1422 - Die Tage der Cantaro
sie sich anderen, nichtigeren Dingen zuwandte. Aber nun, da ihre Gedanken zu diesem Thema wieder in ihr geweckt worden waren, ließen sie sich nicht so schnell wieder abschütteln.
Sie versuchte sich einzureden, daß Perry schon wußte, was er tat und es darum richtig sei, Geoffry nichts über das ihm bevorstehende Schicksal zu verraten. Aber Perry war für sie noch nie die Autoritätsperson gewesen, die ihr Richtlinien fürs Leben vorgab. Ganz im Gegenteil, er hatte stets dafür plädiert, daß sie in jeder Lebenslage eigene Entscheidungen traf.
Aber irgendwann schloß sie doch einen Kompromiß mit sich, der ihr half, diesem Dilemma zu entkommen.
Es war besser so, wenn Geoffry nichts erfuhr und seinen Frieden mit sich selbst hatte. Eirene war dennoch froh, daß Geoffry Tahun verlassen hatte, und sie hoffte, daß sie ihm in dieser Zeit nicht mehr begegnete. Sie hätte nämlich nicht gewußt, ob sie so standhaft bleiben konnte, wenn sie ihm gegenüberstand.
Nach der dreitägigen Kreuzfahrt durchs Sonnensystem war Covar wieder ruhiger und wirkte auch gefestigter. Elfrom war mit den erzielten Fortschritten zufrieden und gab der Überzeugung Ausdruck, daß Eirenes Nähe diese Persönlichkeitsstabilisierung an Covar erwirkt hatte. „Was Liebe doch alles zu bewirken vermag", meinte der Ara bedeutungsvoll.
Liebe wäre, wenn ich ihn nach Bugaklis zurückbrächte, dachte Eirene. Nur dort konnte er wieder er selbst werden, davon war sie überzeugt.
Die ELYSIANA kehrte nach Tahun zurück. Covar und Beodu wurden von Medo-Robotern auf die Krankenstation gebracht, Eirene kehrte in ihre komfortable Unterkunft zurück.
Plötzlich überkam sie ein Gefühl der Leere. Sie vermißte Gucky und Icho Tolot, Bully und Perry. Ohne sie fühlte sie sich einsam und verloren. Das würde sich bestimmt legen, wenn sie morgen wieder mit Covar und Beodu zusammen war. Aber in diesem Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher als jemand Vertrauten in ihrer Nähe. „Hallo, Eirene", sagte eine bekannte Stimme aus dem Hintergrund. „Ich dachte, daß ich nach Erledigung meiner Pflichten nach Tahun zurückkehre und ein paar schöne Tage mit dir verbringe."
Dort stand der Totgeweihte und schenkte ihr sein unbeholfenes, schüchtern wirkendes Lächeln.
Sie fiel ihm schluchzend in die Arme, und hätte ein Kloß ihr nicht die Kehle verschlossen, so wäre alles, was sie sich vorgenommen hatte, nicht zu sagen, aus ihr hervorgesprudelt.
3. Der Diplomat
CAPTAIN AHAB: Stalker war der erste Sotho, der in die Milchstraße geschickt wurde, um hier die Philosophie des Kriegerkults aus der Mächtigkeitsballung ESTARTU zu verbreiten. Stalker war als ein Meister der Intrige konditioniert worden, weil ein Intrigant als geeigneter Kontaktmann für die Galaktiker erschien.
Doch Stalker versagte, nicht zuletzt, weil er sich zu sehr in den eigenen Intrigen verstrickte. Es wurde ein zweiter Sotho ausgesandt, der Stalker ablösen sollte.
Dieser weigerte sich jedoch abzutreten, und so kam es in der Großen Magellanschen Wolke zum Duell der Sothos. Stalker unterlag seinem Gegner Tyg Ian, der daraufhin seine über 16 Jahre dauernde Herrschaft über die Milchstraße antrat. Der völlig verstümmelte Stalker aber wurde zur Medo-Welt Tahun gebracht und dort einigermaßen zusammengeflickt.
Er bekam jedoch nie das ursprüngliche Aussehen eines Pterus zurück - wurde zur Karikatur eines solchen. Er war nur noch 172 Zentimeter groß und verwachsen. Die Kieferpartie seines Echsenschädels war schief, nur noch eines seiner beiden Augen besaß Dreiecksform, das rechte schien ihm förmlich aus der Höhle zu quellen und blickte unnatürlich starr; aus seinem Hohlkreuz wuchsen ihm drei höckerartige Wucherungen, die rechte Schulter hing tief herab. Sein augenscheinlichster Makel, den er auch später durch die beste Maske nicht verhüllen konnte, entstand ihm durch die verdrehten Beine, die es ihm nur gestatteten, sich seitwärts in einer Art Krebsgang fortzubewegen. Im Jahre 435 NGZ floh er, längst noch nicht völlig rehabilitiert, vor den Plastochirurgen Tahuns und war acht Jahre mit unbekanntem Aufenthalt verschollen. Im Jahre 443 tauchte er als Patriarch Mossek ban Osfar einer fiktiven Springersippe auf und ließ sich Captain Ahab nennen. Unter diesem Namen ist er in die Galaktische Geschichte eingegangen. Inzwischen gibt es jedoch schon einige hundert Mitglieder der Osfar-Sippe, die stolz auf einen Stammbaum verweisen, der viele Generationen zurückreicht, Captain
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