wenig ausgeprägt. Kaum ein einfacher Soldat sah in den Männern, die ihm in den Schützengräben gegenüberlagen, Erbfeinde oder entmenschte Barbaren, und kaum einer kämpfte für bestimmte territoriale Ziele, für die Wiedererlangung Elsass-Lothringens, für Trient und Triest, für die Arrondierung des Britischen Empire oder für weiträumige deutsche Annexionen in West- und Osteuropa.
    Das bedeutet freilich nicht, dass patriotisches Pflichtbewusstsein und die Loyalität gegenüber Staat, Nation oder der Monarchie für die Motivation der Soldaten keine Rolle spielten. Sie waren jedoch vorwiegend defensiv geprägt. Defensiver Patriotismus war eine wichtige Kampfmotivation, besonders dort, wo der Feind im eigenen Land stand, wie schon bald nach Kriegsbeginn in Belgien, Frankreich und Ostpreußen. Die Zahl der britischen Freiwilligen schnellte in die Höhe, als Ende August 1914 eine deutsche Landung auf der Insel zu drohen schien. Und auch in späteren Kriegsphasen stieg die Moral der Soldaten meist, wenn ein Durchbruch des Feindes drohte oder er die eigenenLinien überrannte und Teile des eigenen Territoriums besetzen konnte, wie dies in Italien nach der Niederlage von Caporetto Ende 1917 geschah. Dieser defensive Patriotismus richtete sich bei den einfachen Soldaten nicht primär auf das Vaterland im Allgemeinen, sondern verband sich meistens mit dem Gedanken an den Schutz der konkreten Heimat und der Familie.
    Lokale und regionale Identitäten spielten auch sonst eine wichtige Rolle. Viele Regimenter setzten sich aus regional sehr homogenen Soldatengruppen zusammen. Das Regiment List, in dem Hitler diente und das sich vor allem aus Oberbayern rekrutierte, ist nur eines von vielen Beispielen. Oft kämpften die Soldaten sogar Seite an Seite mit Kameraden, die aus ihrem Heimatort stammten und die sie schon aus dem Zivilleben kannten, was das Entstehen eines Zusammengehörigkeitsgefühls förderte. Am stärksten prägte sich dies in den britischen Freiwilligen-Bataillonen aus, in denen ganze Schulklassen, Belegschaften oder Stadtviertel geschlossen zum Einsatz kamen. In solchen Einheiten kämpften die Soldaten immer auch für die Ehre ihrer Heimatregion oder Heimatstadt und konnten sich auch in ihrem Dialekt verständigen. Je homogener eine Einheit war, desto höher war auch ihre Kampfmoral und desto geringer die Neigung zu Verweigerung und Desertion.
    Aber auch in stärker durchmischten Einheiten bildeten sich mehr oder weniger starke Bindungen zwischen den Soldaten heraus, vor allem auf der untersten Ebene, in den Kompanien und ihren einzelnen Zügen. Diese Kameradschaft ist ideologisch massiv überhöht worden, sie verdankt sich jedoch nicht ideologischen Faktoren, sondern vor allem elementaren sozialpsychologischen Mechanismen. In den einzelnen Einheiten entwickelten sich vielfältige Loyalitäten, Abhängigkeiten und Hierarchien, die den Zusammenhalt und die soziale Kontrolle verstärkten. Wenn sie in den Schützengräben überleben wollten, waren die Soldaten aufeinander angewiesen. So kämpften viele von ihnen einfach deswegen, weil auch die anderen kämpften. Und sie

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