1416 - Blutrausch
Suko sah ich ein Lächeln. Mit ernsten Gesichtern gingen sie an mir vorbei und verteilten sich im Raum.
Bevor ich eine Frage stellen konnte, übernahm Suko das Wort.
»Justine hat Marek gesehen.«
Diese Erklärung nahm mir die Luft aus den Segeln. Ich hatte die blonde Bestie schon anfahren wollen, doch das drängte ich zunächst mal zurück und sagte nur: »Tatsächlich?«
»Du kannst es mir glauben, John.«
»Und wo hast du ihn gesehen?«
»Nicht mal weit von hier. Praktisch am Ortseingang von Petrila.«
»Und was wollte er dort?«
Wir bekamen zunächst keine Antwort. Die Vampirin setzte sich auf die Tischkante und sagte einen Satz, der uns erschreckte. »Er war unterwegs, um an Blut zu gelangen.«
Ich musste nach Luft schnappen, um die Frage stellen zu können.
»Stimmt das? Hast du dich nicht geirrt? Wollte er tatsächlich das Blut…«
»Ja, verdammt, das wollte er.«
»Dann ist er ein Vampir!«, platzte es aus Glenda hervor. »Nein, nicht ganz!«
Mit dieser Antwort hatte sie uns überrascht, und das merkte sie auch. Sie genoss es, Mittelpunkt zu sein, und ich spürte, dass mir das Blut in den Kopf stieg, weil ich es einfach hasste, hingehalten zu werden.
Die Cavallo merkte genau, auf welch einem Trip ich mich befand.
Sie streckte mir die Hand entgegen und fragte: »Darf ich von Beginn an berichten, Partner?«
»Wir hören.«
Justine Cavallo sonnte sich in unserer Aufmerksamkeit, und dann begann sie zu erzählen. Bestimmt machte ihr es Spaß, dass sie mehr wusste als wir.
»Wie ich schon erwähnte, er war auf der Suche nach Blut, ohne ein richtiger Vampir zu sein. Er hatte sich nur einen Vorgeschmack holen wollen, aber ich habe ihn daran gehindert.«
Danach erfuhren wir die ganze Wahrheit in all ihren Einzelheiten.
Justine hatte sich an ihr Versprechen erinnert und auch versucht, Marek zu uns zu bringen. Sie hatte ihn sogar davon abgehalten, das Blut der Frau zu trinken, aber trotz aller Vorsicht war es Dracula II gelungen, Marek zu entführen.
»Und ihr wisst, was das bedeutet«, sagte sie zum Schluss.
»Der dritte Biss«, sagte Glenda.
»Genau.«
Suko fasste zusammen: »Also gibt es keine Chance mehr für ihn, wie ich das sehe.«
»Ja, das trifft zu.«
Ich senkte den Blick. Es war der Augenblick, an dem ich mich setzen musste. Ich will nicht behaupten, dass für mich eine Welt zusammenbrach, aber viel fehlte nicht.
Marek, der Pfähler, der Hasser alles Blutsauger – sollte er selbst zum Vampir geworden sein?
Wenn ich Justine glauben sollte, dann gab es einfach keine andere Möglichkeit. Aber – verflucht – es wollte mir nicht in den Kopf. Das konnte doch nicht sein. Der Jäger selbst ein verdammtes Opfer?
Ich wurde nicht angesprochen. Man wusste, wie ich zu Frantisek Marek stand, und wieder wurden die Geister der Vergangenheit bei mir lebendig. Ich dachte daran, dass ich vor Jahren seine Frau Marie von dem Vampirdasein erlöst hatte, und nun war er ebenfalls zu einem Wiedergänger geworden.
Glenda stellte eine sehr entscheidende Frage. »Und wie geht es jetzt weiter?«, hauchte sie.
Sie erhielt keine Antwort. Auch ich wollte in dieser Situation nicht reden.
Suko wandte sich an Justine. »Was denkst du, was passieren wird?«
Sie räusperte sich und sagte dann: »Er steht unter Mallmanns Kontrolle. Er ist nicht mehr im Werden. Er ist es bereits, und ich denke, dass sich Dracula II einen großen Spaß daraus machen wird, ihn dorthin zu schicken, wo Menschen sind.«
»Aber nicht nach Petrila«, sagte Glenda schnell.
»Nein, das sicherlich nicht.« Justine schaute sich um und sah jeden von uns an.
»Hier?«
»Ich denke.«
Glenda schüttelte den Kopf. »Warum?«
Die Blutsaugerin lachte. »Weil Mallmann ein sadistischer Schweinehund ist. Marek auf uns zu hetzen, ist für ihn ein Labsal. Was soll er mit ihm? Er hat genügend Diener in seiner Welt. Aber diesen Spaß, ihn vor uns zu stellen, wird er sich nicht entgehen lassen.«
Die Antwort war schlimm, aber sie konnte durchaus der Wahrheit entsprechen. Dracula II war – da hatte Justine Recht – ein Schweinehund. Raffiniert, brutal, bauernschlau und er setzte andere Personen wie Schachfiguren ein.
»Was sagst du, John?«, wurde ich von Justine gefragt.
Ich hob den Kopf. Dann kam es über mich. Ich musste es einfach loswerden, sonst wäre ich daran erstickt. Ich jagte ihr die Vorwürfe entgegen. Ich gab ihr die Schuld, dass es nicht geklappt hatte, redete mich in Rage, bis Suko mir die Hand auf die Schulter legte und mich
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