1416 - Blutrausch
mit sanften Worten beruhigte.
»Okay«, flüsterte ich und nickte. »Okay, es ist schon gut. Ich weiß ja Bescheid. Man kann das verdammte Schicksal nicht beeinflussen. Das ist nun mal so.«
»Deshalb sollten wir uns darauf einstellen«, erklärte Justine.
»Und was schlägst du vor?«, fragte Suko.
Die blonde Bestie deutete auf mich. »Er ist die Hauptperson in diesem Spiel.«
»Wieso?«
»Er kennt Marek wohl am längsten von uns allen.«
Ich musterte sie misstrauisch. »Was willst du damit sagen, Justine?«
Sie lächelte mich kalt an. »Ich hatte mir gedacht, dass wir verschwinden und du allein auf den Pfähler wartest. Könnte dir das gefallen?«
Ich hatte den Vorschlag gehört und merkte, dass es in mir brodelte. Das Blut stieg mir in den Kopf. Ich hatte feuchte Hände bekommen und holte sehr laut Luft.
Im Prinzip hatte Justine Recht. Marek und ich kannten uns wirklich am längsten. Wir hatten oft genug miteinander zu tun gehabt.
Natürlich war auch Suko dabei gewesen, hin und wieder sogar Bill Conolly, doch Frantisek Marek und ich waren die dicksten Freunde – gewesen !
So wie damals bei Will Mallmann, bevor er zum Vampir geworden war. Manche Dinge schienen sich zu wiederholen. Leider waren es die negativen, die schrecklichen Dinge.
»Er wird kommen, John. Da bin ich mir ganz sicher. Und es liegt an dir, wie du dich verhältst.«
»Noch steht nicht fest, dass er ein Vampir ist.«
»Du wirst es bestimmt herausfinden. Kann sein, dass du noch eine Lösung findest.«
Justine hatte ihren Spaß. Sie lächelte zwar nicht, aber ich kannte sie gut genug.
Glenda und Suko sagten nichts. Sie saßen nur da, schaute mich an und wartete auf eine Reaktion.
Es blieb mir nichts anderes übrig. »Okay«, sagte ich mit leiser Stimme. »Ich nehme es auf mich.« Ich wusste selbst, dass es eine recht blöde Antwort war, aber mir war keine andere eingefallen.
»Das ist sehr gut«, lobte Justine.
»Hör auf. Und was habt ihr vor?«
»Wir ziehen uns zurück. Wir werden dich nicht stören und nur eingreifen, wenn es nötig ist.«
»Einverstanden.«
Justine klatschte in die Hände. Sie wirkte plötzlich sehr fröhlich, rutschte von ihrem Platz und kam auf mich zu.
»Was willst du?«, fuhr ich sie an.
»Dir etwas geben.«
»Danke, darauf kann ich verzichten.«
»Das denke ich nicht«, sagte sie mit einer Stimme, die mich aufhorchen ließ.
Nicht nur aufhorchen, sondern auch aufschauen, und so sah ich, wie Justine unter ihre Jacke griff und dort etwas hervorholte, womit ich nicht gerechnet hatte.
»Der hat ihm gehört!«
Sie reichte mir den Eichenpfahl. Mareks Waffe. Der Gegenstand, der schon unzählige Vampire zur Hölle geschickt hat.
»Was soll ich damit?«
»Du wirst ihn unter Umständen brauchen.«
Ich wusste, was sie damit sagen wollte. In meinem Mund wurde es plötzlich trocken, und in der Magengegend entstand ein stechender Schmerz.
Ich nahm den Pfahl an mich, der an der Spitze dunkel vom getrockneten Blut geworden war.
Er hatte schon in Mallmanns Körper gesteckt und ihn trotzdem nicht vernichten können, weil Dracula II noch den Blutstein hatte.
Der Pfahl kam mir schon jetzt vor wie das Erbe eines toten Freundes.
»Oder sollen wir bleiben, John?«, fragte Glenda mit weicher Stimme.
Ich hob den Kopf an und schaute in ihr Gesicht. Tränen schimmerten in ihren Augen. Sie wusste genau, wie es in mir aussah. Suko stand nicht weit entfernt. Er hatte seine Lippen so hart aufeinander gepresst, dass sie einen Strich bildeten.
Beide wussten, was mit bevorstand, doch ich schüttelte den Kopf.
»Danke, Glenda, das ist lieb von dir, aber Justine hat Recht. Ich muss es tun, verstehst du? Es ist wirklich meine Aufgabe.«
»Ja, das verstehe ich.«
»Dann geht bitte.«
Sie entfernten sich. Ich schaute auch nicht hoch, aber ich hörte, wie die Eingangstür zufiel.
Dann war ich allein…
***
Zwei Dinge beschäftigten mich. Zum einen war es die Stille und zu anderen meine eigenen Gedanken, die schwer wie Bleitropfen durch mein Gehirn tropften. Marek ein Vampir?
Ich wollte es nicht glauben. Ich wehrte mich dagegen, aber alles sprach dafür. Justine Cavallo hatte keinen Grund gehabt, mich anzulügen. Die Dinge lagen nun mal so, und ich musste damit fertigwerden. Und nicht nur das, ich musste zusehen, dass es weiterging, auch wenn das Ende noch so bitter war.
Wohin sich meine Verbündeten zurückgezogen hatten, wusste ich nicht. Sie blieben sicherlich in Sichtweite des Hauses, was auch richtig war, denn wer
Weitere Kostenlose Bücher