1414 - So rächt sich ein Vampir
dachte an irgendwelche Behausungen.
»Was ist dort?«, fragte sie.
Saladin hob die Schultern. »So etwas wie ein Zentrum, denke ich. Mallmann hat es geschaffen. Er hat sich den Ort aus bestimmten Gründen ausgesucht.«
»Und was hat er dort geschaffen?«
»Eine Heimat für seine Freunde. Eine Unterkunft, denke ich. Ein Sammelplatz.«
»Könnte Marek dort sein?«
»Ich kann leider nicht hellsehen, aber…«
Sie ließ ihn nicht ausreden. »Dann beame dich hin und schaue nach, verdammt!«
Saladin sagte in den folgenden Sekunden nichts. Aber seine Blicke sprachen Bände. Er würde dem Wunsch der Blutsaugerin auf keinen Fall nachkommen und sie auch nicht mitnehmen. Da brauchte Justine die nächste Frage erst gar nicht zu stellen.
Zudem wurde sie abgelenkt, denn ihr scharfes Gehör hatte bestimmte Laute vernommen.
Sie waren nicht in der Nähe aufgeklungen. Irgendwo entfernt, aber sie waren nicht zu überhören. Heulen und so etwas wie Bellen mischte sich in den Klang.
»Was ist das?«
Saladin lächelte zuerst, bevor er sagte: »Es sind seine Lieblinge, die Wölfe.«
»Mallmanns?« Die Cavallo schüttelte den Kopf. »Wieso das? Was hat er mit Wölfen zu tun?«
Die Frage amüsierte den Hypnotiseur. Scharf lachte er der Vampirin ins Gesicht.
»Das müsstest du doch wissen, du gehörst dazu. Vampire und Wölfe haben irgendwann einmal zusammengehört, und genau daran hat sich unser Freund erinnert. Er hat die alten Zeiten aufleben lassen und hat mit den Wölfen Freundschaft geschlossen. Er holte sie in diese Welt, und da sind sie froh gewesen, denn sie fühlen sich hier wohl. Das jedenfalls hat Mallmann mir gesagt.«
»Verstehe. Er füllt seine Welt mit Leben.«
»Das ihm gefällt.«
Justine gab keine Antwort. Aber sie dachte schon darüber nach, ob ihr diese Welt auch gefiel. Wenn sie ehrlich gegen sich selbst war, dann war die Antwort eindeutig: Nein, sie gefiel ihr nicht. Sie hatte sich einfach zu sehr an das Leben in der Welt der Menschen gewöhnt.
Aber sie wusste auch, dass sie sich jetzt entscheiden musste, wie es weitergehen sollte. Sie konnte ihren eigenen Weg gehen, aber auch an Saladins Seite bleiben und sich gewissermaßen führen lassen.
Sie entschied sich dafür, bei Saladin zu bleiben. Außerdem dachte sie an ihren Auftrag. Sie war so etwas wie ein Agent hinter den feindlichen Linien und durfte sich nicht zu auffällig verhalten.
Schatten erschien in ihrer Nähe. Groß wie Hunde oder noch größer. Das Heulen hörte sie nicht mehr. Dafür umgab sie ein lautes Hecheln, das aus den offenen Schnauzen der Tiere drang.
Sie drehte sich auf der Stelle. Sie Wölfe waren nahe an sie herbekommen. Um sie und Saladin hatten die Tiere einen Kreis gebildet, aber sie behielten einen entsprechenden Abstand bei. Keiner traf Anstalten, die beiden anzuspringen.
»Sie haben Respekt«, flüsterte der Hypnotiseur.
»Fragt sich nur, vor wem.«
»Vor uns beiden. Sie spüren, dass wir etwas Besonderes sind, und sie werden sich davor hüten, uns anzugreifen. Mallmann hat sie gut im Griff, das kannst du mir glauben.«
»Gut, dann kann ich mich ja auf die Suche nach Marek machen. Ich bin gespannt, was hier abläuft.«
»Ich habe nichts dagegen. Ich hoffe nur, das…«
»Aber ich habe was dagegen!«
Die Männerstimme war hinter ihnen aufgeklungen. Obwohl Justine den Sprecher nicht sah, wusste sie sofort, mit wem sie es zu tun hatte. Es war kein Geringerer als Will Mallmann, dessen Gestalt sich nun aus dem Dunkel löste.
Justine ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken, und sehr überrascht war sie auch nicht. Beide schauten sich in die Augen, und beide hatten sie eine leicht gespannte Haltung angenommen.
Der blonden Bestie war klar, dass die nächsten Minuten entscheidend sein würden. Dann würde sich herausstellen, ob Mallmann sie akzeptierte oder nicht.
Zunächst nickte er ihr zu. »Du hast es dir also überlegt, Justine. Ausgezeichnet.«
»Es war einfach. Ich wollte endlich sehen, was du aus dieser Welt gemacht hast.«
»Gefällt sie dir?«
»Viel anders ist sie nicht.«
Dracula II kicherte. »Da hast du sogar Recht. Sie ist wie ein Haus mit großem Garten, denn auch da ist man nie richtig fertig, weil immer etwas Neues hinzukommt.«
»Wie deine Wölfe.«
»Sie sind ein Anfang, Justine.«
»Natürlich. Auf was muss ich mich noch alles einstellen?«
Er winkte ab. »Es wird dich kaum stören. Wichtig ist, dass du mit von der Partie bist, wenn ich einen meiner größten Siege erringe. Ich werde
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