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14 - Der große Krieg

14 - Der große Krieg

Titel: 14 - Der große Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Janz
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Befestigungen weitgehend vernichtet und vor allem die Maschinengewehrstellungen des Gegners ausgeschaltet werden mussten. Dies konnte nur durch den längeren und systematischen Einsatz derArtillerie geschehen. So provozierte der Schützengraben die Materialschlacht und das Maschinengewehr die Artillerie. Ihr systematischer Einsatz als Offensivwaffe war die wichtigste taktische Antwort auf den Stellungskrieg. In der ersten Kriegsphase hatte sie nur punktuell Anwendung gefunden, etwa bei der Belagerung von Festungen wie Lüttich oder Namur. Doch nun wurde sie zur dominanten Waffe des Krieges, auf die sich auch alle Rüstungsanstrengungen konzentrierten. Der französische Angriff bei Vimy im Mai 1915 wurde bereits mit einem fünf Tage dauernden Artilleriefeuer eingeleitet, für das 1

100 Geschütze und 200

000 Granaten bereitgestellt wurden. 44 Auch der vermehrte Einsatz der Artillerie bedeutete, so zynisch das klingen mag, einen Lernschritt, der darauf zielte, die eigenen Verluste zu verringern und Menschen durch Maschinen zu ersetzen. Dabei ging die Tendenz von leichteren zu immer schwereren Geschützen, die auch Bunker und Betondecken brechen konnten. Aber es gab auch qualitative Veränderungen. So wurden nun neue Geschütztypen entwickelt, die nicht flach und weit, sondern im steilen Winkel nach oben schossen, um stark geschützte Untergrundstellungen mit voller Wucht von oben zu treffen. 45
    Dementsprechend setzten die Franzosen vermehrt schwere Artillerie aus ihren Festungsanlagen ein, als sie im Herbst 1915 im Artois und der Champagne zusammen mit den britischen Verbündeten erneut zur Offensive übergingen. 46 Die Deutschen reagierten jedoch rasch und waren ihren Gegnern bald wieder einen Schritt voraus. Die Antwort lautete: flexible Verteidigung in der Tiefe. Die Deutschen staffelten ihre Schützengräben, wie schon beschrieben, immer tiefer. Das erlaubte es, sich bei einem Angriff ohne große Verluste aus der vordersten Linie weitgehend zurückzuziehen, sich außerhalb der Reichweite der gegnerischen Artillerie zu sammeln und zum Gegenangriff überzugehen, wenn der Gegner ermüdet und geschwächt war. Auf diese Weise wurden die eigenen Verluste minimiert, ohne dass der Gegner nennenswerte Geländegewinne erzielte. Diese Taktik wurde von den Deutschen im Herbst 1915 zum ersten Mal praktiziert und trug zusammen mit dem schlechten Wetter, das die Angriffe erschwerte, erheblich zum Scheitern der alliierten Herbstoffensiven bei. Diese Misserfolge hatten personelle Konsequenzen: Der französische Ministerpräsident René Viviani wurde von Aristide Briand abgelöst, Kriegsminister Alexandre Millerand von Joseph Gallieni, der Oberbefehlshaber des Expeditionskorps Sir John French von Douglas Haig, Spross einer schottischen Familie von Whisky-Herstellern.
    Der verstärkte Einsatz der Artillerie war nicht die einzige Antwort auf die Blockade des Stellungskrieges. Am späten Nachmittag des 22. April 1915 wurden zwei französische Divisionen aus algerischen Kolonialsoldaten und eine kanadische Division von einer neuen Waffe überrascht. Die Deutschen ließen aus etwa 6

000 Kanistern 160 Tonnen Chlorgas austreten. Zwei Wochen hatten sie auf Ostwind warten müssen, der nun das Gas rasch in die feindlichen Schützengräben trug. Der Vater der neuen Waffe war der spätere Nobelpreisträger Fritz Haber (1868–1934), Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem. Habers Frau, Clara Immerwahr, eine promovierte Chemikerin, war von Anfang an gegen die Entwicklung des Giftgases. Sie nahm sich wenige Tage nach dem Angriff bei Ypern mit der Dienstpistole ihres Mannes das Leben.
    Der Einsatz der Waffe war nicht nur in Habers Ehe, sondern auch in der deutschen Führung umstritten. Die Haager Landkriegsordnung von 1899 hatte den Einsatz von Giftgas verboten, und auch mehrere deutsche Armeekommandeure lehnten ihn ab, darunter Herzog Albrecht von Württemberg, der Befehlshaber der 4. Armee. Sie hielten den Einsatz von Giftgas für unmoralisch, aber auch für unklug, weil er zu einem weiteren Prestigeverlust Deutschlands führen konnte und die Winde an der Westfront meist aus westlicher Richtung bliesen. Doch Falkenhayn sprach sich dafür aus. 47 Auf den Rat spitzfindiger Juristen hin wurde das Chlorgas nicht als Giftgas, sondern als Reizgas deklariert, und das war international nicht geächtet. So gehörten zur Ausstattung der Pariser Polizei schon seit längerem

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