1416 - Blutrausch
aus, John.«
»Ja, ich weiß.«
»Bei mir ist es nicht anders. Ich habe vorhin in den Spiegel geschaut und mich regelrecht erschreckt.«
»Das ist alles menschlich. Wir befinden uns nicht auf dem Laufsteg. Wir sind normale Menschen, die mit ihren Gefühlen zurechtkommen müssen.«
»Und was fühlst du, John?«
Ich sah ihren intensiven Blick. Sie wartete auf eine Antwort, die ich ihr leider nicht geben konnte.
»Bitte, John.«
»Leere«, flüsterte ich. »Ja, verdammt, ich spüre in mir eine Leere.«
»Kann ich verstehen. Keine Hoffnung?«
»Das weiß ich ja nicht«, erklärte ich. »Eigentlich habe ich ja nie aufgegeben.«
»Genau das ist es.« Glenda sprach mehr mit sich selbst. »Es ist oft so viel passiert, und wir haben es immer wieder geschafft.« Sie nickte heftig. »Daran solltest du denken. Ich hoffe, dass es auch heute der Fall sein wird.«
»Ja, Glenda, das wünschen wir uns. Aber…«
Sie legte ihre Hand auf meinen Unterarm. »Da musst du positiv denken, John.«
»Schön. Und wie?«
»Ich habe in der letzten Zeit oft an Justine Cavallo gedacht. Ich kann mir vorstellen, dass sie noch mitmischen wird. Sie hat ja nicht aus Feigheit ihr Zimmer verlassen. Assunga hat sie hierher geschickt.«
»Ja, ich weiß.«
»Und sie hat ein Versprechen gegeben.«
Ich winkte ab. »Glaubst du daran?«
»Es ist der Strohhalm, an den ich mich klammere.« Sie hob die Schultern und schob dabei ein Glas in die Nähe der Flasche.
»Das sehe ich anders.«
Glenda schenkte sich Mineralwasser ein. »Es mag sein, dass du es so siehst, aber sie erzählt immer davon, dass du ihr Partner bist.«
»Keine Lippenbekenntnisse sind das.«
Glenda trank. Danach sagte sie: »Wir werden es sehen. Die Nacht ist noch nicht vorbei.« Dann fragte sie mich: »Soll ich weder hochgehen, oder kann ich hier bei dir sitzen bleiben?«
»Das musst du wissen.«
»Dann bleibe ich.«
»Gut.«
Glenda ging zum Kühlschrank und holte uns noch was zu trinken.
Es war alles so normal, wenn man es auf den ersten Blick sah. Leider traf das nicht zu. Ich musste umdenken. Mein Freund Frantisek würde nicht von draußen hereinkommen und mir zur Begrüßung um den Hals fallen. In dieser Nacht waren die Würfel anders gefallen.
Glenda kehrte wieder zurück. Sie versuchte mich durch ihr Lächeln aufzumuntern. Da ich es nicht erwiderte, fragte sie: »Was ist denn mit Suko? Hält er nach wie vor draußen die Stellung?«
»Sicher. Er hat nichts gesehen, sonst hätte er sich schon gemeldet.«
»Kann es nicht sein, dass man ihn überwältigt hat?«
»Das glaube ich nicht.«
Glenda wollte noch etwas hinzufügen. Es kam anders, denn beide hörten wir die Stimmen vor dem Haus.
Wir kannten beide.
Zum einen war es Suko, zum anderen Justine Cavallo, und Glenda flüsterte: »Jetzt bin ich mal gespannt.«
Genau das war ich auch…
***
Natürlich hasste auch Suko das Warten. Nur gehörte er schon von seiner Herkunft und Mentalität zu denjenigen, die sich besser in Geduld üben konnten.
Er war auch in der Lage, sich den Gegebenheiten anzupassen. Wer in die Nähe des Hauses gekommen wäre, der hätte ihn bestimmt nicht so schnell gesehen, doch Suko nahm stets Stellen und Plätze ein, die ihm selbst einen Überblick verschafften.
Plötzlich hörte er etwas!
Er stand zu diesem Zeitpunkt in der Nähe des Käfers. Jetzt hielt er den Atem an, um sich nicht zu verraten. Das tat schon die Gegenseite. Wer immer sich in seiner Nähe bewegte, er ging nicht eben leise.
Suko folgerte daraus, dass die Person für ihn keine Gefahr bedeutete. Sie hätte sich sonst anders verhalten.
Wenn sie so weiterging, würde sie so nahe an ihm vorbeikommen, dass er sie sehen konnte. Sekunden später sah er sie, und sie wusste auch über ihn Bescheid.
»Ich rieche dich, Suko!«
»Tatsächlich?«
»Ja. Ich denke, dass wir uns einiges zu sagen haben.«
Justine war stehen geblieben. Als Suko seinen Platz verließ, sah er das hellblonde Haar der Blutsaugerin, die ihn anlächelte, was bei ihr allerdings nichts zu bedeuten hatte.
»Ist John auch da?«, fragte sie.
»Nein, er und Glenda befinden sich im Haus. Tja, und jetzt bist du auch hier.«
»Hast du daran gezweifelt?«
»Man kann nie wissen.«
Die nächste Frage hatte Suko erwartet: »Habt ihr schon eine Spur von Marek gefunden?«
»Nein. Du etwa?«
»Das habe ich.«
Der Inspektor sagte erst mal nichts. Er saugte die Luft durch die Nase ein und dachte über den Tonfall der Antwort nach. Sehr optimistisch hatte sie
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